Berichte zur Vortragsreihe
Bioethische Fragen und Muslime-Neue Herausforderung für die islamische Religionspädagogik
Am 1. November 2012 lud die Professur für islamische Theologie und ihre Didaktik der JLU Gießen zum Vortrag "Bioethische Fragen und Muslime-Neue Herausforderrungen für die islamische Religionspädagogik", vorgetragen von Herrn Dr. (TR), Dr. IIhan IIkilic M.A. von dem deutschen Ethikrat und dem Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin von der Universität Mainz, ein. Ethische Fragen wurden anhand von Fallbeispielen mit den Studierenden besprochen. Weiterhin wurde über Lebensbeginn, Lebensende, Organtransplantationen, Hirntod und Organspende in Bezugnahme auf die religiösen und ethischen Vorstellungen der Muslime in Deutschland gesprochen. Es wurde dargestellt, welche Fragen bzgl. des Themas von Schülerinnen und Schülern im Religionsunterricht auftauen könnten und mit wie viel Fingerspitzengefühl die Lehrkraft an diese Fragen heran gehen sollte.
Die Entwicklung des islamischen Religionsunterricht in den Niederlanden
Am 29. November 2012 lud die Professur für islamische Theologie und ihre Didaktik der JLU Gießen zum Vortrag "Die Entwicklung des islamischen Religionsunterricht in der Niederlande", vorgetragen von Herrn Dr. H. Johan Meuleman von der Inholland University of Applied Sciences (Niederlande) ein. Es wurde erläutert, wie das Fach "islamische Religion" entstanden und wie dieses im Schulgesetzt der Niederlande verankert ist. Durch die Initiative von Eltern wurde der islamische Religionsunterricht schon 1980 in die niederländischen Schulen geholt. In den Niederlanden gibt es zwei verschiedene Arten von Schulen, einmal die öffentlichen und die privaten Schulen, die letzteren haben häufig einen religiösen Hintergrund. Sowohl öffentliche als auch private Schulen werden vom Staat finanziert und beaufsichtigt. Weiterhin wurde über die Religionslehrerausbildung sowie über die Ausbildung von Seelsorgern referiert. In den Niederlanden ist es möglich an verschiedenen Universitäten sowie an Hochschulen islamische Religion zu studieren.
The Contribution of Religious Education to Social and Community Cohesion: Examining the Case of Islamic Education in Secular Multicultural European Societies
Prof. Dr. Abdullah Sahin
Am 24. Januar 2013 lud die Professur für islamische Theologie und ihre Didaktik der JLU Gießen zum Vortrag "The Contribution of Religious Education to Social and Community Cohesion: Examining The Case of Islamic Education in Secular Multicultural European Societies", referiert von Prof. Dr. Abdullah Sahin vom Markfield Institute of Higher Education aus England ein.
In seinem Vortrag berichtete Prof. Sahin zunächst von seinen Erfahrungen mit dem Fach "Islamische Religion" und wie dieses in England aufgebaut und organisiert ist. Anschließend ging er näher darauf ein, wie der Begriff „islamische Bildung“ in unterschiedlichen gesellschaftlichen und nationalstaatlichen Kontexten verstanden und interpretiert wird. In England zum Beispiel gebe es nur ein Konzept für den islamischen Religionsunterricht und den der anderen Religionen gemeinsam. Als "multi faith religion education" wird nur ein Religionsunterricht für alle Konfessionen erteilt. Prof. Dr. Sahin vertritt die Ansicht, dass jeder Mensch etwas von den heiligen Büchern lernen kann, ohne zwangsläufig an sie glauben zu müssen. Der Klassenraum sei ein neutraler Ort, wo den Schülerinnen und Schülern die Grundkenntnisse über die verschiedenen Religionen vermittelt werden. Nicht die Schule, sondern die Eltern sollten die Kinder in die Ausübung des Glaubens einführen. Anschließend stellte Prof. Sahin Überlegungen zur theologischen Verankerung islamischer Bildung an und kam zu dem Schluss, dass die zeitgenössische Ausbildung durch einen Rückgriff auf die theologischen Ursprünge des Islams profitieren könnte.
