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13. Kolumne: Die Zeitung mit Zukunft?

Stoff zum Lesen bekommt man fast überall: an der Tankstelle, beim Bäcker, am Kiosk, im Kaufhaus, an der Lottoannahmestelle und im Lebensmittelladen sowieso. Zeitungen und Zeitschriften gibt es in den unterschiedlichsten Formaten: von Broadsheet bis Tabloid – also von riesengroß bis handlich-kompakt. Etwa 350 Tageszeitungen sind in Deutschland erhältlich. Im Netz sind es mit etwa 650 Titeln fast doppelt so viele Online-Angebote. Dabei versuchen sowohl die Print- als auch die Online-Zeitungen ihre Leser umfassend zu informieren und decken unterschiedlichste Interessen ab. Dennoch liegt der Zusatznutzen von Onlinezeitungen auf der Hand: Durch die visuelle Aufbereitung der Nachricht und der dazugehörigen Hintergründe mittels (interaktiver) Grafiken, Videos und Links zu anderen Artikeln ähnlichen Themas lassen sich Informationen attraktiver gestalten. Der Platz auf den Seiten einer Online-Zeitung ist nicht begrenzt. Dies erlaubt den Autoren mehr Freiraum, Nachrichten und politisches Zeitgeschehen zusätzlich zu kommentieren. Ebenso haben die Leser die Möglichkeit, Artikel direkt zu kommentieren, zu diskutieren, sich gar zu beschweren. Im besten Fall ist die Zeitung nicht mehr nur reine Informationsquelle, sondern auch Forum zur Diskussion. Wozu brauchen wir also noch die gedruckte Zeitung?
Ganz einfach: Die Zeitung „zum Anfassen“, zum „Drin-Blättern“ – das kann kein Computer ersetzen. Eine Zeitung zu lesen, hat immer auch etwas mit „sinnlicher“ Erfahrung zu tun, ist nicht zu vergleichen mit dem abrufbaren Wissen per Mausklick!
Außerdem darf eines nicht vergessen werden: Das Herstellen einer Zeitung ist vor allem auch ein journalistisches Handwerk, eine Dienstleistung für den Leser. Denn alle Informationsfülle nutzt wenig, wenn sie nicht vernünftig aufbereitet, wenn Wichtiges nicht vom Unwichtigen getrennt wird. Aus dem vermeintlichen Nachteil der Printzeitung kann so schnell eine Tugend werden: Der begrenzte Seitenumfang zwingt zur Konzentration aufs Wesentliche. Denn allem technischen Fortschritt zum Trotz, für das Lesen einer Zeitung braucht man auch in Zukunft vor allem eines: Zeit. (Vera Ermakova)

Diese Kolumne erschien am 26.11.2010 im Gießener Anzeiger.