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Multiresistenten Bakterien auf der Spur

Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Gießener RESET-Teilprojekt für weitere drei Jahre

 – Institut für Medizinische Mikrobiologie untersucht die molekulare Epidemiologie von multiresistenten Bakterien

Nr. 226 • 15. November 2013

Krankenhauskeime stellen bekanntlich eine große Gefahr für Menschen mit schwachem Immunsystem dar. Enterobakterien sind zwar einerseits Teil der gesunden Darmflora, andererseits sind Enterobacteriaceae sehr ernst zu nehmende Erreger von Infektionen mit häufig gravierenden Folgen für die Patientinnen und Patienten. Gefährlich wird es vor allem immer dann, wenn Antibiotika nicht mehr helfen, weil die Bakterien Schutzmechanismen gegen die Antibiotika entwickelt haben. Da spielt es keine Rolle, ob die Infektion ambulant oder im Krankenhaus erfolgt ist. Resistente Enterobakterien kommen bei Menschen und Tieren, aber auch in der Umwelt vor. Resistente Bakterien können den Menschen u.a. auch über tierische oder pflanzliche Lebensmittel erreichen. Genau um solche Antibiotika-Resistenzen bei den Enterobakterien – darunter Escherichia (E.) coli und Salmonella (S.) enterica –  geht es im bundesweiten Forschungsverbund RESET. Wissenschaftlerteams aus der Human- und Tiermedizin, der Grundlagen- und der angewandten Forschung sowie der Epidemiologie leisten gemeinsam einen Beitrag zum gesundheitlichen Verbraucherschutz.

Das von der Tierärztlichen Hochschule Hannover koordinierte RESET-Netzwerk arbeitet seit drei Jahren sehr erfolgreich und vielversprechend. Zahlreiche neue Erkenntnisse zur Epidemiologie, Molekulargenetik und Pharmakologie resistenter Bakterien konnten im Rahmen des Forschungsverbundes RESET bereits gewonnen werden, die in ein Konzept zur Risikobewertung einfließen sollen. Eingebunden in den Gesamtverbund sind auch mehrere Institute der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat nun den Antrag zum Fortgang des Gießener RESET II-Teilprojekts „Molekulare Epidemiologie multiresistenter, ESBL-produzierender, Gram-negativer Enterobacteriaceae” des Instituts für Medizinische Mikrobiologie bewilligt und stellt dafür für weitere drei Jahre eine Anschlussfinanzierung von rund 300.000 Euro bereit.

Eine Urkunde hat Dr. Helge Braun, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, am Freitag, 15. November 2013, in Gießen an Prof. Dr. Trinad Chakraborty, Dekan des Fachbereichs Medizin und geschäftsführender Direktor des Zentrums für Medizinische Mikrobiologie und Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), und Dr. Can Imirzalioglu, ebenfalls  Institut für Medizinische Mikrobiologie der JLU, übergeben. 

Staatssekretär Braun hob die Bedeutung Projekts hervor: „Resistente Bakterien verbreiten sich zunehmend und gefährden die Gesundheit. In welchem Umfang allerdings der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung zur Verbreitung der resistenten Bakterien beiträgt, ist bislang unklar. Es fehlt an Informationen und Daten. Deshalb unterstützt das BMBF leistungsfähige Infektionsforschung wie hier in Gießen.  Basierend auf den Ergebnissen des RESET-Forschungsverbundes, an dem Fachleute ganz unterschiedlicher Disziplinen beteiligt sind, soll zukünftig eine Strategie zur verbesserten Kontrolle von resistenten Bakterien in Deutschland entwickelt werden. Damit trägt der Forschungsverbund zur Umsetzung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie der Bundesregierung bei“, sagte Dr. Braun.

Prof. Chakraborty zeigte sich sehr erfreut über die Weiterförderung des Projekts: „Der RESET-Verbund verfolgt den Ansatz „One Health – eine Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt“ und führt Forscherinnen und Forscher verschiedener Disziplinen zusammen, die sich mit resistenten Bakterien aus diesen Quellen befassen. Das Projekt stärkt damit nicht nur den Schwerpunkt „Infektion und Entzündung“ des Fachbereichs Medizin, sondern passt auch hervorragend zum Gesamtkonzept „Lebenswissenschaften“ der Justus-Liebig-Universität“.

Dr. Imirzalioglu berichtete über die laufenden Projektarbeiten. Im Gießener RESET-Teilprojekt wird mit Hilfe neuer Sequenzierungstechniken die molekulare Epidemiologie von multiresistenten Bakterien untersucht. Die Erreger stammen vom Menschen, Tieren sowie aus der Umwelt.  Ziel ist die Identifizierung bzw. Verifizierung der Verbreitungs-Ökologie der ESBL-Resistenz tragenden Bakterien mit Hilfe von  Analysen und Vergleichen der Gesamt-Genom-Information der Erreger.

Extended-Spectrum-Betalaktamasen, kurz ESBL, sind bakterielle Enzyme, die ein großes Spektrum von klinisch bedeutsamen Antibiotika inaktivieren können. Das Vorhandensein solcher Enzyme führt meistens zu einer Multiresistenz gegenüber zahlreichen Antibiotika, was eine angemessene Therapie erschwert. Da die Gene für diese Enzyme zumeist auf mobilen genetischen Elementen – sogenannten Plasmiden –  liegen, können diese Resistenzen leicht von einem Bakterium auf eine anderes übertragen werden. Daher werden innerhalb des Projekts auch die hierfür verantwortlichen Plasmide untersucht.

Zudem erfolgt die Überprüfung des Zusammenhanges zwischen Genom und ESBL-tragenden mobilen Elementen. Die Wissenschaftler wollen den genetischen Hintergrund der molekularen Mechanismen, welche die Übertragung dieser Resistenzen ermöglichen, identifizieren und erforschen. Die Analyse all dieser Daten soll letztendlich dazu führen, genetische Ziele für Impfstoffentwicklungen gegen diese multiresistenten Bakterien zu ermitteln.

Das Institut für Medizinische Mikrobiologie der JLU ist außerdem – gemeinsam mit Partnern in Marburg und Langen – seit 2011 einer von sieben Partnerstandorten des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Der Partnerstandort Gießen/Marburg/Langen wird ebenfalls von Prof. Chakraborty koordiniert. 

  • Das Netzwerk RESET

Das Netzwerk RESET besteht aus zehn Verbundpartnern und fünf assoziierten Partnern aus Human- und Veterinärmedizin sowie Epidemiologie. Die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover koordiniert den Verbund. Weitere Partner sind das Bundesinstitut für Risikobewertung, Freie Universität Berlin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Nutztiergenetik des Friedrich-Loeffler-Instituts, Robert-Koch-Institut, Universität Paderborn, das Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie Fachhochschule Südwestfalen. Von Gießener Seite ist zudem Prof. Dr. Gerd Hamscher, Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie, an dem Netzwerk beteiligt. Zu den assoziierten Partnern in RESET I gehörten auch die Gießener Veterinärmediziner Prof. Dr. Rolf Bauerfeind und Prof. Dr. Dr. habil. Georg Baljer vom Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere.

  • Weitere Informationen

www.reset-verbund.de/
www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb11/institute/klinik/mikrobiologie

  • Kontakt

Prof. Dr. Trinad Chakraborty / Dr. Can Imirzalioglu
Institut für Medizinische Mikrobiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen
Schubertstraße 81, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-41251/81
Fax: 0641 99-41259

 

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041

Schlagwörter
Forschung