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Kerstin Anne Krüger

Studium der Kunstgeschichte, Kunstpädagogik und Erziehungswissenschaften, 2007 - 2010 Berufseinstieg bei der Leica Camera Frankfurt GmbH

Foto: Kerstin Anne Krüger

Ich bin als Kuratorin für die Galerie der Leica Camera Frankfurt tätig. Berufseinstieg als Praktikantin bei dem Fotofachhändler Rahn AG in Frankfurt im Dezember 2013, Übernahme Anfang 2014. In Kooperation mit der Leica Camera AG in Wetzlar wurde eine neue Firma ins Leben gerufen, die Leica Camera Frankfurt GmbH, bei der ich meine Tätigkeit fortsetzen konnte.


Frau Krüger, Sie haben an der JLU Kunstgeschichte, Kunstpädagogik und Erziehungswissenschaften studiert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?


Das war ein langer Entscheidungsprozess. Ich entdeckte bereits während meiner Abiturzeit mein Faible für Kunst, insbesondere für Fotografie. Mein damaliger Kunstlehrer hat mir von dem Studium der Kunstgeschichte abgeraten, mit der Begründung, dass das jeder machen würde. Ich wollte nicht eine unter Hunderten oder gar Tausenden sein und habe mich daher nach anderen „kreativen“ Studiengängen umgesehen, bin aber letzten Endes doch bei dem Kunstgeschichtsstudium gelandet.

Es war eine phantastische Zeit, die ich nicht missen möchte.

An der JLU wurde zu dieser Zeit das Bachelor-/Mastersystem eingeführt. Verwundert und positiv überrascht war ich dann über die überschaubare Gruppengröße und die familiäre Atmosphäre meines Fachbereichs. Natürlich stellte ich mir die Frage, warum ich das nicht direkt nach dem Abitur versucht hatte. Die Kombination mit Kunstpädagogik lag nahe, da ich mich auch praktisch kreativ austoben wollte. Das Fach der Erziehungswissenschaft im 2.NF wurde aus der Not heraus geboren, da bis zum ersten Tag der Einführungswoche nicht klar war, ob meine Kombination aus zwei Hauptfächern gestattet war. Dem war dann leider nicht so. Die Fächer ergänzen sich prima und überschneiden sich nur, wenn man es darauf anlegt.


Wie hat Ihnen das Studium an der JLU gefallen? Verbinden Sie besondere Erinnerungen mit Ihrer Zeit an der JLU?


Es war eine phantastische Zeit, die ich nicht missen möchte. Unser Jahrgang in der Kunstgeschichte hat sehr gut harmoniert. Da wir alle inkl. der Professoren mit den Neuerungen des Systems kämpften, hat uns das enger zusammengeführt. Ebenso teilten wir den gleichen Enthusiasmus für die Wissenschaft, der in der Schulzeit natürlich fehlt. Die, die bei uns im Hauptfach Kunstgeschichte studierten, waren mit Leib und Seele dabei. Natürlich wurde ein bedeutend großer Teil durch unsere fabelhaften Professoren gestaltet und geprägt, die uns des Öfteren für unsere Motivation und unser Gemeinschaftsgefühl lobten. Die Kunstgeschichte an der JLU ist eine kleine Familie – und das sehe ich definitiv im positiven Sinne!


2008 und 2010 haben Sie Praktika in zwei Auktionshäusern absolviert. Was waren dort Ihre Aufgaben und was konnten Sie aus diesen Tätigkeiten mitnehmen?


Die Unternehmen waren und sind unterschiedlich groß, und ich habe schnell bemerkt, dass ich in kleineren Unternehmen viel schneller Verantwortung erhielt. Zu Anfang lernte ich die täglichen Abläufe kennen und auch diverse Archivierungssysteme, ob nun digitaler oder materieller Natur. Ich konnte bei Einlieferungen diverser Auktionsware dabei sein und lernte dadurch viel über Porzellan, Möbel, Gemälde (moderner und alter Meister), Schmuck, Africa-Kunst und Varia. Ich durfte Katalogbeschreibungen optimieren und korrigieren, ich habe viel in verstaubten Kisten nach längst vergessenen unverkauften Einlieferungen gesucht, damit diese endlich wieder an den Besitzer zurückgingen. Der spannendste Teil war dann natürlich die aktive Teilnahme an einer Auktion, bei der ich dann u.a. für Kunden via Telefon bieten konnte. Bei beiden Praktika wurde viel Eigeninitiative verlangt und natürlich selbstständiges Arbeiten. Wie in jedem Beruf kann man Soft Skills (Teamfähigkeit, Selbstständigkeit, Kommunikationsverhalten, Stressresistenz usw.) ausbauen. Ich wusste danach, dass ich mich im Auktionswesen wohlfühlen könnte. Das war ein tolles Fazit!


Im Anschluss an Ihren Bachelor haben Sie den Master Kunstgeschichte in Bamberg und Mainz studiert. Wieso haben Sie sich für diese Spezialisierung entschieden?


