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Das UN-Menschenrechtsregime zwischen Anspruch und Wirklichkeit am Beispiel der Kurd:innen (Yasemin Altintop)

Betreuer: Prof. Dr. Helmut Breitmeier

Seit: 2022

Das 21. Jahrhundert ist geprägt von einer Vielzahl an völkerrechtlichen Verträgen, die nicht nur die Grundlage für die internationale Zusammenarbeit schaffen, sondern auch Frieden und Sicherheit herstellen sollen. Während sich auf der supranationalen Ebene ein umfassendes Menschenrechtsregime etabliert hat, werden Menschenrechte trotz ihrer vertraglichen Ratifizierung weltweit verletzt. Die Anzahl von Kriegen stieg im Jahr 2020 gar von 15 auf 21. Menschenrechtsverletzungen sind Teil dieser Konflikte und verschärfen sie; oftmals geht es um Menschenrechtsverletzungen von Minderheiten. Obgleich auf supranationaler Ebene ein Verständnis für Konfliktdynamiken, sowie der Bedeutung der Einhaltung von Minderheitenrechten in der Konfliktbeilegung besteht, entstehen zunehmend neue gewaltsame Konflikte, die Minderheiten betreffen.

Das kumulative Dissertationsprojekt behandelt die Bedeutung des UN-Menschenrechtsregimes für die Verwirklichung der Rechte der kurdischen Bevölkerung. Einen besonderen Kontext bildet dabei die mit dem Syrien-Konflikt entstandene Situation der Kurd:innen in der Region. Die Kurd:innen, als größte Volksgruppe ohne eigenen Staat, leben heute verteilt in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran. Jahrzehntelange Repressionen (wie die Kriminalisierung der kurdischen Sprache und Kultur, politische, soziale und wirtschaftliche Exklusion) führten zur Bildung von Widerstandsbewegungen und bis heute andauernden bewaffneten Konflikten. Zuletzt gerieten kurdische Forderungen in den politischen und medialen Fokus durch den Syrienkrieg; hier gelang es der Partei der Demokratischen Union (PYD) und den Volksverteidigungseinheiten (YPG/YPJ), das durch den Kriegsausbruch entstandene Machtvakuum im Norden Syriens für sich zu nutzen und Autonomie auszurufen. Die kurdische Bewegung in Syrien entwickelte sich somit schnell zu einem zentralen regionalen Akteur. Dennoch werden relevante kurdische Akteure bis heute nicht in Friedensverhandlungen einbezogen. Neben fallspezifischen Analysen, behandelt das Projekt eben diese Widersprüchlichkeiten, die sich in der Divergenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit äußern. Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes sind zunächst theoretische Überlegungen darüber, inwiefern das Menschenrechtsregime überhaupt zur Einhaltung von Rechten und der Entwicklung sowie Wahrung von Identitäten beitragen kann. Neben der Untersuchung von Grenzen und Möglichkeiten beleuchtet das Projekt auch kritisch die Bedeutung der kurdischen Frage für das UN-Menschenrechtsregime selbst. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird auf Methoden der rekonstruktiven Sozialforschung zurückgegriffen.