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Call for Papers: Tagung „Emergenz vergeschlechtlichter Machtstrukturen von der Frühen Neuzeit bis heute – Praktiken, Normen, Medien“ des Forschungsnetzwerks „Geschlecht – Macht – Staat“

Call for Papers: Tagung „Emergenz vergeschlechtlichter Machtstrukturen von der Frühen Neuzeit bis heute – Praktiken, Normen, Medien“ des Forschungsnetzwerks „Geschlecht – Macht – Staat“

Vom 23. bis 25. November 2022 findet die englischsprachige Tagung „Emergenz vergeschlechtlichter Machtstrukturen von der Frühen Neuzeit bis heute – Praktiken, Normen, Medien“ des Forschungsnetzwerks „Geschlecht – Macht – Staat“ an der Philipps-Universität Marburg statt. Proposals können bis zum 15. Januar 2022 eingereicht werden. Hier finden sie den vollständigen englischsprachigen Call.

Ziel der Tagung ist es, Formationen vergeschlechtlichter Macht von der Frühen Neuzeit bis heute interdisziplinär zu untersuchen. Im Mittelpunkt stehen dabei deren Verschiebungen, Verwerfungen und Rekursionen mit Blick auf die wechselseitig verwobenen Ebenen von Medialisierungen, Normbildungsprozessen und sozialen Praktiken. Gefragt wird nach der Korrelation von Transformation und Wandel sowie nach Traditionsbildungen und historisierenden Narrativen zur Legitimation vergeschlechtlichter Machtverhältnisse einschließlich der Legitimierung staatlicher Macht über naturalisierende Geschlechterdiskurse.

Veranstaltet wird die Tagung vom interdisziplinäres Forschungsnetzwerk »Geschlecht • Macht • Staat«. Es besteht aus Forscher*innen der Philipps-Universität Marburg (UMR), der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropa-Forschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft (Marburg) sowie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in Kooperation mit dem Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung (UMR) und dem Zentrum für Medien und Interaktivität (JLU). Veranstaltungsort ist die Philipps-Universität Marburg.

Seit dem späten 15. Jahrhundert lassen sich im Kontext der beginnenden Staatsbildungsprozesse diskursive und soziale Praktiken sowie mediale Inszenierungen von Macht, Herrschaft und Geschlecht beobachten, die auf eine spezifische Verfestigung und Ausweitung hierarchischer Geschlechterordnungen zielen. Bis heute greifen Legitimationsstrategien dabei vorwiegend auf eine historische Traditionsbildung zurück, deren Wirkmächtigkeit sich angeblich in der longue durée zeige. Bei diesem Fokus auf Kontinuität geraten historische Brüche sowie Umdeutungen früherer historischer Praktiken in medialen Repräsentationen jedoch ebenso wenig in den Blick wie Widersprüche zwischen Normen und sozialen Praktiken. Vom 23. bis 25. November 2022 richtet das interdisziplinäre Forschungsnetzwerk »Geschlecht • Macht • Staat« in Kooperation mit dem Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung (UMR) und dem Zentrum für Medien und Interaktivität (JLU) eine zweitägige, interdisziplinäre und internationale Tagung aus, deren Ziel es ist, die hinter diesen Narrativen stehenden Machtprozesse herauszuarbeiten und ihren Bezug zu sozialen Praktiken, Normsetzungsprozessen und medialen Inszenierungen bzw. Repräsentationen zu analysieren.

Unter dem Titel »Emergenz vergeschlechtlichter Machtstrukturen von der Frühen Neuzeit bis heute  – Praktiken, Normen, Medien« hat die Tagung das Ziel, das interdependente Spannungsgefüge von Geschlecht, Macht und Staat in epochenübergreifender Perspektive zu untersuchen. Verschiebungen, Verwerfungen und Rekursionen in den je spezifischen Formationen vergeschlechtlichter Macht werden dabei ins Blickfeld gerückt. Aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven der Gender Studies wird die für diese Epochen charakteristische Engführung der Institutionalisierung von staatlicher Macht mit naturalisierenden Geschlechterdiskursen problematisiert. Dabei wird dem fortschritts- und modernisierungstheoretischen master narrative einer zunehmenden Gleichstellung die Einschränkung und Schließung von Möglichkeitsräumen für Frauen durch Formalisierung und Verrechtlichung im Zuge der Staatsbildungen bis ins 20. Jhd. hinein gegenübergestellt. Eine interdisziplinäre und epochenübergreifende Zusammenführung und Weiterentwicklung von Forschungsperspektiven steht hingegen noch aus. Durch die interdisziplinäre und historisch tiefgreifende Zusammenführung auf den drei miteinander verwobenen Ebenen soziale Praktiken, normative Rahmungen und mediale Repräsentationen erwarten die Veranstalter*innen deutliche Kontinuitäten, sei es in Form der ‚Erfindung von Tradition‘ (Hobsbawm 2019) zur diskursiven Legitimierung (gewandelter) gesellschaftlicher Praktiken oder in Form der Herstellung von Kontinuität auf der Ebene der medialen Repräsentationen vergeschlechtlichter Macht.

