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Elektronische Rechenanlage der JLU Gießen

Die erste zentrale Rechenanlage für die Universität

Im Dezember 1961 beschafft der Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. D. Gaier vom Mathematischen Institut der Justus-Liebig-Universität (JLU) bei der Hersfelder Firma ZUSE KG Datenverarbeitungsanlagen einen Rechner vom Type Z23 aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Wert von 380.000 DM. Hiermit beginnt die Geschichte der elektronischen Datenverarbeitung an der JLU. Unter der Leitung von Prof. Dr. D. Gaier entsteht die neue interfakultative Einrichtung Elektronische Rechenanlage, die direkt dem Rektor der Universität unterstellt ist.

Sie wird im ersten Stock des Zeughauses (Landgraf-Philipp-Platz 4-6, 63 Gießen) untergebracht. Es stehen nur zwei Räume zur Verfügung - der Rechnerraum und der Mitarbeiterraum mit den damaligen drei Akteuren. Ein- und Ausgabemedium für die Z23 sind 5-Kanal-Lochstreifen. Auf einem Fernschreiber werden zur Erstellung von Programmen und Daten 5-Kanal-Streifen erzeugt, deren Inhalte auf Fernschreiberpapier mitprotokolliert werden.

Für die Programmierung stehen die maschinennahe Sprache "Freiburger Code" und später die höhere Programmiersprache ALGOL60 zur Verfügung. Ausgetestete Programme können nach der Übersetzung als Binärstreifen ausgestanzt werden. Die Programmbibliothek besteht aus vielen sorgfältig gewickelten und beschrifteten Lochstreifen.

  • Im Betriebshandbuch ("Elektronische Rechenanlage, Arbeitsbuch") sind nach einer kurzen Anleitung mit Mustereintrag die ersten Arbeitseinträge für die Z23 zu finden.

  • Auch spätere Hochschullehrer haben die Z23 Studierenden präsentiert bzw. sie zum Forschen eingesetzt.

  • Dem Arbeitsbuch ist zu entnehmen, dass Wartungszeiten erforderlich sind und nach einem Jahr noch viele offene Termine zur Benutzung der Z23 zur Verfügung stehen. Die neue Einrichtung "Elektronische Rechenanlage" wird zunächst noch zögerlich angenommen.

  • Ab 1963 werden die Arbeitsbücher mit Angabe des Betriebszählers geführt. Für die unten angegebenen Zeitintervalle bis 18.02.1971 ergeben sich folgende Betriebszeiten mit rasantem Wachstum. Hinter dem Schrägstrich ist sie durchschnittlich pro Werktag angegeben:

    28.12.1961 - 21.02.1963:  2.023 h            (Anfangszählerstand unbekannt)
    21.02.1963 - 21.02.1964:    841 h /  3,36 h
    21.02.1964 - 20.02.1965:  1.194 h /  4,78 h
    20.02.1965 - 22.02.1966:  1.359 h /  5,44 h
    22.02.1966 - 21.02.1967:  1.950 h /  7,80 h
    21.02.1967 - 21.02.1968:  3.525 h / 14,10 h  (Kapazität der Z23 erschöpft)
    21.02.1968 - 21.02.1969:  2.297 h /  9,19 h  (Abwanderung nach Darmstadt)
    21.02.1969 - 20.02.1970:  1.854 h /  7,42 h
    20.02.1970 - 18.02.1971:  1.617 h /  6,47 h  (CD3300 ab Mai in Betrieb)
    18.02.1971 - 15.09.1971:    493 h /  3,29 h  (CD3300 in Betrieb)
    
  • Am 07.03.1967 unterschreibt die JLU ein Kundendienstabkommen mit der Firma ZUSE KG, das dem Leiter der Elektronischen Rechenanlage Prof. Dr. D. Gaier zur Kenntnisnahme zugesand wird.

  • Dem Autor sei gestattet Arbeitsbucheinträge von sich und seinem Kommilitonen Jürgen Kessler aufzuzeigen.

  • Auch die aus heutiger Sicht vergleichsweise einfache Technik macht Fehler und muss immer wieder geprüft und gewartet werden.

  • Am 30.01.1970 ist der letzte Betriebstag im Zeughaus. Nach dem Umzug und einer sorgfältigen Wartung wird der Rechenbetrieb am 09.02.1970 im Strahlenzentrum (erster Stock) fortgesetzt.

Der langjährige Leiter Dr. J. Hammerschick beschreibt die damalige Zeit sehr anschaulich in dem Kapitel Start mit der Zuse Z23 seines Aufsatzes "25 Jahre Datenverarbeitung an der Justus-Liebig-Universität Gießen".

Mit der Inbetriebnahme des Großrechners CD3300 (Mai 1970) geht das Zeitalter "Elektronische Rechenanlage" zu Ende. Rechenzentrum heißt jetzt die neue Einrichtung. Sie ist im Strahlenzentrum (Leihgesterner Weg 217) untergebracht, an dem die ZUSE Z23 noch solange weiterbetrieben wird, bis alle benutzten Kundenprogramme auch auf der CD3300 laufen.


Dieter Wolff / HRZ der JLU / 25.09.2007