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Im Sommersemester 2019 haben wir gemeinsam mit Studierenden in einem Seminar zum Thema "Provenienzforschung in wissenschaftlichen Sammlungen, Museen und Archiven" Informationen zum Thema Provenienz für die Sammlungsverantwortlichen der JLU zusammengestellt. Seither wird das Dokument regelmäßig aktualisiert.
Die Handreichung, die einen ersten Einstieg in die Thematik ermöglichen soll, kann hier als PDF heruntergeladen werden.
Prof. Dr. Cornelia Weber & Dr. Alissa Theiß
Aktuelles Thema: Provenienzforschung, Seminar an der JLU
Aktuelles Thema: Provenienzforschung, Seminar an der JLU
In vielen Sammlungen, Bibliotheken und Museen gibt es Objekte, von denen nicht bekannt ist, woher sie stammen oder wie sie Teil des Bestandes wurden. Dass sich unter diesen Objekten auch solche zweifelhafter Herkunft befinden können, ist bekannt. Dennoch hat die Provenienzforschung erst durch die Gründung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste in Magdeburg im Jahr 2015 richtig Fahrt aufgenommen.
Das Zentrum für Kulturgutverluste stellt Mittel zur Provenienzforschung zur Verfügung (bis Februar 2019 wurden knapp 300 Projekte mit insgesamt 24,5 Mio. Euro gefördert). Sämtliche Kulturgutverluste sind als Such- und Fundmeldungen in der Datenbank „ Lost Art “ dokumentiert. Dabei lag der Fokus zunächst auf NS-Raubgut, also Kulturgut aus jüdischem Besitz, das im Nationalsozialismus entzogenen wurde, sowie auf Kulturgutverlusten aus der Zeit der sowjetischen Besatzung und der DDR. Im April 2018 ist als ein weiterer Schwerpunkt Kulturgut aus kolonialen Kontexten hinzugekommen.
Was es bei Provenienzforschung zu beachten gilt, ist Thema eines Blockseminars, das unter der Leitung von Prof. Dr. Cornelia Weber (von 2012-2019 Leiterin der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland ) im Sommersemester 2019 an der JLU stattfindet. Im Seminar lernen die Studierenden, welche Methoden es gibt, um beurteilen zu können, ob Objekte aus Unrechtskontexten stammen – dazu zählen auch Präparate menschlicher Herkunft, außereuropäische und antike Kulturgüter sowie illegal importierte naturhistorische Objekte. Diskutiert wird zudem die Frage nach der historischen Verantwortung von wissenschaftlichen Sammlungen, Museen, Bibliotheken und Archiven und wie diese der Öffentlichkeit vermittelt werden kann.
Im April 2019 fand zu diesem Thema eine Podiumsdiskussion im Landesmuseum in Mainz statt. Bereits im letzten Jahr erschien der Sammelband „Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen“, der von Anna-Maria Brandstetter und Vera Hierholzer herausgegeben wurde. Der Verlag stellt den Band als open source zur Verfügung: https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/downloads/openAccess/OA_978-3-8471-0808-5.pdf
Die Universitätsbibliothek der JLU hat ihre Bestände schon vor einigen Jahren systematisch auf NS-Raubgut erforscht. Die Ergebnisse wurden der Öffentlichkeit in einer Ausstellung präsentiert, die von September 2012 bis Februar 2013 im Ausstellungsraum der UB zu sehen war. Alle als Raubgut identifizierten Bücher sind im Online-Katalog und in der Datenbank "Lost Art" aufgeführt. Die Publikation zu den Forschungsergebnissen ist als PDF open source verfügbar: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2014/10992/pdf/NSRaubgut_2014.pdf
Die Dokumentation umfasst Abstracts der Vorträge, Berichte aus den Workshops, die Poster des Posterslams und den Tagungsbericht.
Zum 10. Mal fand im Herbst 2018 die deutschlandweite Sammlungstagung statt, die jährlich von wechselnden Universitäten in Kooperation mit der Gesellschaft für Universitätssammlungen und gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgerichtet wird. Gastgeberin war die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zu den rund 150 Teilnehmer*innen gehörten v.a. Sammlungsverantwortliche von universitären Sammlungen, Vertreter*innen zentraler Koordinierungsstellen und Kustodien sowie objektbezogen arbeitende Wissenschaftler*innen an Universitäten und Museen aus dem In- und Ausland. Die Sammlungstagungen sind wichtige Foren des Austauschs zur Lehre und Forschung mit Objekten in Theorie und Praxis, aber auch zu praktischen Fragen der Sammlungsarbeit und zur perspektivischen Entwicklung der Universitätssammlungen.
Im Zentrum der Tagung stand die elementare Eigenschaft universitärer Sammlungen, Knotenpunkte ausgedehnter Beziehungsnetze sein zu können. Ziel war es, auszuloten, welches Potential sich daraus für Kooperationen mit inner- und außeruniversitären Partnern, auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene ergeben können. Welche Motivation, Zielsetzung und Bedeutung hat die Aktivierung von Netzwerken rund um die Objekte? Wie wirkt sich die konkrete Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partner*innen auf objektbezogene Erkenntnisprozesse aus, wie auf die Weiterentwicklung von Sammlungen, auf die Sammlungstätigkeit und das Selbstverständnis des eigenen Arbeitsfeldes? Welche neuen Perspektiven auf die Objekte ergeben sich? Das waren zentrale Fragen, die das dichte Programm aus Podiumsdiskussion, Vorträgen, Workshops, Poster-Präsentationen und Führungen durch die Sammlungen vor Ort durchzogen.
Die Dokumentation der Mainzer Sammlungstagung beinhaltet Kurzfassungen der Vorträge, Berichte aus den Workshops und die Poster des Posterslams sowie den Tagungsbericht. Der Band ist jetzt auf dem Publikationsserver der Johannes Gutenberg-Universität Mainz abrufbar:
https://publications.UB.Uni-Mainz.DE/opus/frontdoor.php?source_opus=59119
URN: urn:nbn:de:hebis:77-publ-591191
Quellen:
TAGUNGSBERICHT von Kirsten Vincenz und Antje Zare, Erschienen in: H-Soz-Kult, 20.03.2019.
www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-8184 .
Vera Hierholzer (Hg.), Knotenpunkte. Universitätssammlungen und ihre Netzwerke. 10. Sammlungstagung, 7. Jahrestagung der Gesellschaft für Universitätssammlungen e. V. 13.–15. September 2018an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Mainz 2019).
Handreichung für einen Einstieg in die Provenienzforschung