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8. Kolumne: Mitmach-Marketing im Mitmach-Web

Ein großer Telekommunikationskonzern wirbt seit einigen Tagen massiv um internetaffine und technikbegeisterte Menschen. Sie sollen an einem Mitmach-Projekt teilnehmen: Musikbegeisterte können eine eigens interpretierte Version des Lieds ‚Seven Seconds’ von Youssou N’Dour und Neneh Cherry auf die magentafarbene Website hochladen. Die verschiedenen Versionen werden dann fachkundig von Thomas D, Mitglied der wohl bekanntesten deutschen Hip-Hop Band – den Fantastischen Vier – gemixt, zusammengeschnitten und zu einem vielstimmigen Chor vereint.
Das Spannende an diesem Projekt: Hier bedient sich ein Konzern geschickt und naseweis der medialen Eigenheiten des Web 2.0 – auch Mitmach-Netz genannt. Denn jene Menschen, die der Konzern mit seiner Werbung erreichen will, produzieren diese Werbung teilweise selbst. Der Konzern stellt die Technik und gibt die Rahmen­bedingungen vor. Das Gros der Kreativarbeit muss die Zielgruppe leisten. Die vielen technischen Geräte des digitalen Alltags machen es möglich. Die meisten Computer haben Mikrofon und Kamera bereits eingebaut. Zur Not tut es auch das eigene Handy. Jeder kann an der Kampagne teilnehmen – allein oder in der Gruppe singend vor dem Familien-PC.
Mit dieser Marketing-Strategie zeigt der Konzern exemplarisch wie cleveres Geschichtenerzählen im Internet heute funktionieren kann. Der Kunde ist nicht außen vor, sondern dabei. Er hat die Entstehungsgeschichte der neuen Interpretation von ‚Seven Seconds’ mit verfolgt, wenn nicht gar selbst seinen Teil zum Großprojekt beigetragen. Er wird sich die Videos anderer Teilnehmer anschauen und vielleicht fühlt er sich dabei als Teil einer Gruppe. Denn all diese Minigeschichten tragen zur großen Erzählung der Aktion bei und schaffen ein emotionales Band zwischen den Teilnehmern – und nebenbei auch zum beworbenen Produkt. Dass dieses Band magentafarben ist, dürfte vor allem die Marketingstrategen des Konzerns freuen. (Rebecca Hagelmoser)

Diese Kolumne erschien am 22.10.2010 im Gießener Anzeiger.