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3. Kolumne: Neue Medien ein alter Hut?

Vielleicht ist sie gar nicht so revolutionär, die so genannte Digitale Revolution. Zumindest ist vieles, was die Generation der Digital Natives mit dem Computer anstellt, bei Lichte betrachtet ein ziemlich alter Hut. Natürlich wird einerseits getwittert, gebloggt und gebookmarkt was das Zeug hält. Doch andererseits wird mit dem Computer ebenso eifrig ferngesehen, Radio gehört oder telefoniert. Schließlich ist der Computer in der Lage, manch alt gedientes Medium perfekt zu simulieren. „Remediatisierung“ heißt das Phänomen im Fachjargon. Vereinfacht gesagt: Neue Medien verleiben sich die alten Medien ein, verdauen sie und spucken sie neu aus. Nebenbei verkünden übereifrige Kulturpessimisten Siechtum und Ableben der Vorgängermedien. Auch dies ist übrigens nichts Neues: Als der Film vor mehr als hundert Jahren das Licht der Welt erblickte, prophezeite man vorschnell das Ende des Theaters. Später läutete die Geburtsstunde des Fernsehens den vermeintlichen Untergang des Kinos ein.
Ob der Computer manch älteres Medium auf lange Sicht tatsächlich abzulösen vermag, bleibt abzuwarten. Vorstellbar wäre es allemal, denn die Vorzüge der Remediatisierung durch den Computer liegen auf der Hand. Schließlich ist der Computer Flimmerkiste, Heimkino, Dudelfunk und Quasselstrippe in einem. Letzteres übrigens vor allem Dank Skype, ein Programm zum Telefonieren mit dem Computer. Man lade die Software mit wenigen Mausklicks aus dem Internet herunter und telefoniere flugs einmal quer über den gesamten Erdball: Mit der Schwester in Südafrika, mit der Cousine in den USA, mit den Enkeln in Australien. Sind Kopfhörer und Bügelmikrophon justiert, dazu die Webcam positioniert, darf man sich dabei ein bisschen fühlen wie ein Pilot im Cockpit. Dass wir mit einem Gerät telefonieren, fernsehen, Radio hören, Emails schreiben sowie CDs und DVDs abspielen können, ist für sich allein noch keine Revolution. Aber eine ziemlich feine Sache. Und das nicht nur für die Generation der „Digital Natives“. (Regine Leitenstern)

Diese Kolumne erschien am 17.09.2010 im Gießener Anzeiger.