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Burkhardt, Nina, Dr.

Projekt: NS-Prozesse und die mediale Repräsentation der

Nina Burkhardt

Vergangenheit. Holocaust und deutsche Besatzung in niederländischen und belgischen Prozessberichten.

Betreuer: Prof. Dr. Lenger

 

Kontakt

Kurzbiographie

Geboren 1977 in Frankfurt am Main
1997/98 Psychologiestudium an der Universiteit van Amsterdam
1998-2004 Studium der Mittleren und Neueren Geschichte und der Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig
Praktika und Nebentätigkeit im Museumsbereich
Magisterarbeit zum Thema "Der Umgang mit der Kollaboration in den Niederlanden der Nachkriegszeit. Offizielle Maßnahmen und gesellschaftliche Wahrnehmung 1945-50"
Apr. 2004-März 2007 Stipendiatin des Graduiertenkollegs
Juli 2007 Verteidigung der Dissertation
Okt. 2007-Sept. 2009 wissenschaftliche Volontärin am Museum für Kommunikation Berlin
Okt. 2009-Sept. 2011 wissenschaftliche Projektmitarbeiterin bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

 

Thema der Dissertation

NS-Prozesse und die mediale Repräsentation der Vergangenheit. Holocaust und deutsche Besatzung in niederländischen und belgischen Prozessberichten

 

Veröffentlichungen

 

 

Rückblende. NS-Prozesse und die mediale Repräsentation der Vergangenheit in Belgien und den Niederlanden (Niederlande-Studien, Bd. 45), Münster 2009 (Waxmann Verlag).

Aufsätze

Der scharfe Blick der Nachbarn. Die Bundesrepublik und ihr Umgang mit der Vergangenheit in belgischen und niederländischen Prozessberichten, in: Georg Wamhof (Hrsg.), Das Gericht als Tribunal. Oder: Wie der NS-Vergangenheit der Prozess gemacht wurde, Göttingen 2009, S. 143-162 (Wallstein Verlag).

Externalisierung und Selbstkritik: Der Eichmann-Prozess in belgischen und niederländischen Medienberichten, in: Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 24 (2008): Universalisierung des Holocaust? Erinnerungskultur und Geschichtspolitik in internationaler Perspektive, S. 26-42 (Wallstein Verlag).

Through the Eyes of Witnesses and the Media: Refracted Perceptions of the Holocaust in the War Crimes Trials of the 1960s, in: Ulrik Ekman & Frederik Tygstrup (Hrsg.), Witness: Memory, Representation, and the Media in Question, Kopenhagen 2008, S. 385-392 (Museum Tusculanum Press).

„Die Stiefel ausgezogen ...“ Täterbilder und die Sicht auf Deutschland in belgischen und niederländischen Radio- und Presseberichten über den Nürnberger Hauptprozess, in: Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Leipzig – Nürnberg – Den Haag. Neue Fragestellungen und Forschungen zum Verhältnis von Menschenrechtsverbrechen, justizieller Säuberung und Völkerstrafrecht (= Juristische Zeitgeschichte, Bd. 16), Recklinghausen 2008, S. 146-161.

Neuigkeiten aus dem Gerichtssaal. Presseberichte als Quelle für die historische Untersuchung von Strafprozessen, in: Archief- en bibliotheekwezen in België – Archives et bibliothèques de Belgique 78 (2007) Nr. 1-4, S. 291-305.

Rezensionen und Berichte

Rezension zu: Carlo Lejeune, Die Säuberung, Bd. 1-3, Büllingen 2005-2008. Online-Publikation, in: H-Soz-u-Kult, 09.06.2009, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2009-2-179.

Tagungsbericht: Zeitgeschichte schreiben in der Gegenwart. Narrative, Medien, Adressaten. Tagung in Potsdam, 20./21. März 2009, in: Deutschland Archiv 3/2009 (42. Jg.), S. 523-525.

Rezension zu: Devin O. Pendas, The Frankfurt Auschwitz Trial, 1963-1965. Genocide, History, and the Limits of the Law, Cambridge 2006 und Rebecca Wittmann, Beyond Justice. The Auschwitz Trial, Cambridge 2005. Online-Publikation, in: H-Soz-u-Kult, 07.08.2007, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-3-095.

Rezension zu: Norbert Frei (Hrsg.), Transnationale Vergangenheitspolitik. Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2006. Online-Publikation, in: H-Soz-u-Kult, 13.12.2006, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-4-194.

