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Das 19. Jahrhundert

Am Zeitalter der "klassischen" Universität, der Blütezeit des 19. Jahrhunderts, hatte die Ludoviciana, weiterhin die einzige Universität eines nun größer gewordenen Landes, im wissenschaftlichen Bereich überproportionalen, quantitativ gesehen weiterhin eher bescheidenen Anteil. Auf dem Weg des Professors vom Gelehrten zum Wissenschaftler, d.h. von der regional-familiengebundenen zur sprachgebietsweiten-disziplinbezogenen Auslese geschah in Gießen Bemerkenswertes.

Der Chemiker Justus Liebig, einer der "Könige der Wissenschaft", der Jurist Rudolf von Jhering, die Theologen Adolf von Harnack und Hermann Gunkel, der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, ganz am Anfang schon der Altertumswissenschaftler Friedrich Gottlieb Welcker und andere ließen die Ludoviciana im Wettbewerb der Universitäten als jugendlich-modern, gar als liberal erscheinen. Eine katholisch-theologische Fakultät bestand von 1830 bis 1851, um 1830 begann die Stabilisierung der "jungen" Wissenschaften (s.o.). Es festigte sich die für Gießen bis heute typische ungewöhnliche Vielfalt der Studienfächer. Man war auch auf dem Weg zur deutschen Universität, so dass sich die zentrale Lage und die "Zuständigkeit" für das Zentrum Frankfurt am Main auszuwirken begannen. Neben Jena war Gießen der Prototyp der politisierten Vormärz-Universität (1809-1819, 1832-1835 mit Georg Büchner, 1848-1849). Im Kaiserreich seit 1871 trat der "take-off" zur modernen Universität ein. Im Jahr 1902 überschritt die Studentenzahl die Grenze von eintausend, von der Ausbildungsstätte des Beamten- und Pfarrerbürgertums war man zur Bildungsstätte des besitzenden Bürgertums geworden.