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SFB/TRR 138 "Dynamiken der Sicherheit", Teilprojekt B07 — „Vindicta“ als Sicherheitsproblem (2018-2021)

Forschungsprojekt der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg sowie des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung

 

 

 

 

SFB/TRR 138 "Dynamiken der Sicherheit"

 

Forscherinnen und Forscher der beiden Universitäten Marburg und Gießen sowie des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung widmeten sich ab April 2014 im SFB/TRR 138 dem Thema „Dynamiken der Sicherheit. Formen der Versicherheitlichung in historischer Perspektive“. Sie untersuchten, wie sich in der Geschichte Vorstellungen von Sicherheit entwickelten und wie diese in den politischen Prozess gelangten. Dabei ging es um die Darstellung und die Herstellung von Sicherheit – Vorgänge, die einander bedingten und deren Verhältnis in historisch unterschiedlichen Dynamiken und Prozessstrukturen erforscht werden sollte. Diese dynamischen Prozesse fasste der SFB/TRR 138 begrifflich als Versicherheitlichung.

Der SFB/TRR 138 griff dabei Forschungsansätze der Politikwissenschaft, konkret das Modell der Securitization der Copenhagen School der Internationalen Beziehungen, auf und entwickelte diese in historischer Perspektive weiter. Somit führte der Forschungsverbund erstmalig eine umfassende Analyse der politischen Dynamiken durch, mit denen Versicherheitlichungsprozesse bzw. die ihnen entgegengesetzten Entsicherheitlichungsprozesse verbunden waren – einschließlich ihrer Ambivalenzen und Dialektiken.

 

 

 

Teilprojekt B07 — "Vindicta" als Sicherheitsproblem

Leitung: Prof. Dr. Christine Reinle
Mitarbeiterin: Anna-Lena Wendel

 

Grabmal des Pfarrers Johannes Lupi (gest. 30.09.1468?), Darstellung der Zehn Gebote (Zehngebote-Stein), 
Relief, Skulptur, Mittelrhein, 1468, Sandstein (© Historisches Museum Frankfurt, Foto: Horst Ziegenfusz, Inventarnr.: X17129

 

Mit "Vindicta" wird sowohl Rache wie die rächende Strafe bezeichnet. Diese Ambivalenz kennzeichnet auch den Umgang mit der Rache, die im spätmittelalterlichen deutschen Reich in einzelnen Facetten in das Rechtswesen integriert war, andererseits aber wie alle Formen der Eigengewalt eine Gefährdung des Friedens darstellte. Unter den normativen Texten, die Rache in ihren zerstörerischen Erscheinungsformen beschreiben, mit negativen Sanktionen belegen und damit implizit als Sicherheitsproblem thematisieren, verdienen Bußsummen, katechetische Texte und Predigten besondere Beachtung. Auch wenn die hier formulierten Normen nicht den Frieden, Gemeinen Nutzen oder Sicherheit der Gesamtgesellschaft bezweckten, sondern das Seelenheil von Individuen sichern wollten, kongruieren sie in ihrer Wirkung mit den sicherheitspolitischen Maßnahmen der weltlichen Obrigkeiten. Zudem bieten sie instruktive Heuristiken und Repertoires zur Abgrenzung legitimer und illegitimer Gewalt und zur Versicherheitlichung von Eigengewalt. Im Teilprojekt „Vindicta“ sollte der Anteil theologischer, katechetischer und kirchenrechtlicher Texte an der Versicherheitlichung von Eigengewalt im Allgemeinen und Rache im Besonderen untersucht werden.