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„Leben?“ – Neuer Blick der Naturwissenschaften auf die grundlegenden Prinzipien des Lebens

Projekt „Süßes Leben – Zuckersynthese ohne Biosynthese“ von Chemiker Prof. Dr. Peter R. Schreiner wird von der VolkswagenStiftung an der Universität Gießen gefördert

Nr. 20 • 3. Februar 2017

Prof. Dr. Peter R. Schreiner. Foto: Franz Möller
„Was ist Leben?“ Diese Frage stellt sich die Menschheit seit Jahrhunderten. In jüngster Zeit haben sich besonders an der Grenze zwischen Natur- und Lebenswissenschaften Forschungsfelder entwickelt, die vollkommen neue Erkenntnisse zu dieser Frage beisteuern können. So werden beispielsweise in den Bereichen Biophysik, synthetische Biologie oder systemische Chemie artifizielle Systeme entwickelt und untersucht, die nicht mehr eindeutig als lebend oder nicht-lebend klassifiziert werden können. Auch der Gießener Wissenschaftler Prof. Dr. Peter R. Schreiner, Professor für Organische Chemie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), versucht, sich der großen Frage „Was ist Leben“ anzunähern. Umso größer die Freude, dass sein zukunftsweisendes Projekt „Süßes Leben – Zuckersynthese ohne Biosynthese“ jetzt den Zuschlag erhalten hat und von der VolkswagenStiftung mit insgesamt 731.000  Euro über fünf Jahre gefördert wird.

Wie laufen die Elementarschritte der stereoselektiven Synthese einfacher Zucker als Schlüsselmoleküle des Lebens für die Energie- und Informationsspeicherung ab? Auf die Klärung dieser Frage zielt das geförderte Projekt ab. Im Gegensatz zu bestehenden Hypothesen liegt der Fokus dabei auf nichtwässrige Reaktionen, die im Idealfall direkt von der photochemischen Reaktion von CO und H2 zu Kohlenhydraten ausgehen. Des Weiteren wird Prof. Schreiner mit seinem Team untersuchen, ob händische (unsymmetrische), mineralische Oberflächen ihre Stereoinformation auf solch (katalysierte) Prozesse übertragen können. „Da Zucker Bausteine der Erbinformation – DNA und RNA – sind und diese ihrerseits biochemische Strukturen aufbauen, die die Synthese von Zuckern aus Kohlendioxid und Wasser erst ermöglichen, stehen wir hier vor dem Ei-Henne-Paradoxon: Was kam zuerst?“, verdeutlicht Prof. Schreiner die Problemstellung.

Schreiners Arbeitshypothese ist die Bildung von Zuckern aus den einfachsten, vorstellbaren Komponenten, nämlich Formaldehyd-Isomeren, die selbst aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff hervorgehen. Diese einfachen Bausteine sind neben einfachen Zuckern auf Meteroriten – zuletzt auf dem Kometen Churyumov–Gerasimenko im Rahmen der „Rosetta-Mission” – nachgewiesen worden. Da die präbiotische Erde sehr wahrscheinlich zu bestimmten Zeitpunkten auch reich an diesen Bausteinen war, lassen  sich, so die These des Gießener Chemikers, durch einschlägige Experimente in den Laboren des Instituts für Organische Chemie der JLU Versuche aufbauen, die diese frühen Bedingungen nachempfinden. Auf diese Weise lassen sich hoffentlich schon bald hilfreiche Aussagen über den Ursprung eines wichtigen Bausteins des Lebens treffen.

Prof. Schreiner forscht im Bereich der metallfreien Katalyse, der Nanodiamanten und des quantenmechanischen Tunnelns zur Entwicklung und Verbesserung nachhaltiger chemischer Methoden. Er ist Mitglied der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, erhielt mehrere Wissenschaftspreise, darunter die Adolf-von-Baeyer Denkmünze der Gesellschaft Deutscher Chemiker 2017 und die Dirac-Medaille im Jahr 2003. Der in Nürnberg geborene Wissenschaftler wurde nach dem Chemiestudium an der Universität Erlangen-Nürnberg und in den USA sowohl in organischer Chemie (Erlangen, Dr. rer. nat.) als auch in theoretischer Chemie promoviert (Computational Chemistry, USA, University of Georgia, Athens, Doctor of Philosophy).

VolkswagenStiftung


Immer effizienter gelingt es Forscherinnen und Forschern, die Prozesse des Lebens in künstlichen Systemen besser zu verstehen, nachzuahmen und neuartige artifizielle Systeme gemäß den Grundprinzipien des Lebens zu entwickeln. Diesen Ansätzen ist gemeinsam, dass sie die fundamentalen Prinzipien des Lebens besser zu verstehen suchen und damit neue Perspektiven in Ergänzung zu philosophischen Aussagen über das Leben eröffnen. Die Volkswagenstiftung fördert im Rahmen ihrer Ausschreibung „Leben? – Ein neuer Blick der Naturwissenschaften auf die grundlegenden Prinzipien des Lebens“ wissenschaftliche wissenschaftlich spannende und innovative Vorhaben an der Schnittstelle zwischen Natur- und Lebenswissenschaften.

  • Weitere Informationen

www.volkswagenstiftung.de
www.uni-giessen.de/fbz/fb08/Inst/organische-chemie/agschreiner

 

  • Kontakt

; Institut für Organische Chemie
Heinrich-Buff-Ring 17, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-34300

 

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041



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Forschung