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Forschungaufenthalte in Spitzbergen

Erfahrungsbericht aus Spitzbergen über den Fachkurs "Glacial- and Periglacial Processes" bei UNIS (University Courses on Svalbard)

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Von 16.03. bis 11.04.2003 nahm ich an dem Kurs "Glacial- and Periglacial Processes" auf Spitzbergen teil. Spitzbergen liegt knapp südlich des 80. Breitengrades und ca. 750 km nördlich von Norwegen. Bis zum Norpol sind es somit nur noch gut 1000 km. Man befindet sich also in durchaus arktischen Gefilden. Die größte Siedlung ist Longyearbyen mit ca. 1400 Einwohnern; hier befindet sich auch UNIS.

Der Kurs "Glacial- and Periglacial Processes" ist für Studenten höherer Semester bzw. Doktoranden mit alpinem/polarem geomorphologischem Schwerpunkt geeignet, Bewerbungsfristen sind der 15. April bzw. der 15. Oktober. Es nahmen weitere 17 Diplomanden bzw. Doktoranden der (Quartär-)Geologie oder Physischen Geographie teil, die größtenteils aus skandinavischen Ländern kamen, aber auch ein Belgier, ein Pole, ein Österreicher und eine Schweizerin waren mit von der Partie.

Ziel des vierwöchigen Fachkurses war die Vermittlung umfangreicher Kenntnisse über glaziale und periglaziale Erscheinungen. Der Schwerpunkt wurde dabei auf die Wechselwirkungen zwischen Klima und geomorphologischen Prozessen gelegt. Es wurde eine Einführung in die meteorologischen Rahmenbedingungen von Gletschern, in Permafrost und die periglazialen Landschaftsformen der höheren Breiten und Hochgebirge gegeben. Schwerpunkte bildeten hierbei glaziale und periglaziale Verwitterungs-, Erosions-, Transport- und Akkumulationsprozesse. Des weiteren wurde die Verwendung glazialer und periglazialer Phänomene zur Rekonstruktion vergangener Klima- und Umweltbedingungen und deren Bedeutung für die Modellierung zukünftiger Klimaveränderungen diskutiert. Ein ausführlicher Kursplan kann der Internetseite von UNIS (www.unis.no) entnommen werden.

Neben Beispielen aus Spitzbergen wurden Permafrost- und Gletscherregionen in Kanada, Alaska, Sibirien, Nepal-Himalaya und den Alpen vorgestellt. Unterrichtet wurde der Kurs von international bekannten Wissenschaftlern, die eigens für diesen Kurs angereist kamen. Laut Programm sollte der theoretische Teil des Kurses nicht nur aus Seminaren (30 Stunden), sondern auch aus Übungen und Gruppenarbeiten (22 Stunden) bestehen, die meines Erachtens allerdings zu kurz kamen, aber durchaus sinnvoll und wünschenswert gewesen wären. Der praktische Teil wich ebenfalls vom Programm ab: Feldübungen und die Demonstration von Feldmethoden fehlten völlig. Die Methodik wurde lediglich theoretisch während der Unterrichtsstunden erörtert. Aus wettertechnischen Gründen konnte leider nur eine von vier geplanten Exkursionen durchgeführt werden.

Innerhalb kurzer Zeit wurde eine Fülle von Wissen vermittelt, was in einer erheblichen Vor- und Nachbreitungszeit der einzelnen Unterrichtsstunden resultierte. Der Kurs endete mit einer vierstündigen Klausur, die aus drei sehr allgemein formulierten Fragen bestand, die mehr oder weniger das gesamte erlangte Wissen abverlangten.

Trotz gewisser Kritikpunkte hat mir der Fachkurs sehr gut gefallen und mich innerhalb meines Studienschwerpunktes weiter gebracht. Meine momentane Arbeit, die sich mit dem Einfluss oberflächennaher Bodentemperaturen auf den Permafrost in Hochgebirgen beschäftigt, hat einen direkten Bezug zum Kursinhalt. Das durch die Teilnahme erlangte Fachwissen erleichtert die Bearbeitung der Thematik und wird die Arbeit qualitativ bereichern.

Neben des neu erworbenen fachlichen Wissens habe ich während meines Spitzbergen-Aufenthaltes auch zahlreiche neue persönliche Erfahrungen machen können: Aufgrund der dort oben lebenden Eisbären darf man sich außerhalb der Ortschaft nur mit Gewehr und Signalpistole bewaffnet aufhalten. Gleich an meinem ersten Tag habe ich als Pflichtprogramm Schießübungen absolvieren müssen - und ich war überraschenderweise ziemlich gut! Eine weitere neue Erfahrung war das Fahren eines Snow-Scooters (Hauptfortbewegungsmittel im Winter, auch die Exkursionen wurden per Scooter durchgeführt), Spaßfaktor garantiert! Es gab allerdings auch unangenehmere Erfahrungen wie die für Mitteleuropäer äußerst ungewöhnlich eisigen Temperaturen von unter -20 °C, zeitweise kombiniert mit heftigem Wind. Leichte Erfrierungserscheinungen (ohne Spätfolgen) waren deshalb keine Besonderheit.

Der Kurs war kostenlos, abgesehen von einer geringen Einschreibgebühr. Für den Flug muss allerdings mit ca. 650 € gerechnet werden, das Zimmer, das man von UNIS zugewiesen bekommt, kostet auch noch mal 350 € im Monat. Nicht zu vergessen die äußerst hohen Lebenshaltungskosten auf Spitzbergen. Obwohl dort alles steuerfrei verkauft wird, sind die Güter mit so hohen Transportkosten belastet, dass sie letztendlich doch (noch) teurer sind als auf dem norwegischen Festland.

Glücklicherweise habe ich für den Kurs ein Stipendium vom DAAD erhalten. Der Antrag war unkompliziert und muss spätestens 3 Monate vor Kursbeginn gestellt werden. Das ganze nennt sich "Fachkursstipendium". Damit konnte ich ca. 70-80 % meiner Unkosten decken.

Wer also während seines Studiums mal eine Erfahrung etwas extremerer Art machen will, dem kann ich nur zu UNIS raten. Außer dem Schwerpunkt "Arctic Geology" zu dem der von mir absolvierte Kurs zählt, werden auch noch Kurse in "Arctic Biology", "Arctic Geophysics" und "Arctic Technology" angeboten. Ein Blick auf die UNIS-Seite im Internet (www.unis.no) lohnt sich. Wer sich wirklich konkret für einen Spitzbergen-Aufenthalt interessiert, kann mich auch gerne anmailen: simone.philippi@geogr.uni-giessen.de.

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