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Bericht zur Auftaktveranstaltung »Sustainability and the English as a Foreign Language Classroom«

Wie Sprache die Zukunft gestaltet

Studentisches E-Magazin bringt den globalen Nachhaltigkeitsdiskurs in den lokalen Englischunterricht

Umweltschutz, Klimawandel und soziale Gerechtigkeit sind Themen, die Schülerinnen und Schüler bewegen und alle an der Schulgemeinschaft beteiligten Personen betreffen. Gerade für den Englischunterricht ergeben sich daraus Chancen und Herausforderungen, die es sachkundig anzugehen gilt. Ein digitales Magazin mit Unterrichtsvorschlägen, das die Professur für Didaktik der englischen Literaturen und Kulturen an der Justus-Liebig-Universität Anfang November vorgestellt hat, soll hierfür als Ressource dienen.

Projektauftakt an der Justus-Liebig-Universität: Nachhaltigkeit im Englischunterricht verankern

Rund 70 Interessierte, darunter zahlreiche Schülerinnen und Schüler aus Gießener Schulen, folgten Anfang November der Einladung der Professur für Didaktik der englischen Literaturen und Kulturen in das GCSC-Gebäude der Justus-Liebig-Universität. Anlass war der Auftakt zum Projekt »Sustainability and the English as a Foreign Language Classroom«, das derzeit am Institut für Anglistik unter der Leitung von Prof. Dr. Ivo Steininger vorbereitet wird. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, wie Nachhaltigkeitsthemen im Englischunterricht verankert und didaktisch sinnvoll umgesetzt werden können.

Der Englischunterricht als unterschätzter »experienced player«

Prof. Dr. Bärbel Diehr / Foto: Jennifer Ehrhardt
In vielen Ländern habe Bildung für nachhaltige Entwicklung als Querschnittsaufgabe an Akzeptanz gewonnen, erklärte Prof. (i.R.) Dr. Bärbel Diehr (Didaktik des Englischen, Bergische Universität Wuppertal) in ihrem einleitenden Vortrag. Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen seien inzwischen zur zentralen Leitlinie der Bildungspolitik geworden und hätten Eingang in die Lehrpläne der Bundesländer gefunden. Dennoch, so beklagte die Professorin, werde dem Fach Englisch allenfalls eine »Zubringerfunktion« zugeschrieben, während Fächer wie Geografie nach wie vor als tragende Säule angesehen würden. Diese »Marginalisierung« des Faches Englisch verwundere jedoch, bemerkte Diehr, da der Englischunterricht seit Jahren ein »experienced player« für nachhaltigkeitsaffine Themen wie Globalisierung, Migration oder politischer und technischer Wandel sei.

»Nachhaltigkeit erfordert globale Handlungsfähigkeit, und diese kann nur durch kritische Diskursfähigkeit in der am weitesten verbreiteten Sprache der Welt – Englisch – erreicht werden«, führte sie aus. Neben der hohen Bedeutung des sprachlichen Lernens und der kritischen Sprachreflexion, die gerade in Zeiten von Desinformation und Fake News unverzichtbar sei, komme insbesondere englischsprachigen literarischen Werken zu nachhaltigkeitsrelevanten Themen eine wichtige Rolle zu. Diese förderten Empathie, indem sie Einblicke in die persönlichen Geschichten der Menschen hinter den bloßen Zahlen und Fakten geben und damit neue Wahrnehmungs-, Denk- und Empfindungsweisen anregen. Der Englischunterricht könne somit wie kaum ein anderes Fach durch die Vermittlung sprachlicher, medialer, literarischer und kultureller Kompetenzen einen entscheidenden Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten. Bislang fehle es jedoch an fachdidaktischen Konzepten und Materialien, um diese Potenziale voll auszuschöpfen, hob Prof. Diehr hervor und unterstrich damit die Bedeutung des Gießener Vorhabens.

Ein digitales Magazin für nachhaltigen Englischunterricht

Prof. Dr. Ivo Steininger / Foto: Jennifer Ehrhardt
Genau hier setzt nämlich das Projekt »Sustainability and the English as a Foreign Language Classroom« an, das derzeit am Lehrstuhl für Didaktik der englischsprachigen Literaturen und Kulturen von Prof. Dr. Ivo Steininger und seinem Team umgesetzt wird. Finanziell unterstützt durch den Förderfonds Nachhaltigkeit der JLU Gießen, entsteht dort der digitale Newsletter »JLU TEFL-News – Putting Theory into Practice«, der Unterrichtsentwürfe zu nachhaltigkeitsorientierten Themen präsentiert, die von Lehramtsstudierenden in englischdidaktischen Lehrveranstaltungen erarbeitet und anschließend redaktionell bearbeitet wurden. In Form eines E-Magazins werden Ziele, Unterrichtsphasen und Aufgaben grafisch dargestellt und Arbeitsmaterialien kostenlos zur Verfügung gestellt, damit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren die Konzepte in die Praxis tragen können.

So enthält die erste Ausgabe, die Prof. Steininger bei der Auftaktveranstaltung vorstellte und die ab Dezember 2024 auf der Website des Lehrstuhls abrufbar sein wird, eine Vielzahl von Unterrichtsvorschlägen und Materialien für verschiedene Jahrgangsstufen. Thematisiert werden unter anderem der Umgang mit Klimaleugnung, Klimaproteste, nachhaltiges Verhalten im Schulalltag und lokale Auswirkungen des Klimawandels sowie literarisches Lernen durch climate fiction.

Junge Menschen als »critical agents of change«

Die lebhafte Diskussion im Anschluss an den Impulsvortrag zeigte, von welch großem Interesse diese hochaktuellen Themen auch für Jugendliche sind. Dass es durchaus einen Unterschied macht, ob von »Klimawandel« oder »Klimakatastrophe« oder von »Junk Food« statt »Fast Food« die Rede ist, wurde ebenso diskutiert wie die zentrale Frage »Was geht mich das an?«. In diesem Zusammenhang forderte eine Schülerin mehr Raum für eigene kreative Ansätze und Lösungsvorschläge zu Nachhaltigkeitsthemen im Englischunterricht. »Fragt uns öfter: Was denkt ihr?«, ermutigte sie die ebenfalls anwesenden, zum Teil noch angehenden Lehrkräfte. Prof. Diehr wandte sich abschließend zuversichtlich an die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer: »Wenn ihr alle critical agents of change seid, dann wird es uns in Zukunft gut gehen.«