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Warum unsere Chöre und Musikvereine so gut sind

Neue Erkenntnisse zur Qualität von Laien-Ensembles

Nr. 119 • 25. Juni 2014

Deutschlands Amateurmusikvereine spielen auf hohem Niveau, leistungsstarke Laienchöre verdienen sich bei Wettbewerben Titel wie „Meister- oder „Leistungschor“. Auch Blaskapellen und Musikzüge messen sich jährlich auf Musikfesten mit Wertungsspielen und erreichen zum Teil hervorragende Ergebnisse. Chöre des Verbands Deutscher Konzertchöre singen auf semiprofessionellem Niveau, genauso wie die Orchester des Bundes deutscher Liebhaberorchester. Keine Frage, Amateurmusik ist neben dem Sport eine der größten Freizeitbewegungen Deutschlands. Ungefähr sieben Millionen Menschen beschäftigen sich in ihrer Freizeit aktiv oder fördernd mit Musik – und das offenbar überaus erfolgreich.

Doch wie werden diese Leistungen erreicht? Reicht es, wöchentlich einmal zur Probe zu gehen, vielleicht einmal jährlich an einem Probenwochenende teilzunehmen? Welche Rolle spielt der Dirigent für das Ensemble? Diesen und anderen Fragen ist Erna Naumann in ihrer von Prof. Dr. Claudia Bullerjahn betreuten Masterarbeit am Institut für Musikpädagogik und Musikwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen nachgegangen und hat dazu 140 Dirigenten zu ihrer pädagogischen Praxis befragt.

Wichtigstes Ergebnis: Für die Dirigenten war die positive Motivation ihrer Ensemblemitglieder die wichtigste Dimension ihrer Arbeit. Dazu gehören unter anderem eine freundliche Atmosphäre, eine dem Leistungsstand des Ensembles entsprechende Literatur, die Fähigkeit, die eigene Begeisterung auf die Mitglieder zu übertragen und viel Humor während der Proben.  Außerdem konnte ein Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und den vorgenannten Faktoren festgestellt werden. Je älter die Dirigenten und Chorleiter waren, umso mehr Geduld hatten sie, konnten begeistern und legten Wert auf eine freundliche Arbeitsatmosphäre. Lebenserfahrung spielt hier offensichtlich unabhängig von der fachlichen Ausbildung eine große Rolle.

Dirigenten und Chorleiter im Amateurbereich werden häufig nicht oder nur gering bezahlt, so dass sie von ihrem Einkommen kaum leben können. Meist müssen sie sich nebenbei mit Privatunterricht auf einem Instrument oder bei Musikschulen ihren Lebensunterhalt sichern. Im Zusammenhang mit der Studie konnte auch festgestellt werden, dass eine Förderung der Amateurmusik im Gegensatz zur Sportförderung insbesondere in Hessen nur minimal stattfindet.

Die Studienteilnehmer waren im Schnitt 49 Jahre alt, der älteste Teilnehmer war 80, der jüngste 18 Jahre alt. Dass der Beruf des Dirigenten noch immer männlich besetzt ist, zeigt das Geschlechterverhältnis der Befragten: 71 Prozent waren männlichen, 29 Prozent weiblichen Geschlechts. Zwei Drittel  der Teilnehmer hatten eine Hochschulausbildung absolviert. Der Rest hatte eine Ausbildung über eine Landesmusikakademie, eine kirchliche Ausbildung oder einen Chorverband. Immerhin 15 Prozent der Befragten verfügten über keinerlei Ausbildung.

  • Kontakt

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Professur für Systematische Musikwissenschaft und Musikkulturen der Gegenwart
Karl-Glöckner-Straße 21 D, 35394 Gießen
Telefon: 0641 99-25101

 

 

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041

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Forschung