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LGBTIQ*-Wahlstudie zur Nationalratswahl 2017 in Österreich

An der ersten landesweiten LGBTIQ*-Wahlstudie zu einer Nationalratswahl beteiligten sich 605 Personen. 580 Personen haben den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes selbstselektives Sample – wer Lust hatte, konnte mitmachen. In die Auswertung der Daten gingen letztlich nur jene 473 Personen ein, die einerseits als österreichische Staatsbürger*innen wahlberechtigt, andererseits nicht ausschließlich heterosexuell sind. Mehrfachbeteiligungen wurden ausgeschlossen. Mit dieser Befragungsmethode kann man solide empirische Angaben zu den Einstellungen, Interessen und politischen Präferenzen der LGBTIQ*-Community in Österreich machen. Die Methode dieser Online-Wahlstudie ist allerdings nicht geeignet, um eine Wahlprognose zu berechnen.

Parteipräferenzen und wahlentscheidende Themen der LGBTIQ*-Community

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die LGBTIQ*-Community überdurchschnittlich stark in Politik und Gesellschaft engagiert. Das Engagement beschränkt sich keineswegs auf Themen, die die Community bzw. LGBTIQ*-Rechte direkt betreffen. Vielmehr ist das Engagement vielfältig und vor allem im sozialen Bereich sehr hoch.

Die Parteipräferenz der LGBTIQ*-Wähler:innen für linke Parteien ist offensichtlich. Insbesondere Die Grünen und die SPÖ schneiden bei LGBTIQ*-Wähler:innen gut ab. Auch NEOS und Liste Pilz können bei LGBTIQ*-Wähler:innen punkten. Die Präferenz für Die Grünen ist bei Lesben stärker ausgeprägt als bei Schwulen, während der Anteil der Schwulen, die SPÖ, NEOS und Liste Pilz bevorzugen, größer ist als jener der Lesben. Der Rückhalt für ÖVP und FPÖ ist bei LGBTIQ*-Personen sehr gering. Gleichzeitig weisen diese beiden Parteien in ihren Wahlprogrammen weder ein Angebot für eine LGBTIQ*-Wähler:innenschaft auf, noch wird diese überhaupt erwähnt. SPÖ, Grünen und NEOS hingegen sprechen sich explizit für eine Gleichstellung von LGBTIQ*-Personen aus.

Die Themen Homophobie und Diskriminierung sind für die LGBTIQ*-Anhänger:innen von den Grünen, SPÖ, NEOS und Liste Pilz wichtig. Zentral ist auch die „Ehe für alle“. Darüber hinaus werden den Themen Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik, Diskriminierung sowie Bildungspolitik eine hohe Bedeutung zugemessen. Die Forderungen, dass Parteien eine LGBTIQ*-freundliche Politik betreiben und sich Kandidat:innen mit der LGBTIQ*-Community solidarisieren, werden als weitaus wichtiger erachtet, als der Wunsch, dass Kandidat:innen antreten, die out sind.

Die Studie vermittelt ebenso einen Einblick in die Vielfalt sexueller Orientierungen und Identitäten in Österreich, jenseits der Kategorien heterosexuell, lesbisch und schwul.

Innovation in der Wahlforschung und relevante Ergebnisse für Parteien

Mit diesem innovativen Projekt wird ein Teil der Gesellschaft untersucht, der in konventionellen Wahlstudien bislang unter den Tisch fällt: die LGBTIQ*-Community. Die Wahlstudie gibt insofern neue Impulse für politische Debatten und natürlich auch für die Politikwissenschaft.

Auch für Parteien bieten die Ergebnisse neue Möglichkeiten, sich mit den Interessen und Präferenzen ihrer LGBTIQ*-Wähler:innenschaft zu beschäftigen. Parteien, die LGBTIQ*-Politik als Querschnittsthema verstehen und sich mit der Community solidarisieren, entsprechen den Erwartungen der Community. Vor dem Hintergrund des überdurchschnittlichen politischen Interesses und Engagements von LGBTIQ*-Personen wird offensichtlich, dass viele Parteien dieses Potenzial bislang ungenutzt lassen.

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