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Kartelle: Geschädigte Verbraucher, bemühte Unternehmen

Studie der Universität Gießen zeigt, dass Unternehmen ihre Maßnahmen zur Kartellrechts-Compliance noch wirkungsvoller gestalten könnten.


Illegale Preisabsprachen schädigen die Abnehmer und setzen die beteiligten Unternehmen dem Risiko hoher Bußgelder und Schadensersatzzahlungen aus. Die an der JLU tätigen Volkswirte Prof. Dr. Georg Götz, Dr. Johannes Paha und Daniel Herold, M.Sc. zeigen in einer aktuellen Studie, dass die Unternehmen die Ursachen solcher Kartelle vor allem in der Rechtsunkenntnis ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen. Zu der Studie wurden 90 große Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowohl zur Ausgestaltung als auch zur Wirksamkeit der von ihnen durchgeführten Compliance-Maßnahmen befragt.

Nahezu wöchentlich berichten die Medien über die Entdeckung illegaler Preisabsprachen zu Lasten der Abnehmerinnen und Abnehmer. Bußgelder in Höhe von beispielsweise 338 Millionen Euro für Wurst, 380 Millionen Euro für Zement und 160 Millionen Euro für Kaffee können auch für die kartellrechtswidrig handelnden Unternehmen eine enorme Belastung darstellen und bis zur Zahlungsunfähigkeit führen. Hinzu kommen Klagen auf Schadensersatz in einer ähnlichen Größenordnung wie die Höhe der Bußgelder. Auch die Verfahrenskosten können leicht mehrere Millionen Euro betragen. Schwer zu beziffern aber nicht minder bedeutend sind die Kosten, die sich aus der Störung des Betriebsablaufs und dem Umstand ergeben, dass während des Rechtsstreits auch die Unternehmensleitung nur eingeschränkt ihren Leitungsaufgaben nachkommen kann, weil sie mit dem Verfahren befasst ist.

Aufgrund dieser Kosten investieren vor allem große Unternehmen und ehemalige Kartellsünder verstärkt in sogenannte kartellrechtliche Compliance-Maßnahmen, die Preisabsprachen verhindern sollen. Diese Maßnahmen stehen im Fokus der Gießener Studie. Als Risikofaktor für Verstöße gegen das Kartellverbot sehen mehr als 80 Prozent der befragten Unternehmen die mangelhafte Kenntnis von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über das Kartellrecht und der bei Verstößen drohenden Konsequenzen (z.B. Bußgelder,  Schadensersatzzahlungen) an. Änderungen im ökonomischen Umfeld wie eine einbrechende Nachfrage oder verstärkte Importkonkurrenz werden nur von weniger als 40 Prozent der Befragten zu den Risikofaktoren gezählt. „Diese Einschätzung ist überraschend“, so der Leiter der Studie, Dr. Johannes Paha.  „Gerade Änderungen im Wettbewerbsumfeld der Unternehmen und damit verbundene Gewinneinbrüche, konnten in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Kartellabsprachen beobachtet werden.“

Entsprechend ihrer Risikoeinschätzung führen mehr als 90 Prozent der befragten Unternehmen Schulungsmaßnahmen durch und geben Regeln zum korrekten Verhalten im Wettbewerb vor, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Grundlagen des Kartellrechts aufzuklären.
Die Studie der Gießener Forscher zeigt, dass vor allem große Unternehmen und solche mit Kartellerfahrung bereits heute umfangreiche Maßnahmen durchführen, um zukünftige Preisabsprachen zu verhindern. Es zeigt sich jedoch auch, dass gerade bei Maßnahmen zur Risikofrüherkennung – also bei der aktiven Suche nach Risiken im Marktumfeld der Unternehmen – weitere Möglichkeiten bestehen, die aktuellen Compliance-Anstrengungen noch schlagkräftiger zu gestalten.

Die Studie können Sie hier herunterladen.