Im Anschluss daran wurde im Plenum über muslimische Subjektivität und Religiosität diskutiert, und darüber, welche Rolle islamischer Religionsunterricht bei der Ausformung einer religiösen Identität spielen könnte.
Workshop: "Anthropologische Grundlagen und Prinzipien der islamischen Bildung"
Am 25. Januar 2013 veranstaltete die Professur für islamische Theologie und ihre Didaktik der JLU Gießen einen Workshop zum Thema: "Anthropologische Grundlagen und Prinzipien der islamischen Bildung", bei dem renommierte Referenten aus Deutschland, England und Österreich Vorträge hielten und inhaltliche Fragen der islamischen Religionspädagogik diskutierten.
Dr. Yasar Sarikaya begrüßte als Veranstalter alle Teilnehmer des Workshops mit der Vorstellung der Referenten und des Programms. Zu Beginn stellte er verschiedene Fragen an die Religionspädagogik der Gegenwart: Was für ein Mensch wird erzogen? Wie ist die Mensch-Gott-Beziehung im Koran dargelegt? Welche Gottesvorstellung soll im Unterricht vermittelt werden? Diese Fragen müssen nach der Meinung von Dr. Sarikaya jetzt von der Religionspädagogik diskutiert und beantwortet werden.
Den ersten Vortrag hielt Dr. Sarikaya mit dem Thema: "Entwicklung zu einer mündigen Identität als Prinzip der islamischen Religionspädagogik". Sich berufend auf die Definition der pädagogischen Mündigkeit von Prof. Dr. Klaus Roth leitete Sarikaya drei Prinzipien für die islamische Religionspädagogik ab: 1.) reflexives Denken, 2.) kritische Hinterfragung, 3.) Entscheidungs- und Handlungsfreiheit. Anhand dieser Kriterien wurde diskutiert, wie es im islamischen Religionsunterricht mit der Mündigkeit bestellt ist, wie das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung im Koran bestimmt ist und ob der Mensch Willens- und Handlungsfreiheit gegenüber Gott besitzt. Zum Schluss betonte Dr. Sarikaya, dass die Voraussetzungen für eine Entwicklung einer mündigen muslimischen Identität vom Koran gegeben sind.
Anschließend hielt Prof. Dr. Abdullah Sahin einen Vortrag über das Thema: "Islam and Autonomy". Es wurde dargelegt, dass die Erziehung im Islam verschieden definiert wird und dass es verschiedene Konzepte für die Erziehung und Bildung von Kindern gibt. Er kritisierte, dass Schülerinnen und Schüler im traditionellen islamischen Religionsunterricht viel zu oft ihre Religion nur auswendig lernen müssten, ohne den Sinn und Zweck dahinter zu verstehen und zu reflektieren. Er betonte, dass der Koran so angelegt ist, dass vermeintliche Fakten hinterfragt und seine Inhalte reflektiert werden müssten. Erziehung sei ein dynamischer Prozess, durch dessen Reflexion eine eigene Meinung entstehe.
Im Anschluss stellte Dr. Adem Aygün die Ergebnisse seiner Dissertation "Glaubensentwicklung im Hinblick auf den islamischen Kontext" vor, in welcher er die Religiosität von Jugendlichen aus Deutschland und der Türkei untersucht und einen kulturellen Vergleich erstellt hatte.
Den letzten Vortrag des Workshops hielt Elif Medeni von der Universität Wien mit dem Titel: "Problematischer Aufriss islamischer Erziehung und Bildung". Sie erläuterte die Problemfelder und Herausforderungen einer islamischen Erziehung und Bildung. Hierzu zählen nach Medeni die epistemologische Aufarbeitung, etymologische Präzisierung und Abgrenzung, Anknüpfungs- und Diskursfähigkeit, anthropologische Prämissen und disziplinäre Positionierung. In einer anschließenden Diskussion wurde darüber diskutiert, was der Begriff „islamische Bildung“ in einer säkularen Gesellschaft bedeuten kann und wie der islamische Religionsunterricht zu konzipieren sei.
Alle Referenten und Teilnehmer des Workshops waren sich am Ende des Workshops darüber einig, dass anthropologische Fragen und Prinzipien der islamischen Bildung noch viel intensiver und ausführlicher diskutiert werden müssen.