Rezension zu: Claudia Fröhlich, "Wider die Tabuisierung des Ungehorsams". Fritz Bauers Widerstandsbegriff und die Aufarbeitung von NS-Verbrechen, Frankfurt am Main 2005. Online-Publikation, in: H-Soz-u-Kult, 07.06.2006, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-2-168.

Katalogbeiträge

Provokation oder Missverständnis? Die Kontroverse um die Regensburger Papst-Rede, in: Missverständnisse – Stolpersteine der Kommunikation (Katalog zur Ausstellung im Museum für Kommunikation Berlin), Heidelberg 2008, S. 184/185.

Turris Babel, in: Missverständnisse – Stolpersteine der Kommunikation (Katalog zur Ausstellung im Museum für Kommunikation Berlin), Heidelberg 2008, S. 84/85.

Mit Rolf Reichardt: Der zweifache Fall der Mauer. „Und wir können sagen, wir sind dabeigewesen“, in: Unvergessliche Augenblicke: Die Inszenierung von Medienereignissen (Katalog zur Ausstellung im Museum für Kommunikation Frankfurt), Frankfurt/M. 2006, S. 16-21.

Mit Stefanie Hoth, Martin Steinseifer & Marion Tendam: Wie machen die Medien ein Ereignis? Ein Leitfaden durch die Ausstellung, in: Unvergessliche Augenblicke: Die Inszenierung von Medienereignissen (Katalog zur Ausstellung im Museum für Kommunikation Frankfurt), Frankfurt/M. 2006, S. 44-64.

 

 

 

Projektskizze

Kriegsverbrecherprozesse bzw. Prozesse gegen NS-Verbrecher wie der Nürnberger Hauptprozess 1945/46, der Eichmann-Prozess 1961 und der Auschwitz-Prozess 1963-65 wurden weltweit mit großem Interesse verfolgt und hatten einen wichtigen Anteil an der Herausbildung bestimmter Sichtweisen des Zweiten Weltkrieges und des Holocaust in der Öffentlichkeit. Gerade die prominenten Prozesse in den 60er Jahren führten dazu, dass "die unvergleichbare Dimension der nationalsozialistischen Judenvernichtung erstmals massiv ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit" eindrang (Richard Herzinger). Erst durch diese Prozesse und die ausführlichen Medienberichte darüber erfuhr ein größeres Publikum all jene grausamen Details über den Mord an den europäischen Juden, die für uns heute den Kern des Begriffs "Holocaust" ausmachen. Diese Prozesse stellen also Medienereignisse dar, die für Veränderungen in der Betrachtung der Vergangenheit und im kollektiven Gedächtnis von zentraler Bedeutung waren. Daher sollen der Eichmann- und der Auschwitz-Prozess bei der Untersuchung zentral stehen; der Nürnberger Prozess wird als Vergleichsbeispiel herangezogen.

Bei der Konstruktion kollektiver Erinnerung spielte die mediale Inszenierung dieser Ereignisse eine entscheidende Rolle; gleichzeitig wurden die Prozesse als Ereignisse selbst maßgeblich durch diese Inszenierung beeinflusst. Die Prozesse konnten in den einzelnen Ländern auf ganz unterschiedliche Art und Weise wahrgenommen werden, abhängig davon, in welchem Verhältnis das jeweilige Land während des Zweiten Weltkrieges zu Deutschland gestanden hatte, gleichzeitig wurden aber durch die Vermittlung in den Medien auch nationale Grenzen überschreitende allgemeingültige Bilder bestimmter Aspekte des Nationalsozialismus geschaffen – erste Ansätze einer Globalisierung oder Universalisierung des Holocaust-Gedenkens. Die Prozesse als transnationale Ereignisse führten sowohl zu einem übergreifenden Diskurs, der in vielen Länder ähnliche Formen annehmen konnte, als auch zu Debatten und Diskussionen innerhalb der einzelnen Länder. In dieser Hinsicht bilden die ehemals besetzten westeuropäischen Länder eine Untergruppe mit einem speziellen gemeinsamen Kontext. Für die Rezeption in den Niederlanden und Belgien spielen z.B. die Besatzungserfahrung während des Zweiten Weltkrieges – mit der Kollaboration als Folge –, die Formen der "Vergangenheitsbewältigung" und die Versäulung der Gesellschaft eine wichtige Rolle. In Belgien kommt dazu noch die besondere Situation der ethnischen Spaltung des Landes.

