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„Also habe ich meine Kinder allein durchgebracht“ - Selbstbilder transstaatlicher Mütter im Kontext des Mutterideals am Beispiel der Migration von Lateinamerika nach Spanien

Allgemeine Informationen

  • Bearbeiterin: Diana Dressler, Erziehungswissenschaftlerin
  • Institut / Universität: Justus-Liebig-Universität Gießen, FB 03, Institut für Erziehungswissenschaften
  • Erst- und Zweitbetreuer*innen: Erstbetreuerin: Frau Prof. Dr. Christine Wiezorek (Institut für Erziehungwissenschaften Universität Gießen; Zweitbetreuuerin: Prof. Dr. Heike Greschke (Institut für Soziologie TU Dresden)

  • Art des Qualifikationsprojekts: Promotion

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Abstract

Im Verlauf des 18. Jahrhundert veränderte sich im Zuge der „Herausbildung der bürgerlichen (Klein-) Familie“ die Rolle von Müttern und ihnen wurde die alleinige Verantwortung für das Wohl des Kindes (Rüger-Kirn et al 2016: 10) zugeschrieben. Auch wenn sich dieses Bild vor allem seit Ende der 1960er Jahre verändert (Tyrell/Herlth 1994: 2), gilt das tradierte Familienmodell auch heute noch als Ideal (vgl. BIB 2013: 17 zit. n. Toppe 2016: 118). Lutz (2016: 245f.) beschreibt die Existenz einer verbreiteten Vorstellung in der (weißen) Mittelschicht, welche universelle Standards für ´gute Mutterschaft´ festlege und dass einzig die Mutter die Erstverantwortliche für das Aufziehen der Kinder zu „quality citizens“ sei. Dieser „Idealtypus von Familie [hat sich] in weiten Teilen der Welt als Normalitätsvorstellung durchgesetzt“ (vgl. Mattes 1992: 84, Greschke/Dreßler/Hierasimowicz 2017: 62). Im Rahmen meiner Mitarbeit in einem zweijährigen DFG-Forschungsprojekt zur Mediatisierung von Eltern-Kind-Beziehungen in transstaatlicher Familienführung ist mir sowohl in der Beschäftigung mit wissenschaftlichen Publikationen, als auch in der Feldforschung aufgefallen, dass immer wieder Bezug auf ‚gute‘ Mutterschaft genommen wurde. Diese Leitbilder sowie die Frage wie und durch wen die Aushandlungen zu (guter) Mutterschaft in diesen Kontexten stattfinden und was eine Mutter erfüllen muss, um trotz Distanz als (gute) Mutter wahrgenommen zu werden oder sich selbst als solche wahrzunehmen untersuche ich in meiner Arbeit. Transstaatliche Familien eignen sich hierfür meines Erachtens aufgrund der räumlichen Distanz im besonderen Maße. Die aus den Praktiken von transnationaler Familie erkennbaren Normen und Erwartungshaltungen sollen rekonstruiert und verglichen werden mit vorherrschenden Familienleitbildern, die sich vor allem an monolokalen Familienformen orientieren. Hierbei soll ein besonderer Fokus auf Präsenzerwartungen gelegt werden, da dies bisher scheinbar als ein wichtiges Kriterium für Elternschaft und vor allem Mutterschaft galt. Das Material, welches ich im Rahmen des o.g. Projektes in drei ethnografisch angelegten Feldphasen erhoben habe, umfasst 16 biografisch-narrative Interviews mit den Müttern, sowie sechs Interviews mit Kindern, Beobachtungen und Aufnahmen von medialer Interaktion. Da Familienbilder Ausdruck eigener Erfahrungen sind (vgl. Bauer/Wiezorek 2017: 8.), können hier auch Bilder von Mutterschaft rekonstruiert werden. Die vorliegenden Daten werden rekonstruktiv mit Hilfe der dokumentarischen Methode (vgl. Bohnsack et al. 2013) ausgewertet und öffentlichen Debatten zu Mutterschaft, aus (populär)wissenschaftlichen und politischen Narrativen gegenübergestellt.

 

 

Literatur:

Bauer, P./ Wiezorek, C. (2017): Familienbilder zwischen Kontinuität und Wandel. Einleitende Bemerkungen. In: Familienbilder zwischen Kontinuität und Wandel. Analysen zur (sozial-) pädagogischen Bezugnahme auf Familie. Beltz Juventa. S. 7-23.

Greschke, H.; Dreßler, D.; Hierasimowicz, K. (2017): Die Mediatisierung von Eltern-Kind-Beziehungen im Kontext grenzüberschreitender Migration. In: Krotz, F., Despotović, C., Kruse, M. (Hg.). Mediatisierung als Metaprozess. Wiesbaden: Springer Verlag. S. 59-80.

Lutz, H. (2016): ‘Good Motherhood’ – A Dilemma for Migrant Women from Eastern Europe In: Amelina, A. / Horvath, K./ Bruno M. (Hg.) An Anthology of Migration and Social Transformation. European Perspectives. Heidelberg, New York, Dordrecht, London: Springer Verlag, S. 245-258.

Matthes, J. (1992): The Operation Called „Vergleichen“. In: Matthes J. (Hg.) Zwischen den Kulturen? Soziale Welt, Sonderband 8. Schwartz, Göttingen, S. 75–99.

Krüger-Kirn, Helga et al. (2016): Einleitung. In: Krüger-Kirn, Helga et al (Hg.): Mutterbilder. Kulturhistorische, sozialpolitische und psychoanalytische Perspektiven, Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 9-18. 

Toppe, S. (2016): Armut, Familien(leit)bilder, Geschlechterrollen. Zur Macht und Wirksamkeit von „guten Müttern“ und „gelingenden Kindheiten“ in aktuellen Ungleichheitsdiskursen. In: Krüger-Kirn, Helga ./ Metz-Becker, M./ Rieken, I. (Hg.): Mutterbilder. Kulturhistorische, sozialpolitische und psychoanalytische Perspektiven, Gießen: Psychosozial-Verlag, S.105-124.

Tyrell, H./ Herlth, A. (1994): Einführung. In: Herlth, A. et all. (Hg.). Abschied von der Normalfamilie? Partnerschaft contra Elternschaft. Berlin: Springer Verlag, S. 1-15.