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Neuer Therapieansatz für tödliche Kindererkrankung

Auswirkung der Erbkrankheit Aspartylglukosaminurie kann durch kleine Moleküle aufgehoben werden – Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“

Nr. 221 • 23. November 2016

Ein Forscherteam der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) hat eine neue potenzielle Therapie für eine lysosomale Speichererkrankung entwickelt. Der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Ritva Tikkanen (Professur für Biochemie und Molekularbiologie des Fachbereichs Medizin der JLU) und ihrer Mitarbeiterin Dr. Antje Banning ist es gelungen, neue Erkenntnisse über die molekularpathologischen Vorgänge bei der Erkrankung Aspartylglukosaminurie (AGU) zu gewinnen und Substanzen zu identifizieren, die für eine Therapie geeignet sind. Die Ergebnisse haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ (Nature Publishing Group) veröffentlicht.
 
Aspartylglukosaminurie ist eine seltene Erbkrankheit, die zu schwerwiegenden Entwicklungsstörungen im Kindesalter und zu einer verkürzten Lebenserwartung führt. Bei AGU-Patientinnen und Patienten bleiben die Entwicklung der Sprache und der motorischen Fähigkeiten im frühen Kindesalter deutlich zurück. Als Teenager sind AGU-Patientinnen und Patienten bereits schwer geistig behindert und weisen zudem körperliche Behinderungen auf. Die Erkrankung schreitet voran, sodass viele Patientinnen und Patienten bereits vor dem 30. Lebensjahr sterben. Bisher gibt es für diese Erkrankung keine wirksame Therapie.
 
Die Erbkrankheit wird durch Mutationen in dem Gen für das Enzym Aspartylglukosaminidase (AGA) verursacht. Dieses Enzym liegt in besonderen Zellorganellen, den Lysosomen, vor und ist an der Beseitigung von überflüssig gewordenen Eiweißstoffen beteiligt. Fällt die Aktivität des Enzyms AGA aus, häufen sich diese Eiweißstoffe an, führen zur Fehlfunktion des Lysosoms und schließlich zum Tod der Zelle.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe Tikkanen/Banning haben die molekularen Auswirkungen der AGU-Mutationen auf das AGA-Enzym untersucht. Sie konnten zeigen, dass sich die fehlende AGA-Aktivität durch bestimmte kleine Moleküle teilweise wiederherstellen lässt. Es handelt sich dabei um sogenannte pharmakologische Chaperone, die bei durch Mutation veränderten Proteinen die korrekte Faltung ermöglichen. Da sie die Akkumulation der nicht abgebauten Eiweißstoffe aufheben, sind die hier identifizierten Chaperone potenziell wirksam als Therapie einer AGU-Erkrankung. Sie sind bereits für die Behandlung anderer Erkrankungen zugelassen; eine klinische Studie mit AGU-Patientinnen und Patienten ist in Planung.

Die Arbeiten wurden in Kooperation mit Prof. Juha Rouvinen (University of Eastern Finland, Joensuu, Finnland) und Prof. Steven J. Gray (University of North Carolina, USA) durchgeführt.

  • Publikation

Banning A, Gülec C, Rouvinen J, Gray SJ, Tikkanen R. (2016): Identification of Small Molecule Compounds for Pharmacological Chaperone Therapy of Aspartylglucosaminuria. Sci. Rep. 6, 37583; DOI: 10.1038/srep37583

  • Weitere Informationen

www.nature.com/articles/srep37583

  • Kontakt



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Friedrichstraße 24, 35392 Gießen
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Schlagwörter
Forschung