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Glutathion-abhängiger Stoffwechsel

Glutathion-abhängiger Stoffwechsel des Malariaparasiten Plasmodium falciparum

(DFG, Be 1540/4-4). Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Heiner Schirmer, Biochemiezentrum der Universität Heidelberg

 

Der Malariaparasit Plasmodium falciparum vervielfacht sich in humanen Hepatozyten und Erythrozyten sowie im Mitteldarm der übertragenden Mücke Anopheles. Zum Überleben und für das Wachstum des Parasiten in diesen sehr unterschiedlichen Umgebungen ist die Glutathion-Homeostase besonders wichtig. Das Tripeptid Glutathion (γ-Glu-Cys-Gly) dient zur Entgiftung von elektrophilen pathophysiologischen Verbindungen wie Hämin und Methylglyoxal und zum Abfangen reaktiver Sauerstoff- und Stickstoffspezies. Es gibt darüber hinaus Nachweise, dass die Entgiftung von Malariamedikamenten und daher Resistenzmechanismen mit dem Glutathionsystem verbunden sind. Im Rahmen dieses Projekts möchten wir unsere Arbeit zu dem Glutathion-abhängigen Redoxmilieu und den Glutathion-abhängigen Proteinen des Malariaparasiten weiter führen, proteinbiochemische und enzymkinetische Methoden  verwenden sowie Transkriptome und Proteome zu analysieren. Wie im vorigen Projekt richten wir unsere Aufmerksamkeit  auf Glutathionreduktase, Glyoxalase I, Glyoxalase II und das parasitenspezifische Plasmoredoxin. Diese Proteine sind auch als Ziele zur Medikamententwicklung interessant. Basierend auf dreidimensionalen Strukturen, werden weitere Enzyminhibitoren, besonders subversive Substrate, entwickelt und getestet. Die Studien zur klinischen Dosisfindung für Methylenblau, ein subversives Substrat der Disulfidreduktasen des Parasiten, werden durch in vitro Untersuchungen unterstützt.

 

Oxidativer Stress in Malariaparasiten. Malariaparasiten werden kontinuierlich  oxidativem und nitrosativem Stress ausgesetzt. Dieser Stress kann exogen von der Immunantwort des Wirts sowie endogen durch die hohe Stoffwechselrate des Plasmodium und vom Hämoglobinabbau innerhalb des Parasiten  ausgehen. Die aus der Nahrung des Wirts stammenden Oxidanzien sind andere potenzielle Quellen exogenen oxidativen Stresses. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass Plasmodium eine ganze Reihe von antioxidativen Verteidigungsmechanismen besitzt, nämlich ein komplettes Glutathionsystem einschließlich NADPH, hochaktiver Glutathionreduktase (GR), Glutathion und verschiedener Glutaredoxin-ähnlicher Proteine sowie eines funktionierenden Glutathion-abhängigen Glyoxalasesystems und einer Glutathion-S-Transferase mit Peroxidaseaktivität. Zusätzlich wurde ein komplettes Thioredoxinsystem einschließlich NADPH, Thioredoxinreduktase (TrxR), verschiedener Thioredoxin-ähnlicher Proteine und Thioredoxin-abhängiger Peroxidasen (TPx) charakterisiert und zwei funktionierende Superoxid-Dismutasen sowie zwei Liponamid-Dehydrogenase-ähnliche Proteine wurden identifiziert. Die Thioredoxinsysteme des Malariaüberträgers Anopheles gambiae und des verwandten Insekts Drosophila melanogaster wurden ebenfalls charakterisiert.

Wie der Mangel der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) aus Erythrozyten zeigt, schützt eine eingeschränkte Verfügbarkeit von reduzierenden Äquivalenten in der Form von NADPH vor Malaria. Der Schutzmechanismus vor schweren Malariafällen durch einen genetisch bedingten G6PD-Mangel ist wahrscheinlich keine Wachstumshemmung des Parasiten. Es handelt sich eher um die Oxidation von Hämoglobin zu membranassoziierten Hämochromen, die schließlich zu IgG-basierender frühzeitiger Erkennung und Degradierung der parasitierten G6PD-defizienten Erythrozyten führt.

