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Oxidantien: Vom Bösewicht zum wichtigen Zellregulator

In einem neuen DFG-Schwerpunktprogramm wird die regulatorische Funktion von Oxidantien über den Protein-Thiol-Schalter in Zellen erforscht

Nr. 43 • 19. März 2013

Oxidativer Stress wird meist mit der Schädigung von Zellen und der Entstehung verschiedener Krankheiten in Verbindung gebracht. Doch Oxidantien, also reaktive Sauerstoff- oder Stickstoffmoleküle, sind besser als ihr Ruf: Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Oxidantien in Zellen eine wichtige Funktion bei der Regulation von Zellwachstum und Differenzierung spielen. Die Arbeitsgruppe der Medizinerin Prof. Dr. Katja Becker, Professur für Biochemie und Molekularbiologie am Fachbereich 09 – Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), beschäftigt sich schon seit mehr als 20 Jahren mit Redox-aktiven Proteinen. Nun hat sie mit ihrem Projekt „Dynamics of Thiol-based Redox Switches in Cellular Physiology“ ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingeworben.  Stellvertretender Sprecher des Programms ist PD Dr. Tobias Dick vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Von den 61 eingereichten Konzepten hat die DFG 13 bewilligt, darunter das von den Redoxforscherinnen und -forschern koordinierte Schwerpunktprogramm (SPP).

„Bei diesem Projekt handelt es sich um die Erforschung fundamentaler zellulärer Prozesse, die auch von großer Bedeutung sind für biochemische Prozesse in pathogenen Organismen und damit die Bekämpfung von Infektionskrankheiten“, sagt Prof. Becker. „Ich freue mich sehr, dass wir mit dem SPP erfolgreich waren.“ JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee gratuliert herzlich zu diesem großartigen wissenschaftlichen Erfolg: „Dieses Forschungsgebiet hat ein hohes Innovationspotenzial.“

Die DFG stellt für die 13 neuen Schwerpunktprogramme in der ersten Förderperiode von 2014 bis 2016 insgesamt 64 Millionen Euro zur Verfügung. Maximal dauert die Förderung sechs Jahre. Alle Programme sind in hohem Maße interdisziplinär und zeichnen sich durch den Einsatz innovativer Methoden aus. Außerdem hat die Nachwuchsförderung einen hohen Stellenwert: So wird auch die Gießener Postdoktorandin Esther Jortzik aus der Arbeitsgruppe von Prof. Becker einen Antrag auf Förderung im Rahmen des SPP „Dynamics of Thiol-based Redox Switches in Cellular Physiology“ einreichen. Die 13 SPP werden in den kommenden Monaten von der DFG einzeln ausgeschrieben. Die DFG prüft dann die Förderanträge auf ihre wissenschaftliche Qualität und ihren Beitrag zum jeweiligen Hauptthema.

Um als Signalmolekül zu dienen, müssen Oxidantien die Funktion von Proteinen in der Zelle verändern. Dies geschieht zum Beispiel durch sogenannten Protein-Thiol-Schalter, die im Rahmen des SPP näher erforscht werden sollen. Ein Thiol ist eine funktionelle Gruppe eines Proteins, die aus Schwefel und Wasserstoff besteht (-SH) und das Reaktionsverhalten des Proteins maßgeblich bestimmt. Dieses Thiol kann durch Oxidation spezifisch und reversibel modifiziert werden – was auch die Funktion des jeweiligen Proteins verändert. Im Rahmen des SPP möchten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Protein-Thiol-Schalter in der ersten Förderperiode zunächst auf chemischer, biochemischer und zellbiologischer Ebene genau charakterisieren. In der zweiten Förderperiode liegt der Fokus auf der Rolle von Protein-Thiol-Schaltern in verschiedenen physiologischen und pathophysiologischen Konstellationen, die z.B. bei neurodegenerativen und entzündlichen Krankheiten sowie bei Infektionskrankheiten vorliegen. Im Gießener Teil des SPP werden vor allem die Protein-Thiol-Schalter in Malaria-Parasiten untersucht, um langfristig neue Möglichkeiten der Therapie zu eröffnen.

Initiatoren des SPP „Dynamics of Thiol-based Redox Switches in Cellular Physiology“ sind neben Prof. Becker (Sprecherin) und PD Dr. Tobias Dick, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ) (Vize-Sprecher des SPP);  Dr. Marcus Conrad, DZNE & Helmholtz-Zentrum München; Prof. Dr. Johannes Herrmann, Fachbereich Biologie & Zellbiologie der Universität Kaiserslautern; Prof. Dr. Luise Krauth-Siegel, Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg (BZH); Prof. Dr. Christopher Horst Lillig, Medizinische Biochemie und Molekularbiologie, Universität Greifswald und Prof. Dr. Andreas Meyer, Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn.

  • Kontakt

Prof. Dr. Katja Becker
Professur für Biochemie und Molekularbiologie
Interdisziplinäres Forschungszentrum
Heinrich-Buff-Ring 26-32, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-39120

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041

 

Schlagwörter
Forschung