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Veröffentlichungen • Ernährungsverhalten und Gesundheitssituation von Rohköstlern

Unter besonderer Berücksichtigung des Eisenstatus
und der hämatologischen Parameter

Karunee Kwanbunjan

Dissertation, Gießen 1996

 Zusammenfassung

Die Rohkost-Ernährung ist eine alternative Kostformen mit vorwiegend frischen vegetabilen Lebensmitteln, wobei Unterschiede hinsichtlich des Verzehrs von Milch, Milchprodukten und Eiern auftreten. Typisch ist die Ablehnung von gekochter Nahrung, da diese aufgrund des Kochvorgangs als denaturiert und wertlos betrachtet wird. Als Vergleichsgruppe eignen sich besonders die Frauen, die eine Risikogruppe für einen Eisenmangel darstellen. Hierfür wurde die Untersuchungsgruppe der Vollwert-Ernährungs-Studie, bestehend aus 243 Frauen, sog, Vollwertköstlerinnen (VK), die sich mit Vollwertkost ernähren, und 175 Frauen sog. Mischköstlerinnen (MK), die eine bundesdurchschnittliche Ernährung aufweisen, herangezogen. Alle Gruppen wurden von demselben Arbeitskreis mit den gleichen Methoden untersucht.

Der Eisenstatus der 201 Rohköstler in der Gießener Rohkost-Studie, die mindestens 70 % Rohkost verzehren, wurde anhand eines 7-Tage-Ernährungsprotokolls berechnet. Die Untersuchungsgruppe der Rohköstler bestehen aus 94 Männern und 107 Frauen im Alter zwischen 26 und 66 Jahren und einer Dauer der Rohkost-Ernährung von 1-18 Jahren Der Verzehr von ungekochten Lebensmitteln ist extrem hoch, einen Rohkost-Anteil von 90-100 % weisen die meisten Probanden (73,6 %) auf und ihre Rohkostformen sind überwiegend vegetarisch (71 %). Bemerkenswert ist der hohe Frischobst- und Frischgemüseverzehr, der im Schnitt täglich 1000 g übersteigt und wesentlich höher ist als der der Vollwertköstlerinnen, während die Rohköstler weniger Lebensmittel mit hohem Nahrungsenergie-, Protein- und Fettgehalt wie z, B. Kartoffeln, Brot und Backwaren, Milch und Milchprodukte sowie Fleisch und Fleischwaren zu sich nehmen,

Die Eisenblutparameter Serumeisen, Serumferritin, Serumtransferrin, Transferrinsättigung und Eisenbindungskapazität wurden ermittelt und das Blutbild anhand Hb, HK, Erythrozytenzahl, MCH, MCHC und MCV untersucht Zur Beurteilung der Nährstoffzufuhr wurden 7-TageErnährungsprotokolle von den Probanden ausgefüllt und anschließend berechnet, Dabei wurde die Zufuhr an essentiellen Nährstoffen und Nahrungsbestandteilen, die den Eisenstatus beeinflussen, berücksichtigt

Ein hoher Prozentsatz der Rohköstler weist einen niedrigen Serumeisen- und Serumferritinspiegel und eine erhöhte Transferrinsättigung auf Im Vergleich zu Misch- und Vollwertköstlerinnen haben Rohköstlerinnen einen schlechteren Eisenstatus. Die Qualität der Eisenzufuhr besitzt eine große Bedeutung für den Eisenstatus der Rohköstler. Das von den Rohköstlern aufgenommene Eisen stammt hauptsächlich aus pflanzlichen Lebensmitteln Problematisch ist weiterhin die zu niedrige Protein- und Nahrungsenergiezufuhr bei geringerer pflanzlicher Proteinqualität, während eine hohe Aufnahme an Vitamin C und Ballaststoffen zu beobachten ist. Mit zunehmender Dauer der Rohkost-Ernährung verschlechtert sich der Eisenstatus der Probanden und Anämie kommt häufiger vor.

Bei einem großen Teil der männlichen Rohköstler zeigt sich anhand des Blutbildes eine Anämie, während bei den weiblichen Rohköstlern dieser Prozentsatz geringer ist: 43 % der Männer und 15,4 % der Frauen leiden an einer Anämie. Die Eisenmangelanämie erweist sich als statistisch relevanter Einflußfaktor für die Anämie der Rohköstler, wobei für die Frauen ein größerer statistischer Zusammenhang als für die Männer auftritt, Vitamin B12 ist ebenfalls ein bedeutender Einflußfaktor für die Anämie der Rohköstler, da eine hohe Prävalenz an makrozytärer Anämie bei ausreichender Folsäureversorgung zu beobachten ist, Die zu niedrige Proteinzufuhr ist ebenso ein wichtiger Einflußfaktor für die Anämieentstehung bei den Rohköstlern, da das Protein für die Erythropoese benötigt wird. Dies könnte darauf hinweisen, daß diese extreme Ernährungsform mit vorwiegend rohen Vegetabilien die Anämieentstehung der Probanden multikausal beeinflußt.

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