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14. Kolumne: Der gemeine Troll

Waren Sie heute schon in einem Internetforum? Dann stehen die Chancen gut, dass Sie einen Troll in freier Wildbahn erlebt haben – vielleicht ohne es zu merken. Als Troll wird bezeichnet, wer im Internet andere Surfer durch seine Äußerungen provoziert. Jemand, der nicht sachlich argumentiert, sondern angreifende Behauptungen aufstellt. Sein Revier besteht vor allem aus Internetforen, er wildert aber auch gerne in Online-Kommentaren zu Artikeln oder Videos.
Woher kommt der Begriff des (Internet )Trolls? Zum einen steckt darin der Troll aus der nordischen Mythologie, der in Sagen als böswilliger Störenfried auftritt. Zum anderen wird das Wort aber auch in der englischen Fischersprache für eine bestimmte Technik des Köderns verwendet. Führt man beide Bedeutungen zusammen, ist ein Troll also jemand, der andere mit provokativen Äußerungen ködert, um unter ihnen schlechte Stimmung zu verbreiten.
Die Beute des Trolls ist in erster Linie Aufmerksamkeit. Seine unsachlichen Beiträge sollen Empörung hervorrufen. Geglückt ist die Jagd, wenn die anderen sich nicht mehr mit dem eigentlichen Thema beschäftigen, sondern nur noch mit den Kommentaren des Trolls. Das Internet ist sein natürlicher Lebensraum, weil er dort anonym bleiben kann. Auf der Straße trifft man ihn selten, denn dort greifen soziale Kon-Troll-Mechanismen: Wenn jemand provoziert, kann er dafür belangt werden. Ganz anders im Internet: Dort kann der Troll seine wahre Identität verbergen und seine Angriffe aus der Deckung ausführen.
Manchmal gelingt es jedoch, einen Troll aus der Deckung zu locken, wie im Fall eines 36-jährigen Briten, der im Oktober wegen seiner geschmacklosen Äußerungen auf Websites Verstorbener zu 18 Monaten Haft verurteilt wurde. Da sich Trolle von Aufmerksamkeit ernähren, gibt es aber zum Glück einen einfachen und in Internetforen oft erteilten Ratschlag, um ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen: Bitte nicht füttern! (Jonas Ivo Meyer)

Diese Kolumne erschien am 3.12.2010 im Gießener Anzeiger.