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Erbgut eines multiresistenten Bakterienstammes analysiert

Gießener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt an Aufklärung des Acinetobacter-Ausbruchs am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel

Nr. 33 • 19. Februar 2015

Agarplatte zum Nachweis von multiresistenten Erregern, die als farbige Kolonien wachsen. Foto: Judith Schmiedel, Institut für medizinische Mikrobiologie der JLU

Multiresistente Stämme des Bakteriums Acinetobacter baumannii sind hochgefährliche Erreger, die weltweit immer häufiger Krankenhausinfektionen verursachen. Der aktuelle Ausbruch eines multiresistenten Acinetobacter baumannii-Stammes am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel wurde nun mit Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) aufgeklärt. Das Bakterium Acinetobacter baumannii löst Wundinfektionen und Lungenentzündungen aus. Der Kieler Stamm ist gegen die vier relevanten Antibiotikagruppen resistent, was die Behandlung extrem erschwert.

Als Mitglied der Thematic Translational Unit (TTU) HAARBI (Healthcare-associated and Antibiotic-resistant Bacterial Infections) des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) untersuchten und analysierten die HAARBI-Standorte Gießen-Marburg-Langen und Köln das Erbgut mehrerer sequenzierter Kieler Isolate. Dabei ermöglichte eine vom DZIF zusammengestellte Datenbank sequenzierter Acinetobater-Isolate die eingehende Charakterisierung des Genoms der aus Kieler Patientinnen und Patienten isolierten Stämme. Insbesondere die Präsenz von sogenannten mobilen genetischen Elementen wie Plasmiden wurde genauestens untersucht, denn Plasmide sind bereits in vielen Fällen als Träger von Resistenzgenen identifiziert worden.

Außerdem wurde ein Vergleich der Kieler Stämme mit älteren, bereits 2009 bis 2011, in Deutschland und Europa isolierten Stämmen vorgenommen. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachweisen, dass der jetzt in Kiel nachgewiesene Erreger – alle dortigen Infektionen gingen auf einen Stamm zurück – große Ähnlichkeit mit Isolaten aufweist, die schon in Dortmund (2009) und Köln (2010, 2011) zu Ausbrüchen geführt haben.

Der aktuelle Fall illustriert die Bedeutung der in der Thematic Translational Unit HAARBI vorhandenen Strukturen: Nur mit Hilfe der bereits im DZIF vorhandenen Datenbanken war es möglich, den Acinetobacter-Ausbruch in Kiel so gründlich zu analysieren. Die vorhandenen Daten ermöglichen nicht nur eine schnelle Aufklärung eines Ausbruchs, sondern können in Zukunft auch zur Ausbruchsprävention und -vorhersage dienen.

Auch die ausgezeichnete Zusammenarbeit verschiedener Expertinnen und Experten für multiresistente Erreger in Deutschland konnte an diesem Beispiel eindrucksvoll demonstriert werden. Neben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der JLU (Dr. Can Imirzalioglu, Dr. Yancheng Yao, Dr. Moritz Fritzenwanker und Rebecca Auer) und dem Institut für Bioinformatik und Systembiologie der JLU (Prof. Dr. Alexander Goesmann) waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Lehrstuhls für Bioinformatik in Saarbrücken, des Universitätsklinikums Münster, des Nationalen Referenzzentrums für gramnegative Krankenhauserreger, Bochum, sowie der Acinetobacter-Experte Prof. Dr. Harald Seifert vom Universitätsklinikum Köln beteiligt.

„Dieser Acinetobacter-Ausbruch unterstreicht die Notwendigkeit der Expertise in der Aufarbeitung und Eindämmung von Krankenhausinfektionen in Deutschland", betonte Prof. Dr. Trinad Chakraborty, Ko-Koordinator der Forschungseinheit und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie in Gießen. Schnelle und effektive Maßnahmen zur Aufklärung solcher Ausbrüche seien nur durch die Zusammenarbeit von Kliniken, Forschungseinrichtungen und Gesundheitsbehörden möglich.

  • Kontakt


Institut für Medizinische Mikrobiologie der JLU
Schubertstraße 81, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-41251

 

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041

Schlagwörter
Forschung