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Einblick in das Auge der Pflanzen: Fortschritte in der Phytochromforschung am Institut für Pflanzenphysiologie.

"Structural insights into photoactivation and signalling in plant phytochromes", Nature Plants, 03.05.2020

Alle Pflanzen, und damit wir auch, leben von Licht - aber Photosynthese ist nur ein Teil der Geschichte.  Alle Pflanzen besitzen Phytochrome, türkisfarbige Proteine, welche in der Lage sind Rot- und Infrarotlicht aufzunehmen und daraufhin die Biochemie der Zelle und die Entwicklung der Pflanze zu steuern. Damit sind Pflanzen fähig, äußerst schwaches Licht wahrzunehmen, sogar Farben zu unterscheiden. So erkennen sie die Blätter in ihrer Nachbarschaft und können damit auf Bedrohung von Konkurrenten reagieren. Inzwischen weiß man, dass Phytochrome fast ein Viertel des Pflanzengenoms steuern. Unklar bleibt jedoch, wie genau Phytochrome funktionieren: wie wird das Licht aufgenommen, was passiert im Molekül danach, und wie wird das Lichtsignal weitergegeben? 

Die Arbeitsgruppe von Prof. Jon Hughes am Institut für Pflanzenphysiologie der JLU Gießen haben nun einen großen Schritt gemacht, um genau dies zu verstehen. Sie konnten die dreidimensionalen Strukturen von verschiedenen pflanzlichen Phytochrommolekülen entziffern (Nagano et al. "Structural insights into photoactivation and signalling in plant phytochromes", Nature Plants, 03.05.2020). Darin sichtbar ist das Bilin-Pigment, womit das Photon – also Licht – aufgenommen werden, auch die chemischen Verbindungen zwischen Bilin und Protein sind erkennbar. Die Lichtenergie regt das Bilin an, sodass sich ein Teil davon dreht. Dies wiederum ändert die Verbindungen zum Protein, sodass ein Teil seiner Struktur auseinandergerissen und neugebildet wird, Änderungen welche die Signalweiterleitung einschalten. Die Strukturen wurden mit Hilfe von röntgenkristallographischen Messungen am BESSY II Synchrotron in Berlin erstellt. Die Gießener Wissenschaftler konnten verschiedene Phytochrom-Moleküle dazu bringen, dass sie in kleinen Tröpfchen mikroskopische, saphir-ähnliche Kristalle bildeten. Bestrahlt man diese Kristalle mit hochintensivem Röntgenlicht, wie es in Berlin an BESSY II erzeugt wird, erhält man Diffraktionsmuster woraus die 3D-Strukturen errechnet und mit Hilfe weiterer Informationen Einzelheiten der Funktionsweise aufgeklärt werden kann. 

Die Autoren hoffen, dass die neuen Informationen zum Verständnis des pflanzlichen Phytochromsystems beitragen. "Wir wollen verstehen wie Phytochrome funktionieren. Unabhängig davon können wir aber heute schon mit gentechnischen Methoden das Phytochromsystem von Nutzpflanzen so verändern, dass die Pflanzen besser wachsen, und so bessere Ernten erzielt werden können", meint Hughes. Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert (Berliner SFB1078).

 

Dazu ein Beitrag bei radioeins ab Minute 10:00 bis ca. 16:00