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„Montparnasse, carrefour du monde“ Die Erfindung von Paris als Kunstzentrum – von den Caféausstellungen in Montparnasse zu den internationalen Ausstellungen der „École de Paris“, 1921–1946

Abgeschlossenes Promotionsprojekt von Annabel Ruckdeschel, M.A., ausgezeichnet mit dem Open Access-Preis des Deutschen Kunstverlags, dem Dissertationspreis der JLU, sowie mit "honorable distinction" durch das European Network in Universal and Global History (ENIUGH).

 

Ein Raum der „École de Paris“-Ausstellung im Museum für Neue Westliche Kunst, Moskau, 16. September bis 8. November

Es ist eine viel bemühte Erzählung der Kunstgeschichte, dass das Pariser Viertel Montparnasse im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts das weltweite Zentrum der modernen Kunst gewesen ist. Dieses Projekt widmet sich der Geschichte dieses Narrativs. Es untersucht die Genese des Labels „École de Paris“ (Pariser Schule) in Kunstausstellungen zwischen 1921 und 1946. Das Projekt löst die bereits existierende kunsthistorische Forschung zur „École de Paris“ aus einer lokalen, auf Paris-Montparnasse fokussierten Perspektive und analysiert die transkulturellen Dynamiken im Umfeld ausgewählter Ausstellungen, die Paris als Zentrum der modernen Kunst inszeniert haben. So geraten Orte in Süd- und Nordamerika, in Mittel-, Süd- und Osteuropa in den Blick. Zudem werden die symbolischen und politischen Machtdynamiken zwischen diesen Ausstellungsorten und den Ausstellungen in Cafés in Montparnasse sichtbar. In Fallstudien konzentriert sich das Projekt auf transnationale Netzwerke um Künstler*innen und Kunstkritiker*innen, bspw. um Josef Čapek, Mario Tozzi, Géo-Charles, Vicente do Rego Monteiro, Manuel Ortiz de Zárate und Sergej Romov.

Ausstellungkatalog der zweiten Gruppenausstellung im Café du Parnasse, Veranstalter: La compagnie de peintres et sculpteurs professionnels, 3. Juni bis Juli 1921
Das Projekt lenkt nicht nur den Blick auf verschiedene konkurrierende Inszenierungen von Paris als Kunstzentrum der Moderne, die mit der Erzählung über eine „École de Paris“ verknüpft wurden, sondern untersucht auch ihre Umdeutungen und Aneignungen in künstlerisch und politisch verschiedenen Kontexten. So konnten als Ergebnis zwei Ausstellungstypen unterschieden werden: Der erste Ausstellungstyp inszenierte Paris als ein Zentrum der Kunst, in dem sich internationale Künstler*innen teils unter postkolonialen Bedingungen auf Augenhöhe begegneten (bspw. in Recife, Rio de Janeiro, São Paulo, Prag und Brüssel). Nicht selten waren diese Ausstellungen von kommunistischen Ideen inspiriert. Sie changierten zwischen einer emphatischen Idee einer internationalen Kunst und einem Ideal der Einheit in der Vielheit, durch das es ihnen auch möglich war, Individualität gegenüber dem Kunstzentrum Paris zu markieren. Der zweite Ausstellungstyp bewegte sich in einem stärker nationalistischen Rahmen und demonstrierte die hegemoniale Qualität der jeweilig nationalen Kunst (bspw. Venedig, Moskau). 

Ein Katalog bietet erstmals einen chronologischen sowie topographischen Überblick über die 44 Caféausstellungen in Montparnasse sowie die 32 internationalen „École de Paris“-Ausstellungen.

 

Publikationen im Kontext des Projekts:

2019: „École de Paris In and Out of Paris (1928–1930). A Transregional Perspective on the Exhibitions of the ‘School of Paris’ in Venice, Cambridge, Recife, São Paulo, and Rio de Janeiro“, in: Stedelijk Studies 9 (Modernism in Migration. Relocating Artists, Objects and Institutions).  

Reprint in The Journal of Modern Art History Department Belgrade / Zbornik Seminara za studije moderne umetnosti Filozofskog fakulteta Univerziteta u Beogradu, 2021, S. 25-44.

 

Dieses Projekt ist von 2018 bis 2019 vom Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris sowie von 2016 bis 2020 vom International Graduate Centre for the Study of Culture an der Justus-Liebig-Universität mit Stipendien gefördert worden.