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Trinken an heißen Tagen

PD Dr. Gernot Kuhnen


An heißen Tagen verlieren wir durch Schwitzen Wasser und Elektrolyte. Die Elektrolyte (Salze) nehmen wir meist ausreichend mit der Nahrung auf, aber die verlorene Flüssigkeit muss ersetzt werden. Mit steigender Hitzebelastung muss die Hautdurchblutung zur Wärmeabgabe ansteigen und durch den Flüssigkeitsverlust wird die Belastung für den Kreislauf zusätzlich größer. Auch eine ausreichend hohe Schweißrate zur Kühlung kann nur bei ausreichender Hydratation des Körpers erfolgen. An heißen Tagen sollte man etwa 2 bis 3 Liter trinken (bei sehr hohen Schweißraten auch mehr).

Was sind gut geeignete Getränke?

Wasser, Mineralwasser, kalter ungesüßter Tee, Fruchtschorlen
Wasser schmeckt nicht? tun Sie doch etwas Zitronenmelisse und Zitronenscheiben dazu.
Meiden sollte man energiereiche oder entwässernde Getränke wie bspw. Energiedrinks, Limonaden und Alkohol (bei energiereichen Getränken erfolgt die Wasseraufnahme erheblich langsamer und Alkohol stimuliert die Flüssigkeitsausscheidung/Diurese).

Eine paar physiologische Daten:

Die Hautdurchblutung liegt bei thermoneutralen Bedingungen bei 0,5 l/min und kann bei Wärmebelastung schnell auf 2 bis 4 l/min ansteigen.
Die perspiratio insensiblis (passiver Wasserverlust über Haut und Atmung) liegt bei 0,04 l/h (0,9 l/d) während man beim Schwitzen (perspiratio sensibilis) leicht Werte von etwa 0,5 l/h erreicht und bei harter Hitzebelastung auch 4 l/h. Bei der Verdunstung von einem halben Liter Schweiß entsteht eine Verdunstungskälte von ca. 1200 kJ, dieses Kühlung reicht theoretisch aus um die Körpertemperatur eines 70 kg schweren Menschen um 4 °C zu senken.
Über die Nieren scheiden wir meist 1 ml/min als Endharn aus, dieser Wert sinkt bei Wassermangel (Dehydratation) auf 0,3 ml/min.

… und etwas für Besserwisser:

Dehydrierung ist die Abspaltung von Wasserstoff, hingegen heißt der Verlust/Mangel von Wasser Dehydratation bzw. Dehydration.

 

Heiße oder kühle Getränke an heißen Tagen?

Häufig findet man den Ratschlag an heißen Tagen warme bzw. heiße Getränke zu sich zu nehmen. Schauen wir uns die zugrundeliegenden Theorien näher an:

  • a. "Stimulation der Wärmeabgabe durch heiße Getränke"
    Diese Theorie stammt von Wissenschaftlern aus Großbritannien der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts und ist, trotz ihrer mangelhaften Begründung, weit verbreitet: "Durch ein heißes Getränk erhöhe ich die Kerntemperatur, dieses stimuliert den Hypothalamus und steigert die Wärmeabgabe". Die Aussage ist richtig, doch die Kerntemperatur zu steigern, damit der Körper dann stärker gegenreguliert (höhere Hautdurchblutung, mehr Schwitzen) ist Unsinn, - oder öffnen Sie im Winter das Fenster, wenn Ihnen im Raum kalt ist, damit ihr Heizungs-Thermostat stärker aktiviert wird und der Heizkörper stärker wärmt? Unser körperinternes Regelsystem der Körpertemperatur hält unsere Körpertemperatur in engen Grenzen konstant, auf jede Abweichung der Körpertemperatur vom Soll-Wert reagiert der Körper mit einer proportionalen Gegenregulation, deshalb sind solche Manipulationen unsinnig.
  • b. "Stimulation der Wärmeproduktion durch kalte Getränke"
    Diese Theorie besagt, dass zur Erwärmung der Getränke oder der Nahrung auf Körpertemperaturniveau eine aktive Erwärmung notwendig ist. Im Magen-Darm-Trakt findet allerdings nur eine passive Erwärmung durch die Körperwärme statt; d.h. die Körpertemperatur wird um den Wärmebetrag gesenkt, der notwendig ist um die Nahrung auf Körpertemperaturniveau zu bringen. Das bedeutet, wenn Ihnen im Sommer warm ist und Sie schwitzen (Sie also Ihre Soll-Wert-Temperatur überschritten haben), führt ein kühles Getränk oder ein Eis zu einer erwünschten Senkung der Kerntemperatur. Essen Sie allerdings sehr viel Eis, dann könnten Sie natürlich ihre Körpertemperatur soweit herunterkühlen, dass der Soll-Wert unterschritten wird und Ihnen kühl wird. Die erste Gegenregulation wird dann eine Verminderung Ihrer Hautdurchblutung sein. Sie müssen schon sehr viel Eis essen bis es zur Steigerung der Wärmeproduktion kommt. Im Übrigen, gibt es nur sehr wenige Kaltrezeptoren im Bereich des Magen-Darm-Trakts und dieser ist auch nicht zu einer regulativen Wärmeproduktion fähig. Eine aktive Erwärmung der Nahrung gibt es nicht!

Für beide genannten Theorien gibt es keine wissenschaftlichen Belege, hingegen ist die Zahl der Studien, die ihre Unsinnigkeit belegen groß. So wurden in den 60er Jahren in vielen Untersuchungen heiße und kalte Getränke bzw. Lebensmittel z.T. genutzt um die Kerntemperatur zu verändern, kalte Nahrungsmittel zur Senkung der Körperkerntemperatur und warme Nahrungsmittel zur Erhöhung der Körperkerntemperatur. Der Körper reagiert auf diese Kerntemperaturänderung nur dann mit einer entsprechenden Gegenregulation, wenn der Soll-Wert-Bereich verlassen wird.

Fazit:

Beim Trinken an heißen Tagen (generell bei Wärmebelastung) geht es primär darum den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, damit es nicht zur Beeinträchtigung des Kreislaufsystems und des Schwitzens kommt. Kühle Getränke sind dabei vollkommen in Ordnung, wenn einem warm ist. Allerdings sollte man eiskalte Getränke meiden, da diese unter Umständen zu Magenkrämpfen führen können und dann die notwendige Flüssigkeitsaufnahme behindern. Auch sollte man Getränke meiden, die den Kreislauf und den Wasserhaushalt des menschlichen Körper beeinträchtigen (z.B. Alkohol, Kaffee u.ä.).

 

Und warum wird dann in vielen heißen Ländern traditionell heißer Tee getrunken?
Nun, dafür gibt es mehrere Gründe: Geschmack, Gewohnheit, Tradition und Hygiene (übrigens nicht alles was man macht ist gesund, denken Sie nur an das Rauchen). In heißen Ländern besteht leicht die Gefahr einer Keimbelastung des Trinkwassers, so dass sich der Genuss von gekochten/heißen Getränken als gesundheitsförderlich herausgestellt hat, auch wenn dieses den Leuten meist nicht unbedingt bewusst ist. In einigen afrikanischen und arabischen Gegenden wird übrigens gerne mentholhaltiger Tee getrunken. Menthol ist ein Stoff, der die Kaltrezeptoren des Körpers stimuliert und damit ein angenehmes Kälteempfinden auslöst.