Ich wollte bereits im Bachelor eigentlich nur Kunstgeschichte studieren, was natürlich das Kombinationssystem nicht zulässt. Die Möglichkeit nach dem Bachelor einen Berufseinstieg zu wagen, stand nur kurz zur Debatte und wurde direkt verworfen, als ich von dem Master der Kunstgeschichte in Bamberg hörte. Ich fühlte mich noch nicht arbeitstauglich und war dem Studieren noch nicht müde geworden. Jetzt konnte ich mich endlich in einem Fach weiterbilden, und mich auf Fotografie konzentrieren. Natürlich war ich in Bamberg mit meiner modernen Kunstgeschichtsorientierung nicht unbedingt am richtigen Ort, daher wechselte ich nach einem Semester nach Mainz und fühlte mich dort aufgrund der Seminarangebote sehr gut aufgehoben.


Noch während Ihres Masterstudiums in Mainz haben Sie als Praktikantin in der Leica Galerie gearbeitet und waren dort anschließend Kunsthistorikerin. Wie gestaltete sich der Bewerbungsprozess und der Berufseinstieg?


Kurz und knapp: Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es gehört definitiv immer eine Portion Glück dazu. Da ich mich zuerst für ein längeres Praktikum bewarb, war das recht unkompliziert: Im Netz nach „Galerie, Frankfurt, Fotografie“ gesucht, die Rahn AG/ Leica Galerie Frankfurt gefunden, angerufen, persönlich vorgestellt, Bewerbungsgespräch geführt, Probearbeitstag absolviert und Praktikumsbeginn vereinbart. Kurz vor Weihnachten wusste ich dann, dass ich nach Abschluss meines Praktikums eingestellt werde. Das war natürlich ein schönes Weihnachtsgeschenk! Nach meinem Abitur hatte ich einen weitaus längeren Bewerbungsprozess und ich war froh das nicht nochmal durchmachen zu müssen.


Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Kuratorin aus?


Es gibt keinen Alltag und das ist das Schönste an meinem Job. Und es gibt auch eigentlich keine genaue Berufsbeschreibung für meine Tätigkeit, da ich mich in so vielen Bereichen bewege und quasi alles mache. Meine Kollegin und ich sind vor allem in der Planung der Ausstellungen tätig. Da muss man natürlich einen Fotografen finden, dessen Werk man präsentieren möchte. Im Unterschied zu Museen schauen wir dabei sehr genau darauf, welche Fotografien verkäuflich sind. Wenn man nun aber Archive von Fotografen durchforstet hat und alles mit dem Fotografen geklärt ist, dann legen wir erst richtig los: Datenpflege in unser digitales Archivierungssystem, Preise festlegen, Passepartouts schneiden und ggf. Fotografien drucken und entwickeln lassen, Fotografien rahmen, Hängung überlegen und dann tatsächlich hängen, Galerielicht ausrichten, Ausstellungsflyer gestalten und Einladungen verschicken, Vernissage organisieren. Daneben werden noch besondere Events geplant, wie Workshops und Bücher-Signierstunden. Zusätzlich bin ich für die Bestückung unseres Literaturbereichs zuständig, für Buchhaltung und Materialbeschaffungen aller Art und tlw. für die Pflege unserer Homepages sowie unserer Facebook-Seite. Natürlich berate ich unsere Kunden auch bei Kaufinteresse und recherchiere gerne mal wie in guten alten Unizeiten ewig nach Fotografien im Internet. Wenn Not am Mann ist, dann verkaufe ich auch Leica-Kameras. Wir versuchen ständig uns neu zu erfinden und unseren Store zu optimieren, und daher bekomme ich jeden Tag neue Aufgaben. Fragt mich also nicht nach Langeweile, denn die gibt es bei uns einfach nicht!


Würden Sie Ihre Tätigkeit als die klassische Arbeit einer Kunsthistorikerin bezeichnen oder sind KunsthistorikerInnen auch in anderen Berufsfeldern zuhause?


Vermutlich stellt man sich im klassischen Sinne eher einen Historiker vor, der in einem bestimmten Bereich forscht. Meine Kommilitonen sind teilweise an der Uni geblieben und promovieren und/oder arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter. Der Einzelhandel und meine kaufmännische Tätigkeit zählen definitiv nicht zu den klassischen Arbeitsfeldern eines Kunsthistorikers. Die Fotografie hat eine vergleichsweise recht junge Historie und ist bei vielen Kunsthistorikern noch nicht anerkannt.


Wenn Sie auf Ihre bisherigen Erfahrungen zurückblicken, haben Sie Tipps an Studierende der Kunstgeschichte?


Ich kann jedem empfehlen soviel Wissen wie möglich mitzunehmen, sei es durch Vorlesungen, Seminare, Exkursionen, oder Sprachkurse.

Nehmt soviel Wissen wie möglich mit, sei es durch Vorlesungen, Seminare, Exkursionen und Sprachkurse!

Aber Natürlich soll man auch das Studentenleben auskosten (jeder Studierende wird wissen, worauf ich anspiele), aber dennoch das Ziel nicht aus den Augen verlieren! Ebenso würde ich jedem empfehlen in den Semesterferien Praktika zu absolvieren oder vielleicht sogar ein Auslandssemester zu machen. Das sind Erfahrungen, die man in jedem Berufsfeld gut gebrauchen kann.

 

Wir bedanken uns für das Gespräch!

(Das Interview wurde im Juli 2017 geführt)