Eröffnet wird die Tagung am 23. November 2022 mit einem Abendvortrag der Soziologin und vergleichenden Feminismusforscherin Prof. Dr. Myra Marx Ferree (University of Wisconsin/Madison). Für den 24. und 25. November ist je eine Panel-Session mit Fokus auf die zentralen Leitkategorien Geschlecht, Macht und Staat mit je drei Panels angesetzt. Hierfür haben Prof. Dr. Helen Watanabe O’Kelly (Oxford), Prof. Dr. Claudia Ulbrich (FU Berlin) und Prof. Dr. Birgit Sauer (Wien) als Keynote-Sprecherinnen zugesagt.

Wir freuen uns über Beiträge unterschiedlicher geistes- und sozialwissenschaftlicher Disziplinen in Form eines Vortrags von max. 20 Minuten Länge, die die wechselseitige Verflechtung von sozialen Praktiken, Normativität und Medialität bei der Herausbildung vergeschlechtlichter Machtstrukturen v. a. im europäischen oder nordamerikanischen Raum in ihrer jeweils historischen Spezifik und Dynamik in den Blick nehmen. Dabei kann entweder einer der anvisierten Untersuchungszeiträume (Frühe Neuzeit, 19.-21. Jhd.) ins Zentrum gestellt oder ein transepochaler Zugriff gewählt werden. Intersektionale, transkulturelle und postkoloniale Perspektiven sind ausdrücklich erwünscht. Im Zentrum des Beitrags können u.a. folgende Fragen und Aspekte stehen:

  • Was wird unter Geschlecht, Macht, Staat in einer historisch je spezifischen Konstellation verstanden? Wie verhalten sich gegenwärtige theoretische Konzeptionen dazu?
  • Wie wird vergeschlechtlichte Macht in Literatur und Bildender Kunst medialisiert?
  • Lassen sich Spannungsverhältnisse zwischen Selbstinszenierungen (z.B. Herrscherinnen) und geschlechtlich bedingten Fremdzuschreibungen feststellen?
  • Wie entsteht gesellschaftlicher bzw. politischer Wandel im Wechselspiel von Praxis, Norm und medialer Repräsentation?
  • In welcher Hinsicht sind Konzepte von Staat und Staatlichkeit explizit oder implizit abhängig von jeweils zeitgenössischen Auffassungen von Wissen über Geschlecht?
  • Inwiefern gehen Revolutionen und staatliche Transformationsprozesse mit einem Wandel der Geschlechterverhältnisse einher?
  • Lassen sich Rekursionen frühneuzeitlicher Konfigurationen vergeschlechtlichter Macht in der Gegenwart feststellen?
  • Wo, in welcher Form und mit welcher Funktion wird Geschlechtergeschichte als Fortschrittsgeschichte inszeniert und wie lassen sich solche Narrative kritisch hinterfragen?
  • Inwiefern sind gewaltförmige Geschlechterverhältnisse als kulturelle Habitualisierungen kollektiver Denk- und Handlungsmuster zu deuten?

Bei Interesse senden Sie bitte bis zum 15.01.2022 ein Abstract im Umfang von ca. 300 Wörtern sowie eine kurze biographische Notiz an gms@uni-marburg.de. Wir melden uns nach Sichtung der Vorschläge bis Ende Februar 2022 bei Ihnen zurück. Ein Zuschuss zu den Reisekosten der angenommenen Vortragenden wird angestrebt. Entsprechende Anträge auf Förderung der Tagung laufen.

 

(07.12.2021, Tillmann Schorstein)