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LGBTIQ*-Wahlstudie zur Bundestagswahl 2017 in Deutschland

An der ersten bundesweiten LGBTIQ*-Wahlstudie zu einer Bundestagswahl beteiligten sich 7.390 Personen. 5.928 Personen haben den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes selbstselektives Sample – wer Lust hatte, konnte mitmachen. In die Auswertung der Daten gingen letztlich nur jene 5.329 Personen ein, die einerseits als deutsche Staatsbürger*innen wahlberechtigt, andererseits nicht ausschließlich heterosexuell sind. Mehrfachbeteiligungen wurden ausgeschlossen. Mit dieser Befragungsmethode kann man solide empirische Angaben zu den Einstellungen, Interessen und Präferenzen der LGBTIQ*-Community in Deutschland machen. Es handelt sich im internationalen Vergleich um die LGBTIQ*-Wahlstudie mit dem bislang größten Sample weltweit. Die Methode dieser Online-Wahlstudie ist allerdings nicht geeignet, um eine Wahlprognose zu berechnen.

Parteipräferenz, wahlentscheidende Themen und die Spaltung der LGBTIQ*-Community

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die LGBTIQ*-Community überdurchschnittlich stark in Politik und Gesellschaft engagiert. Das Engagement beschränkt sich keineswegs auf Themen, die die Community bzw. LGBTIQ*-Rechte direkt betreffen. Vielmehr ist das Engagement vielfältig und vor allem im sozialen Bereich sehr hoch.

Die Parteipräferenz der LGBTIQ*-Wähler:innen für Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und SPD ist offensichtlich. In den neuen Bundesländern liegt Die Linke vorn, in den alten Bundesländern in der Regel Bündnis90/Die Grünen. Die Präferenz für Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke ist bei Lesben stärker ausgeprägt als bei Schwulen, während der Anteil der Schwulen, die die SPD bevorzugen, größer ist als jener der Lesben. Trans*-Personen, Pansexuelle und Bisexuelle weisen im Vergleich eine stärkere Parteipräferenz für Die Linke auf. Der Rückhalt für die AfD ist bei LGBTIQ*-Personen sehr gering.

Diskriminierung, Homophobie und Trans*phobie sind nach wie vor virulente Probleme. Insbesondere die Anhänger:innen von Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und der SPD halten diese Probleme für gesellschaftspolitisch sehr wichtig. Wahlentscheidende Themen für LGBTIQ*-Wähler*innen in Deutschland sind indes auch andere Themen; vor allem Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik, Bildungspolitik und Umweltschutz. Für die LGBTIQ*-Community ist es wichtig, dass sich Kandidat*innen und Parteien für die LGBTIQ*-Community engagieren. Dass Kandidat*innen zur Wahl antreten, die selbst out sind, spielt indes nur eine nachgeordnete Rolle.

Innovation in der Wahlforschung und relevante Ergebnisse für Parteien

Mit diesem innovativen Projekt wird ein Teil der Gesellschaft untersucht, der in den konventionellen Wahlstudien bislang unter den Tisch fällt: die LGBTIQ*-Community. Die Wahlstudie gibt insofern neue Impulse für politische Debatten und natürlich auch für die Politikwissenschaft.

Auch für Parteien bieten die Ergebnisse neue Möglichkeiten, sich mit den Interessen und Präferenzen ihrer LGBTIQ*-Wähler:innenschaft zu beschäftigen. Parteien, die LGBTIQ*-Politik als Querschnittsthema verstehen und sich mit der Community solidarisieren, entsprechen den Erwartungen der Community. Vor dem Hintergrund des überdurchschnittlichen politischen Interesses und Engagements der LGBTIQ*-Personen wird offensichtlich, dass viele Parteien dieses Potenzial bislang ungenutzt lassen. Gleichzeitig finden Parteien mit einer progressiven Agenda bei LGBTIQ*-Wähler:innen auch in jenen Regionen solide Unterstützung, in denen sie ansonsten Probleme haben, Wähler:innen zu mobilisieren, dies gilt etwa für Die Linke in den alten Bundesländer und für Bündnis 90/Die Grünen in den neuen Bundesländern.

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