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Erstes Computer-Investitionsprogramm in Hessen, Cyber 180-860 unter NOS und NOS/VE

Die wichtigen Ereignisse der Jahre 1985 und 1986 sind in dem Artikel "25 Jahre Datenverarbeitung an der Justus-Liebig-Universität Gießen" von Dr. Joseph Hammerschick beschrieben und unten auszugsweise zitiert.

  • Erstes Computer-Investitionsprogramm (CIP) in Hessen (IBM-PC ist Renner)

    Zum ersten Mal taucht der Begriff Mikrocomputer im Jahresbericht des HRZ von 1982 auf. Das HRZ hatte nach einem Hardwarevergleich mehrere 8-bit-Systeme eines deutschen Herstellers mit dem standardisierten Betriebssystem CP/M (von Digital Research) beschafft. Die Mikrocomputer boten bei der Textverarbeitung einen Funktionsumfang und Komfort, den der Großrechner nicht leisten konnte. Tabellenkalkulation und vergleichbare Datenbanksoftware waren auf dem Großrechner gar nicht vorhanden.

    Die größten Vorteile aber waren die wesentlich höhere Benutzerfreundlichkeit der Mikrocomputersoftware sowie die kurzen Antwortzeiten, jedenfalls bei den einfachen Anforderungen, die aber den überwiegenden Teil der Arbeiten ausmachen. Die Benutzer erkannten sofort die Vorteile der Mikrocomputer, und verschiedene Institute beschafften über das HRZ eigene Systeme.

    Bei allen seinen Vorteilen aber hat der Mikrocomputer das zentrale System nicht überflüssig gemacht. Die meisten Benutzer von Mikros wollten diese zusammen mit dem zentralen System einsetzen. Daher entwickelte das HRZ ein Kommunikationsprogramm, das es erlaubte, auf dem Mikro mit dem zentralen System wie mit einem Terminal zu arbeiten und dabei Dateien von der Diskette zum zentralen Rechner zu übertragen oder umgekehrt Ergebnisse, die auf der Cyber entstanden waren, wieder zurück an den Mikro zu schicken.

    1985 erhöhte sich die Anzahl der Mikrocomputer an der Justus-Liebig-Universität Gießen sprunghaft. Es wurden verteilt auf Institute aller Fachbereiche 109 Mikrocomputer als Arbeitsplätze am zentralen System beschafft, und speziell für den Einsatz in der Lehre konnten nach dem CIP (Computerinvestitionsprogramm) 30 Systeme im HRZ sowie 15 Systeme im FB Wirtschaftswissenschaften aufgestellt werden. Hardwaremäßig waren die Basisgeräte alle identisch.

    Während die Arbeitsplatzmikros als Einzelgeräte eingerichtet sind und in ihrer Nutzung die schon geschilderte Arbeitsteilung - als selbstständiger Mikro und als Terminal an der Cyber - zeigen, sind die CIP-Geräte in drei Kursräumen untergebracht und zu jeweils 15 Systemen vernetzt. Ihre primäre Nutzung ist für die Ausbildung vorgesehen, wozu ausschließlich Mikrocomputersoftware eingesetzt wird. Der Anschluß an die Cyber ist für gewisse Geräte auch möglich.

  • Cyber 180 unter NOS und NOS/VE

    Die Verbesserung des Zugangs zum zentralen System hatte auch dessen Auslastung ständig erhöht. 1984 war die Anzahl der angeschlossenen Terminals auf nahezu 300 angestiegen und die Dialoganforderungen konnten von der Cyber 174 immer schlechter erfüllt werden. Da eine zu geringe Leistung der einzige Kritikpunkt am bestehenden System war und nicht etwa neue Funktionen von Hardware oder Software gebraucht wurden, konnte eine Lösung gewählt werden, die ein Maximum an Leistungssteigerung bei einem Minimum an Kosten brachte:

    Ein Austausch des Prozessors und seines Hauptspeichers. Sämtliche Peripherie, von den Massenspeichern über die Schnelldrucker zu den Terminals, konnte weiter verwendet werden. 1985 wurde ein entsprechender Antrag genehmigt und im Februar 1986 wurde das neue System, eine Cyber 180-860 mit 8 MB Hauptspeicher, geliefert.

    Bei der Cyber 180 handelt es sich um neue Hardware mit einer Wortlänge von 64 Bits. Dazu gehört ein neues, virtuelles Betriebssystem NOS/VE. Die Cyber 180 kann im "dual state" betrieben werden, d.h. es können gleichzeitig das neue NOS/VE sowie das alte NOS mit seinen 60 Bits Wortlänge ablaufen. Dies hat für die Benutzerschaft den unschätzbaren Vorteil, daß alle Programme völlig unverändert unter NOS weiter benutzt werden können. Erst nach und nach kann man schrittweise zu NOS/VE mit seinen Vorteilen übergehen.

    Der Wechsel von der Cyber 174 zur Cyber 180-860 geschah innerhalb einer Woche, und der Benutzer bemerkte ihn nur an den kürzeren Laufzeiten seiner Programme. Die Leistungssteigerung macht etwa den Faktor 3,7 aus. Wenn 1988 ein wegen der verstärkten Nutzung von NOS/VE geplanter Ausbau des Hauptspeichers realisiert sein wird, wird die Justus-Liebig-Universität Gießen für einige weitere Jahre zufriedenstellend mit DV-Kapazität ausgestattet sein.

Nachdem die Cyber ausgebaut ist, hält der Hunger nach Leistungs- und Funktionssteigerung unvermindert an. Er ist eine zuverlässige Planungsgröße für weitere zukünftige Investitionen. Die Markt folgt diesem Trend. Erstmals gibt es die Hannover-Messe CeBIT vier Wochen vor der Hannover Messe Industrie.

In diesem Jahr wird die Justus-Liebig-Universität Mitglied in dem noch jungen DFN-Verein. Er hat die Aufgabe, den Aufbau eines Deutschen Forschungsnetzes (DFN) zu unterstützen und voranzutreiben. Dazu wird der Verein vom Bundesministerium für Forschung und Technologie gefördert.


Dieter Wolff / HRZ der JLU / 27.09.2007