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"Grimmer Tod, gib mir noch Zeit". Ein Spiel von Johannes Kolross

Halb Totentanz, halb Jedermann-Spiel, sehr didaktisch, sehr rhetorisch: Die Theatergruppe des Instituts für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen führt eine frühe Moralität aus dem reformierten Basel auf – als Teil eines internationalen Forschungsprojekts.

  • "Grimmer Tod, gib mir noch Zeit". Ein Spiel von Johannes Kolross
  • 2018-07-07T16:00:00+02:00
  • 2018-07-07T18:00:00+02:00
  • Halb Totentanz, halb Jedermann-Spiel, sehr didaktisch, sehr rhetorisch: Die Theatergruppe des Instituts für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen führt eine frühe Moralität aus dem reformierten Basel auf – als Teil eines internationalen Forschungsprojekts.
Wann

07.07.2018 von 16:00 bis 18:00 (Europe/Berlin / UTC200)

Wo

Grünberg, Schloss (ehem. Antoniterkloster)

Name des Kontakts

Telefon des Kontakts

0641/9929080

Teilnehmer

Cora Dietl, Mike Hedrich, Melissa Heerz, Christine Kluge, Sandra Silbach, Maren Störling, Aylin Tongün, Adrian Verscharen

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Das Reformationsjubiläum ist vorbei. Was ist von Luthers Ideen hängengeblieben? Welche Konsequenzen ziehen wir aus der Erinnerung an die Botschaft, dass der Mensch schon erlöst ist und dass der Glaube allein vor der Hölle bewahrt? Diese Frage steht auch am Anfang von Johannes Kolroß‘ Spiel „Von fünferlei Betrachtungen, die den Menschen zur Buße reizen“. Uraufgeführt wurde es im reformierten Basel, kurz nach Ostern 1532. Der Protagonist des Stücks, ein jugendlicher Jedermann, zieht einen einfachen Schluss aus der österlichen Heilsbotschaft und aus der lutherischen Gnadenlehre: Jetzt darf unbeschwert und dauerhaft gefeiert werden. Bald aber wird er vom Tod eines Besseren belehrt. Mitten im Schwung des Festes treffen den Jüngling die Geschosse des Todes. Aus dem amourösen Freudentanz wird rasch ein Totentanz, der ihn im letzten Moment zur Neubesinnung zwingt, was ihm nun wieder den Spott seiner Freunde einträgt. Wer hat denn schon gerne einen frommen Freund?

Das Spiel fragt nach der Angemessenheit eines Lebensstils, wie wir ihn heute als typisch westlich oder typisch europäisch verstehen: Es ist ein Leben in gefühlter Sicherheit und Sorglosigkeit, in dem das Fest, die Zerstreuung und die Freude eine zentrale Rolle einnehmen. Es fragt auch nach der Rolle, die wir dem Tod und den Gedanken ans Jenseits in unserem Leben einräumen wollen. Und als Schulstück fragt es natürlich auch, wie Kinder zu einem „rechten“ Lebenswandel erzogen werden können.

Die Aufführung steht im Kontext eines internationalen Forschungsprojekts zu Moralitäten der Frühen Neuzeit als Formen der Vermittlung europäischer Werte. Eine Gruppe von Forschern aus den Niederlanden, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, der Schweiz, Polen, Litauen, Spanien und Italien will erforschen, welche Rolle dem allegorischen moraldidaktischen Theater in der europäischen Kultur des 16. Jahrhunderts zukam. Es geht nicht zuletzt auch darum, wie diese Stücke, wenn sie unverändert wiederaufgeführt werden, auf ein heutiges Publikum wirken. Das Gießener Publikum muss sich daher auf ein ästhetisch anderes Theater einstellen. Wie wird dieses ankommen? Das will die Theatergruppe mithilfe einer Fragebogenaktion herausfinden. Machen Sie mit!