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7. Kolumne: Zweite Chance für’s zweite Leben

Alle Internetanwendungen, von denen man hört (oder in dieser Kolumne liest), scheinen Erfolgsgeschichten zu schreiben. Egal ob Facebook, Google oder YouTube: die Firmengründer haben mit einer cleveren Idee aus dem Nichts Millionen gemacht. Um eine Internetanwendung ist es aber still geworden: Second Life war das Thema im Sommerloch 2007. Die Medien stürzten sich auf diese neue Form des Internets und „Der Spiegel“ sagte voraus, dass „Second Life“ den Beginn eines neuen Menschenbildes einläutet. Und nun? Was ist aus Second Life, dieser virtuellen Welt geworden?
Einer Welt, in der man wie in einem Computerspiel mit einer Spielfigur, dem Avatar durch eine dreidimensionale Welt laufen kann. Mit dem Unterschied, dass die Nutzer hier selbst die Umgebung gestalten können. Man kann virtuelles Land anmieten, Häuser bauen, Güter herstellen und diese an andere Nutzer verkaufen. Bald machte die erste Second Life-Millionärin Schlagzeile und große Firmen folgten dem Aufruf zum Aufbruch in die neue Welt.
Doch die meisten Nutzer kamen ins Second Life, um neue Bekanntschaften zu schließen und zu chatten. Hier konnte man eben zusätzlich seinen Gesprächspartner sehen – bzw. dessen Avatar. So spannend das am Anfang war, so schnell schien der Reiz auch wieder nach zu lassen und nach dem Hype um Second Life verkündeten die Zeitungen den Tod der virtuellen Welt.
Ganz so schlimm ist es allerdings nicht. Zwar haben sich viele Nutzer zurückgezogen, zahlreiche kulturelle Einrichtungen haben Second Life aber für sich entdeckt. Hier gibt es nun Sprachkurse, Ausstellungen und Konzerte und diese werden auch rege angenommen. Die virtuelle Welt ist erwachsen geworden. An diesem Wochenende findet zum vierten Mal die „SLanguages“ statt: eine Konferenz von Fremdsprachenlehrern in Second Life. Bei der letzten Konferenz waren 359 Teilnehmer aus der ganzen Welt anwesend. Sie können sich hier über Erfahrungen des Sprachenlernens in der virtuellen Welt austauschen, und das ohne irgendwohin anreisen zu müssen. Eine Konferenz vom heimischen Sofa aus – Schöne neue Welt! (Katrin Biebighäuser)

Diese Kolumne erschien am 15.10.2010 im Gießener Anzeiger.