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Auf den Spuren kosmischer Teilchen

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Kurz vor dem Start: Mehrere Projektbeteiligte schicken den Stratosphärenballon mit der Styroporbox, in der sich die Messinstrumente befinden, gleich auf seine Reise. © Docter

Studierende der JLU Gießen starteten am Mittwoch einen selbst gebauten Stratosphärenballon mit allerlei Messinstrumenten, um damit in großer Höhe auch Umweltdaten zu sammeln.

Gießen . Wer am Mittwoch zur Mittagszeit seinen Blick gen Himmel gerichtet hat, könnte ihn als immer kleiner werdenden weißen Punkt über Gießen erspäht haben: Den Stratosphärenballon, den Studierende der Justus-Liebig-Universität (JLU) vom naturwissenschaftlichen Campus im Leihgesterner Weg auf eine mehrstündige Reise schickten. Gefüllt mit reinem Helium, sollte der knapp vier Meter hohe und 1,5 Kilogramm leichte Ballon in der darunter hängenden Styroporbox zahlreiche Messinstrumente, wie etwa einen Detektor für kosmische Strahlung, sowie auch Bakterien und Sporen in die Stratosphäre tragen. Also jene Schicht der Erdatmosphäre, die bis in 50 Kilometer Höhe reicht. Dies geschah im Rahmen eines Projekts von circa 15 jungen Leuten aus den JLU-Studiengängen Physik sowie Physik und Technologie für Raumfahrtanwendungen, die dazu eng mit Biologen der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) und der Philipps-Universität Marburg kooperierten.

Minustemperaturen

Kaum war der Ballon auf dem Platz vor dem Chemie-Neubau am Heinrich-Buff-Ring gestartet, erwischte ihn eine Windböe, worauf sich die Styroporbox mit den Messvorrichtungen in einem Baum verfing. Nachdem man diesen mehrmals von unten geschüttelt hatte, löste sie sich schließlich aus den Fängen der Äste und das einem Wetterballon ähnelnde Fluggerät stieg schnell in den wolkenlosen Himmel empor. Von unten blickten ihm noch lange viele neugierige Augenpaare hinterher. Im Laufe der Zeit hatten sich immer mehr Zuschauer auf dem Platz eingefunden.

»Wir haben alles selbst entwickelt, gebaut, gelötet und programmiert«, erzählte Projektleiterin Stephanie Käs im Gespräch mit dem Anzeiger. Dabei waren genaues Planen und Maßarbeit der Studierenden gefragt, denn beim Flug in Höhen, die weit über denen von Passagierflugzeugen liegen, wird dem Material bei hohen zweistelligen Minustemperaturen einiges abverlangt. Noch dazu kann sich der Ballon aufgrund des nachlassenden Außendrucks auf das bis zu Vierfache ausdehnen.

Besonders interessiert waren die jungen Wissenschaftler an der Messung von Myonen, kosmischen Teilchen, die beispielsweise »bei starker Sonnenaktivität oder durch eine Supernova entstehen« und dann auf die Erde treffen, wie Physik-Studentin Kim Giebenhain erläuterte. Ihre Kommilitoninnen Selin Demirci und Jennifer Döring hatten sich extra zusätzliches Biologie-Wissen angeeignet, um die Experimente zu den ebenfalls mitgeführten Bakterien und Sporen zu verfeinern. Hier war es das Ziel, mehr über deren Umweltabhängigkeit zu erfahren. Darüber hinaus sollten auf dem Flug mit Sensoren allerlei Umweltdaten ermittelt werden.

Einfach so fliegen lassen konnten die Projektbeteiligten den großen Stratosphärenballon natürlich nicht. Wie zum Beispiel auch Besitzer von Drohnen mussten sie vorher hochoffiziell eine Startgenehmigung beantragen. Und so gewährte man ihnen »ein relativ enges Zeitfenster« zwischen 11 und 15 Uhr, wie Prof. Sören Lange, einer der Unterstützer der Studierenden, auf Nachfrage schilderte.

Die Beteiligten hatten mit einem circa dreistündigen Flug gerechnet, bevor Ballon und Messinstrumente irgendwo auf den Erdboden zurückkommen würden. Stephanie Käs erwartete hierbei, dass er bis etwa Frankfurt/Main fliegen würde, während Sören Lange auf die Region Friedberg tippte. Ob einer von beiden Recht hat oder er doch ganz woanders landete, ließ sich bis Redaktionsschluss nicht feststellen. Denn wie die Projektleiterin später im Gespräch mit dieser Zeitung berichtete, ist das GPS-Signal, mit dem sich jederzeit die Position des Ballons ermitteln lässt, »etwa eine Stunde nach dem Start verloren gegangen«.

Hilfe benötigt

Und so konnten sie und ihre Mitstreiter bis zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht sagen, ob denn die beim Flug geplanten Messungen Daten erbracht haben, oder zumindest ein Teil davon. »Das wissen wir erst, wenn wir alles gefunden haben.« Bei der Suche nach dem Ballon und der Styroporbox mit den Versuchsvorrichtungen hoffen alle Beteiligten nun auch auf Hilfe aus der Bevölkerung. Da sich in der Box Kontaktdaten befinden, bittet die Physikerin die oder den Finder, ihnen möglichst schnell Bescheid zu geben. Noch ist also nichts verloren und weiterhin eine erfolgreiche Mission möglich.

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