Inhaltspezifische Aktionen

Henning Lobin und Michael Schindhelm lesen aus „Engelbarts Traum“ und „Lavapolis“ bei gemeinsamer Lesung zum Thema „Heterotopien“

Henning Lobin und Michael Schindhelm lesen aus „Engelbarts Traum“ und „Lavapolis“ bei gemeinsamer Lesung zum Thema „Heterotopien“

Henning Lobin (Bild rechts) und Michael Schindhelm (Bild links) bei gemeinsamer Lesung
Henning Lobin (Direktor des ZMI) und Michael Schindhelm haben am 08. Oktober in der Frankfurter Galerie PrivateOffSpace von Jean-Claude Maier zu einer gemeinsamen Lesung aus ihren aktuellen Werken „Engelbarts Traum“ (Campus) und „Lavapolis“ (Matthes & Seitz) eingeladen. Eine echte Premiere für beide Autoren, die Ihre Werke zum ersten Mal einem größeren Publikum in Form einer Lesung vorstellten.

 

Lobin begann mit der Lesung aus seinem Buch, indem er darauf aufmerksam machte, dass sein Fachgebiet „Computerlinguistik, Sprach- und Texttechnologie“ grundsätzlich vollkommen „geschichtsvergessen“ sei. In „Engelbarts Traum“ ergründet Lobin ganz bewusst auch aus historischer Perspektive, wie sich die basalen Kulturtechniken des Lesens und Schreibens im Zeitalter der Digitalisierung verändern. Er suchte nach dem Ursprung der Digitalisierung des Lesens und Schreibens, um die Auswirkungen des medialen Wandels auf diese Kulturtechniken so tiefgründig wie nie zuvor zu analysieren.

Seine Recherchen führten ihn zu Douglas Engelbart, dem Erfinder der Computer-Maus. Dieser demonstrierte 1968 zum ersten Mal vor Publikum, wie auf einem Bildschirm Texte und Grafiken interaktiv verändert, ergänzt und gelöscht werden können. Engelbart war sogar ein Projektmitarbeiter von einem anderen Ort hinzugeschaltet, der den Schreibprozess auf dem Bildschirm mitgestalten konnte. Engelbarts Traum den Computer als Hilfsmittel zu benutzen, ihn nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit Schriftzeichnen rechnen zu lassen und Texte hybrid, multimedial und sozial zu erstellen, sei unsere Wirklichkeit geworden, so Lobin.

Durch diese Tendenzen würden sich unsere Kulturtechniken des Lesens und Schreibens grundlegend ändern. Auch die Schriftkultur mit ihren Infrastrukturen, wie Verlagen und Schulen, die Werte der Schriftkultur, die sich u.a. im Urheberrecht materialisieren, würden von der Digitalisierung beeinflusst werden.

 

Mehr Informationen zu Engelbarts Traum

 

Schindhelm übte sich in seiner Lesung aus „Lavapolis“ in Gesellschaftskritik und ging sogar darüber hinaus, indem er Kritik an der Kritik übte. Sein transmediales Erzählprojekt beschrieb er lebhaft: „Ich gehe zurück in die Wiege der Zivilisation und habe mir vorgestellt es gebe irgendwo im Mittelmeer in der Nähe von Kreta eine Insel. […] Das Buch ist so aufgebaut, dass es von dieser Insel erzählt und zwar durch Menschen, die auf dieser Insel leben.“ So erzählte er unter anderem von Alberto, einem Bewohner der fiktiven Insel Lavapolis, der schon seit seiner Geburt an diesem Ort wohnt. Andere Figuren sind hinzugezogen, andere wiederum dorthin geflüchtet. Sie alle stellen sich eine Frage: „Was ist möglich?“ Auf Lavapolis herrschen andere gesellschaftliche Voraussetzungen und diese geben Freiräume zum Träumen, zum Aufbau alternativer Gesellschaftssysteme und lassen ebenso Raum für Erfolg und Scheitern.

 

Mehr Informationen zu Lavapolis

 

Henning Lobin (linkes Bild 3. von links) und Michael Schindhelm (rechtes Bild links) im Gespräch mit interessierten Gästen
Nach den Lesungen verbanden Lobin und Schindhelm in einem Zwiegespräch ihre Prognosen unserer nahen sozialen, politischen und kulturellen Zukunft mit Überlegungen zum transmedialen Erzählen und Publizieren, die sie mit ihren Büchern umsetzen. Im Anschluss an die Lesung ergaben sich in lockerer Atmosphäre zahlreiche Einzelgespräche zwischen den beiden Autoren und interessierten Zuschauern.

 

(Urs Bremer, 13.10.2014)