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Julian Mühlbauer

Biographie

10/2004-01/2010     Universität Regensburg, Magisterstudiengang Geschichte und Russische (Ostslavische) Philologie

04/2006-01/2010     Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung

10/2007-09/2009     Studentische Hilfskraft am Institut für Geschichte der Universität Regensburg

seit 04/2010             Justus-Liebig-Universität Gießen, Promotionsstudiengang Osteuropäische Geschichte

05/2010-11/2010     Stipendiat der Justus-Liebig-Universität Gießen

12/2010-02/2011     Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes

03/2011-02/2012     Stipendiat der Justus-Liebig-Universität Gießen                    

03/2012-04/2012     Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes

05/2012-04/2013     Stipendiat der Justus-Liebig-Universität Gießen 


 

Dissertationsprojekt

Kommunikation und Partizipation im „Entwickelten Sozialismus“ (1960er-1980er Jahre). Das sowjetische Eingabewesen unter besonderer Berücksichtigung der Wohnungsfrage in der Belorussischen SSR

Die Ära Brežnev – in sowjetischer Selbstwahrnehmung auch als Übergang zum „entwickelten Sozialismus“ bezeichnet – wird in der Retrospektive gemeinhin mit dem Ende der „Tauwetter“-Periode assoziiert und als eine Zeit der „Restalinisierung“ umschrieben. Während die ökonomische Entwicklung zumeist als stagnierend bezeichnet wird, soll die politische Führung einen Balanceakt zwischen gesteigerter Aufrüstung und der Suggestion wachsenden Lebensstandards praktiziert haben. Für den Alltag der Bevölkerung sei ein Rückzug ins Private charakteristisch.

Ob und inwieweit die sowjetische Bevölkerung in den 1960er und 1970er Jahren tatsächlich von der Partizipation am gesellschaftlichen und politischen Leben Abstand nahm oder sich an der Diskussion und Rezeption politischer Wandlungsprozesse beteiligte, ist bislang jedoch unzureichend erforscht. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach Kommunikationsformen und Strategien zur Durchsetzung individueller und kollektiver Interessen und Bedürfnisse, die von den Bürgern in Anspruch genommen und angewandt wurden.

Als Quellen sollen Beschwerden, Anträge und Eingaben der Bürger an Partei- und staatliche Instanzen dienen, die als Selbstzeugnisse Aufschluss über Lebensrealitäten, Sorgen und rhetorische Strategien von Individuen geben können und häufig gerade die Störung des Alltags aufschlussreich beschreiben.

Neben der Intention der Staats- und Parteiführung gilt es, nach der Rolle zu fragen, die Eingaben in der sowjetischen Alltagspraxis der 1960er und 1970er Jahre spielten. Welche Akteure griffen in welchen Fällen auf Eingaben zurück? Lässt sich die hohe Zahl der verfassten Eingaben als Beleg für hohe Partizipationsbereitschaft der Bevölkerung verstehen? Lassen sich Relationen zwischen gehäuft artikulierten Topoi und konkretem Handeln der Autoritäten im Bereich der politischen oder legislativen Reglementierung bestimmter Lebensbereiche nachweisen? Lassen sich Widersprüche zwischen artikuliertem Anspruch und praktischer Handhabung durch die Staats- und Parteiführung erkennen?

Die Unzufriedenheit breiter Teile der Bevölkerung konzentrierte sich ab der Mitte des letzten Jahrhunderts im Besonderen auf eine Frage: Die Unterversorgung mit Wohnraum und dessen mangelhafte Qualität wurde zum entscheidenden sozialpolitischen Problem. In erster Linie sollen daher Eingaben zur „Wohnungsfrage“ den Quellenkorpus bilden.

Als Untersuchungsraum dient die an der westlichen Peripherie der UdSSR gelegene Belorussische Sozialistische Sowjetrepublik. Hier setzten die rapide Industrialisierung und die damit einhergehende Urbanisierung erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Infolgedessen und aufgrund des Zerstörungsgrades der belorussischen Städte war die Wohnungsfrage hier von besonderer Brisanz.

 

Vorträge

11/2010

Vortrag im Kolloquium Osteuropäische Geschichte der Justus-Liebig-Universität Gießen. Thema: Eingabewesen in der Sowjetunion.

10/2010

Vortrag im Kolloquium zur Osteuropäischen Geschichte der Georg-August-Universität Göttingen. Thema: „Betreff: Eingabe“ – Alltagskonflikte und öffentliche Meinung im Spiegel des sowjetischen Petitionswesens (zusammen mit Prof. Dr. Bohn, JLU Gießen).

06/2010

Vortrag „Vorschläge, Eingaben und Beschwerden der Sowjetbürger (1964-1982) als historische Quelle“ beim internationalen wissenschaftlichen Seminar „Historische Quelle und Probleme der russischen Geschichtswissenschaft“ der Kazaner Föderativen Universität.

12/2009

Vortrag „Die Ära Brežnev zwischen Konflikt und Konsens – Kommunikation und Partizipation im Spiegel des sowjetischen Eingabewesens“ im Kolloquium zur Osteuropäischen Geschichte der Universität Bielefeld (zusammen mit Prof. Dr. Bohn, JLU Gießen).