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Mitten in Europa: Mittelalterliche Kunst und Architektur in Hessen

 

 

Schotten, Liebfrauenkirche, Südportal: Konsolfigur unter der Marienstatue, um 1360 (Foto: Markus Späth)

 

Lange lag eine umfassende Erforschung der mittelalterlichen Kunst und Architektur im heutigen Bundesland Hessen am Rand des kunsthistorischen Interesses. Erst im vergangenen Jahrzehnt hat das DFG-Projekt ‚Mittelalterliche Retabel in Hessen‘ ein Schlaglicht auf den dortigen künstlerischen Reichtum geworfen. Aufgrund der jahrhundertelangen Kontinuität politisch-territorialer Einheiten wie der Landgrafschaft oder des Erzbistums Mainz sind hier vielfältige Zeugnisse in großer Dichte und Breite aus dem Mittelalter, besonders aus der Zeit seit 1250 erhalten geblieben.

Dies führt im heutigen Bundesland, das über Wandlungen und Brüche aus der mittelalterlichen Landgrafschaft als seinem Kern hervorging, immer wieder zur Wahrnehmung von typisch ‚Hessischem‘. Beispiel dafür ist die Fachwerkbauweise, welche noch immer das Erscheinungsbild zahlreicher Städte prägt. Doch ein Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt, dass die mittelalterlichen Bau- und Bildkünste der Region in starkem Maße von ihrer vernetzten Lage im Herzen des europäischen Kontinents geprägt waren. Hier kreuzten wichtige Verkehrswege, über die nicht nur Waren transportiert wurden, sondern sich auch Menschen mit ihren Ideen, Fertigkeiten und Wissen fortbewegten.

Ein gemeinsam mit der Professur für Kunstgeschichte des Mittelalters an der Goethe-Universität Frankfurt initiiertes Projekt nimmt sich dieses Wissensdesiderats einer regionalen Kunstproduktion in ihrer europäischen Vernetzung an, im dem es die erhaltene Überlieferung systematisch untersucht. Am Anfang steht die Erfassung mittelalterlicher Sakralräume und ihrer Ausstattung in Hessen, die aktuell an beiden Instituten durch die studentischen Mitarbeiterinnen Carina Koch (Frankfurt) und Mia Wagenbach (Gießen) erfolgt. Dabei profitieren wir in starkem Maße von der intensiven Forschung der Kolleginnen und Kollegen der Landesgeschichte, die wichtige digitale Ressourcen wie das Landesgeschichtliche Informationssystem bieten, ohne die geisteswissenschaftliches Arbeiten in Corona-Zeiten kaum möglich wäre.