Zwei wichtige antioxidative Enzyme, Katalase und Glutathionperoxidase, treten im Parasiten nicht auf. Diese Konstellation bietet ein großes Potenzial zur Entwicklung chemotherapeutischer Agentien, die durch eine Störung des Redoxgleichgewichts des Parasiten wirken. Der Redoxstoffwechsel ist darüber hinaus an der Pathologie (Virulenz) beteiligt und spielt nachweislich eine Hauptrolle in der Wirkung von und der Resistenz gegen klinisch verwendete Malariamedikamente. Transkriptom-Analysen wurden zur Untersuchung des antioxidativen Proteinnetzwerks von Plasmodium falciparum unter verschiedenen Bedingungen eingesetzt.

 

Das Glutathionsystem. Wie in vielen anderen Organismen ist das Cystein-enthaltende Tripeptid Glutathion das am häufigsten vorhandene niedermolare Antioxidans in Malariaparasiten. Bei einer physiologischen Ionenstärke mit 25°C und pH 7,0 liegt das Standard-Redoxpotenzial des GSSG/2GSH-Systems bei -240 mV. Für die vermutlich vorwiegende Bedingung im Trophozoiten-Cytosol (37°C und pH 7,2) wurde ein Wert von -270 mV geschätzt. Da die GSH-Konzentration (1-5 mm) viel höher als diejenige von NADPH (<100 µm) und Trx(SH)2 (< 50 µm) ist, wird  das Gesamt-Redox-Milieu im Trophozoit hauptsächlich durch den Beitrag des Glutathionredoxpaars bestimmt. Dies bedeutet, dass Glutathion der Hauptredoxpuffer in den Parasiten ist. Ein hohes GSH/GSSG-Verhältnis wird vom Flavoenzym Glutathionreduktase aufrechterhalten. Trophozoiten enthalten reichlich GR, welche eine Aktivität bis zu 10 U/ml Cytosol hat. Unter Bedingungen von insuffizienter GR-Aktivität kann GSSG auch durch andere Prozesse wie Protein-Thiol-Glutathionylierung, Trx(SH)2 (siehe unten) und vermutlich durch Glutaredoxin katalysierte, Dihydrolipoat-abhängige Reaktionen reduziert werden. Das GSSG-Exportsystem, das durch eine hocheffiziente Synthese von intraparasitärem GSH aus den entsprechenden einzelnen Aminosäuren ausgeglichen wird,  fungiert als effizientes GSSG-Reduktionssystem.

 

Glutathionreduktase. Hohe GSH-Konzentrationen in Malariaparasiten werden vom homodimeren FAD-enthaltenden Enzym GR NADPH-abhängig aufrecht erhalten. Die GR aus P. falciparum wurde biochemisch und kinetisch charakterisiert. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass ein Fehlen von FAD, der prosthetischen Gruppe von GR, oder des Kosubstrats NADPH, ähnlich wie bei einem Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenasenmangel zu einem erheblichen Schutz vor akuter Malaria führen. Diese klinischen und epidemiologischen Beobachtungen sprechen dafür, dass sowohl humane GR als auch PfGR potenzielle Ziele der Medikamentenentwicklung gegen Malaria sind. PfGR ist – bei therapeutisch verwendeten Konzentrationen – das einzige bestätigte Enzymziel des Medikaments Methylenblau gegen Malaria.  Als neuartige Art potenzieller Medikamenten gegen Malaria, wurden Prodrugs synthetisiert, bei denen ein PfGR-Inhibitor  durch eine Hydrolase-labile Esterverbindung mit einem 4-Anilinochinolin verlinkt wurde,  die sowohl in vitro sowie in vivo erfolgreich getestet wurden. Wie andere Mitglieder der Pyridin-Nukleotid-Disulfid-Oxidoreduktase-Familie von Flavoenzymen, enthält jede Untereinheit der PfGR ein Disulfid (Cys39 und Cys44) und ein Flavin, die in Redoxkontakt zueinander stehen.

Der katalytische Mechanismus der PfGR wurde von Böhme et al. 2000 ausführlich beschrieben. Die Daten weisen darauf hin, dass EH4, die mit vier Elektronen vollständig reduzierte Form des Enzyms, wahrscheinlich katalytisch inaktiv und labil sein wird. Die oxidierte, stabile und intensiv untersuchte Form von PfGR, Eox, ist nur eine unbedeutende Form in vivo,  wobei Zwischenformen des Enzyms – z.B. EH2 x NADPH, S58-Glutathionyl-PfGR – wahrscheinlich zugänglich für spezifische Inhibitoren  sind.  EH4, eine überreduzierte einsatzbereite Form des Enzyms, und das glutathionylierte Enzym wurden bisher exklusiv im Parasiten beobachtet.