Hatte die Besatzungserfahrung in den Niederlanden und Belgien konkrete Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Zweiten Weltkrieges und des Holocaust im Allgemeinen und der Prozesse gegen NS-Verbrecher im Besonderen? Welche Unterschiede bestehen in diesem Zusammenhang zu anderen europäischen Ländern (bzw. Israel/den USA) und zwischen den untersuchten Ländern untereinander, und wie lassen sich diese erklären? Wie veränderten sich bestimmte Bilder und Erinnerungen im Lauf der Zeit, und welche Rolle spielten dabei die gesellschaftliche Kommunikation und transnationale Medienereignisse? Um die Wahrnehmung der Prozesse in beiden Ländern zu untersuchen, stütze ich mich auf die Medienberichte, durch die die Bevölkerung über das Prozessgeschehen informiert wurde. Dies sind vor allem Presseberichte, aber auch – je nach Verfügbarkeit – Fernseh- und Radiobeiträge. Interessante Aspekte der Analyse sind z.B. die Darstellung der Angeklagten in den Prozessen, die Behandlung der Zeugen, die Sicht auf Deutschland und die Charakterisierung der Prozesse als Medienereignisse. Außerdem soll die Thematisierung des Holocaust in den Prozessberichten (zumeist vermittelt durch Zeugenaussagen) untersucht werden. Die Auswahl mehrerer Prozesse, Länder und Mediengattungen lässt unterschiedliche Vergleichsebenen zu, soll aber auch die transnationale Dimension deutlich werden lassen.

 

Aktivitäten

GGK-Sektion 11 "Holocaust & Erinnerung"

Sprecherin der AG "Ausstellung": Konzeption und Organisation der Ausstellung Unvergessliche Augenblicke: Die Inszenierung von Medienereignissen (9. November bis 3. Dezember 2006) in Zusammenarbeit mit dem Museum für Kommunikation Frankfurt

 

Vorträge

"Von den Meistersingern zu den 'Schurken hinter Gittern'. Der Nürnberger Hauptprozess in niederländischen und belgischen Medienbeiträgen", Fachtagung des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände "'That Four Great Nations ...': Der Nürnberger Prozess - Eine Bestandsaufnahme" (1.-3. Oktober 2009), Nürnberg

Vorstellung des Dissertationsprojekts im Kolloquium von Prof. Dr. Paul Nolte, Freie Universität Berlin, Friedrich-Meinecke-Institut (14. Juni 2007)

"Der scharfe Blick der Nachbarn. Die Bundesrepublik und ihr Umgang mit der Vergangenheit in belgischen und niederländischen Prozessberichten", Jahrestagung des Zeitgeschichtlichen Arbeitskreises Niedersachsen "Das Gericht als Tribunal. Oder: Wie der NS-Vergangenheit der Prozess gemacht wurde" (24./25. November 2006), Göttingen. Ein Tagungsband erschien 2009

"'Die Stiefel ausgezogen ...' Täterbilder und der Blick auf Deutschland in belgischen und niederländischen Radio- und Presseberichten über den Nürnberger Hauptprozess", Tagung "Vom Tribunal zum Weltgericht. Neue Fragestellungen zum Verhältnis von Menschenrechtsverbrechen und Völkerstrafrecht 60 Jahre nach dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess" (22./23. November 2006), Geschichtsort Villa ten Hompel, Münster. Ein Tagungsband erschien 2008

"Der Eichmann-Prozess und die 'Globalisierung des Holocaust'. Universelle und spezifische Rezeption am Beispiel der Niederlande", Tagung "Interkulturelle Kommunikation" (6./7. Mai 2005) des Graduiertenkollegs und des Forschungszentrums Europäische Aufklärung, Potsdam

"Through the Eyes of Witnesses and the Media: Refracted Perceptions of the Holocaust in the War Crimes Trials of the 1960s", Vortrag und Moderation eines Panels im Rahmen der European Summer School "Witness - Memory, Representation, and the Media in Question" (23.-27. August 2004) in Kopenhagen. Ein Tagungsband erschien 2008

 

Lehrtätigkeit

Übung zum Thema "Alltagsgeschichte der DDR in den 60er und 70er Jahren" an der Justus-Liebig-Universität Gießen im Sommersemester 2006