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Die Telefonzelle

Telefonieren ist Privatsache oder doch nicht? Mit der Erfindung der Telefonzelle sollten Privatgespräche ermöglicht werden. Heute hat sich der Gebrauch von Telefonzellen teils drastisch geändert. Sie dienen als Bücherregale oder gar als Handyaufladestationen.

Entstehung der Telefonzelle

Die Notwendigkeit zur Bereitstellung öffentlicher Fernsprecher ergab sich mit dem Aufkommen der Telefonie, da die zunächst begrenzte Anzahl von Leitungen einem möglichst großen Personenkreis zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Telefone sollten zwar öffentlich für alle zugänglich, die Telefonate jedoch vor unerwünschten Mithörenden und dem Lärm der Straße geschützt werden. Die Telefone wurden deshalb in einem geschlossenen, wenn gleich von drei Seiten einsehbaren Häuschen angebracht. Damit ergab sich die paradoxe Situation, dass mit dem Eintreten und Schließen der Tür ein privater Hörraum errichtet und die Öffentlichkeit akustisch ausgeschlossen werden konnte. Der Akt der privaten Kommunikation vollzog sich jedoch unter öffentlicher Beobachtung durch Passanten, vor allem aber durch diejenigen, die vor der Telefonzelle warten, weil sie selbst den Anspruch auf deren temporäre Besitznahme erheben.

Telefonzellen heute

Mit der Mobilisierung der Telekommunikation durch Handy und insbesondere Smartphone (Voice over IP Applikationen) hat die Telefonzelle an Bedeutung verloren. Ihre Zahl hat sich inzwischen stark reduziert. Die Telekom bietet die ausrangierten Häuschen mittlerweile zum Verkauf an und nicht nur in Deutschland wächst die Zahl der alternativen Nutzungsideen. So haben in London zwei Studierende (BA Geographie) der London School of Economics and Political Science 2014 einen Preis mit der Idee gewonnen, die dortigen klassischen roten Telefonzellen mittels Solartechnologie in kostenlose solarbetriebene Aufladestationen für mobile Endgeräte umzurüsten[1].

Blue boxing - Das kaputte Telefon oder „hacking“ im analogen Zeitalter

„Blue boxing“ bezeichnet in der Hackerszene Verfahren der illegalen Manipulation von Telefonleitungen, die kostenloses, auch internationales Telefonieren ermöglichen. Da bei der älteren Vermittlungstechnik die Steuersignale der Telefonanlagen über den Sprachkanal des Telefons übertragen wurden, konnten diese von selbsternannten „Phone Freaks“ simuliert werden. Bekannt ist, dass in den USA solche „blue boxes“ gebaut wurden. Mit ihnen ließen sich Töne erzeugen, die den Steuersignalen der Vermittlungsstellen entsprachen. Die „little blue box does nothing less than place the entire telephone system of the world, satellites, cables and all, at the service of the blue-box operator, free of charge“ (Rosenbaum 1971: 117[2]). Der Hertzton 2600 war das Geräusch, welches in den Telefonleitungen entstand, wenn ein Ferngespräch vermittelt wurde. Einmal auf diese Weise „freigeschaltet“, konnte die bestehende Fernverbindung dann auch von anderen Personen für weitere kostenfreie Telefonate genutzt werden, die keine blue box besaßen (deren Besitz und Nutzung ja strafbar war) und womöglich auch keine Ahnung von dieser Phreaking-Technik hatten, für die also das Telefon einfach kaputt war.

Literatur:

Lapsley, Phil (2013): Exploding the Phone. The Untold Story of the Teenagers and Outlaws who hacked Ma Bell. Grove/Atlantic Press

Flessner, Bernd (2007): Vom Pavillon zum Basistelefon. Eine kurze Geschichte des Telefonhäuschens. In: Das Archiv. Magazin für Post- und Telekommunikationsgeschichte, 1/2007, S. 12-19.

[1] (http://www.lse.ac.uk/newsAndMedia/aroundLSE/archives/2014/solarbox.aspx) [15.01.2015]

[2] Rosenbaum, Ron (1971): Secrets of the Little Blue Box. Esquire. The Magazine for Men, October 1971; Auf der Internetseite „The History of Phone Phreaking“ (www. historyofphonephreaking.org) [15.01.2015] wird mit dem Artikel von Ron Rosenbaum die öffentliche Verbreitung des „blue boxing“ in den USA assoziiert.