Humane GR wurde hinsichtlich der Enzymologie und ihrer Kristallstruktur sehr gut untersucht. Die Bindung der Substrate, der Substratanaloga und der Inhibitoren wurde auch detailliert untersucht.   Eine Untersuchung der inhibitorischen Eigenschaften verschiedener Medikamente auf humane GR wurde schon eingeleitet. Diese Hemmstoffe sind Safranin, Isoalloxazine, Menadion und Xanthen-Derivate. Sie hemmen humane GR unkompetitiv, in dem sie in der Höhle an der Dimerkontaktfläche binden. Es wurde vorgeschlagen, dass diese Höhle auch die Bindungsstelle von Methylenblau in PfGR ist. Daher war die Auflösung der dreidimensionalen Struktur der PfGR ein wertvolles Sprungbrett zur Entwicklung rationaler Medikamente gegen PfGR (siehe unten).

 

Glyoxalase. Das Glyoxalasensystem besteht aus Glyoxalase I (GloI), Glyoxalase II (GloII) und dem Coenzym Glutathion. Es ist ein zyklischer Stoffwechselweg, das giftige 2-Oxoaldehyde wie Methylglyoxal entfernt, in dem es sie in die entsprechenden ungiftigen 2-Hydroxycarbonsäuren wie D-Laktat umwandelt. Glyoxalase I katalysiert die Bildung von S-2-Hydroxyacylglutathion (ein Thioester von GSH); Glyoxalase I katalysiert die Bildung von S-2-Hydroxyacylglutathion (ein Thioester von GSH); Glyoxalase II hydrolysiert dann das Ester und produziert dadurch GSH und eine freie 2-Hydroxycarbonsäure.  (ist nicht mehr aktuell) Weil die Fähigkeit zu Elektronentransport-Aktivität in der Atmungskette viel niedriger als in Säugetieren scheint, erhält Plasmodium vermutlich eine hohe glykolytische Aktivität. Dies zeigt die hundertfache Erhöhung  des Glukoseverbrauchs in P. falciparum-infizierten Erythrozyten im Vergleich zu nicht infizierten Zellen, die den Parasiten  höheren Schwankungen von aus der nicht-enzymatischen Umwandlung von Triosenphosphaten stammendem Methylglyoxal aussetzt. Beim Parasitieren von roten Blutkörperchen  ist die Bildung von D-Laktat aus Methylglyoxal bis zu dreißigfach erhöht,  und  die GloI- und GloII-Aktivitäten waren deutlich erhöht im Vergleich zu  nicht infizierten Erythrozyten. Die Antimalaria-Aktivität von Glo-Inhibitoren führt zu einer Wachstumshemmung, die von S-p-Bromobenzylglutathion-Diethyl-Ester mit IC50 Werten im unteren mikromolaren Bereich verursacht wurde.

 

Glutathion-S-Transferase. Glutathion-S-Transferasen (GST) existieren in den meisten Organismen in zahlreichen Isoformen. Sie dienen der intrazellulären Entgiftung  von schädlichen Chemikalien, indem sie diese mit Glutathion verbinden. GST können darüber hinaus Lipidperoxidations-Produkte entgiften, und als Trägerproteine, sogenannte Ligandine, von bestimmten  organischen Molekülen dienen, was zur Inaktivierung und Immobilisierung dieser Verbindungen führt. In Chloroquin-resistenten Parasiten verhält sich die GST-Aktivität direkt und positiv zur Medikamentenbelastung. Das P. falciparum-GST-Gen befindet sich auf Chromosom 14 und kodiert für das einzige GST-Isoenzym im Parasiten. PfGST ist ein Homodimer mit einer Untereinheitsgröße von 26 kDa. Eine Vielzahl von PfGST-Inhibitoren – inklusive Ferriprotoporphyrin IX – wurde identifiziert. Das Enzym stellt ~1% des zellulären Gesamtproteins dar und soll daher als effizienter Puffer in vivo für  Hämin dienen, das unkompetitiv zu GST (Ki = 6.5 µm = [GST x GSH] [hämin]/[GST x GSH x hemin]) bindet und toxisch für den Parasiten ist.