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Erlasse zu Schulprogrammen und Jahresberichten der Schulen in Hessen bis 1918

Großherzogtum Hessen

Im Bereich des Großherzogtums Hessen (= Hessen-Darmstadt) gab es selbst um 1875 nur eine überschaubare Zahl von Gymnasien und Realschulen:

  Gymnasien  Realschulen
  • Großh. Gymn. Bensheim, gegr. 1686
  • Großh. Gymnasium Büdingen, gestiftet 1601, erneuert 1822
  • Großh. Gymn. Darmstadt, gegr. 1629
  • Großh. Gymn. Gießen, gegr. 1605 als Pädagogium
  • Großh. Gymn. Mainz
  • Großh. Gymn. Worms, gegr. 1804, mit Vorläufern
  • Alsfeld, gegr. 1861
  • Alzey, gegr. 1841
  • Bingen, gegr. 1837
  • Darmstadt, gegr. 1822
  • Friedberg, gegr. 1850, früher Augustiner-Schule
  • Giessen, gegr. 1837
  • Mainz, gegr. 1836
  • Michelstadt, gegr. 1834
  • Offenbach a. M., gegr. 1834
  • Worms (mit dem Gymn. verb.)

Die meisten Gymnasien dürften bereits seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Schulprogramme als Einladung zu Prüfungen gedruckt haben. Preußen machte 1824/25 Vorgaben für die Struktur von Schulprogrammen, andere Länder folgten. Über das Großherzogtum Hessen finden sich in dem Standardwerk von Richard Ullrich: Programmwesen und Programmbibliothek der Höheren Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. - Berlin : Weidmann, 1908 die Regelungen von 1853 bis 1876 als Nr. LXXIII - LXXV des bibliographischen Teils (= S. 103-104).

Über die Regelungen im Großherzogtum Hessen für die Zeit vor 1850 berichtet das "Programm des Großherzoglichen Gymnasiums zu Büdingen" 1872, S. 42:

"Nach der von Keller entworfenen Schulverfassung sollte ein Programm zu jedem Frühlingsexamen gedruckt werden. 1824 erschien das erste Programm. Vom Jahr 1834 an fand die Ausgabe von Programmen nicht mehr statt. Die Veranlassung hierzu war wohl die 'Allerhöchste Verordnung vom 6. Juni 1832, die Errichtung eines Oberstudienraths betreffend' (Vgl. Reg.Bl. Nr. 61 vom 14. Juli 1832). Art. 21 dieser Verordnung enthielt nämlich folgende Bestimmung:

Um das sich dafür interessierende Publikum über den Zustand und die Fortbildung des gelehrten Schulwesens in beständiger Übersicht zu halten, sollten, unter Aufsicht des Oberstudienraths, Annalen der gelehrten Schulen des Großherzogtums Hessen herausgegeben werden, von denen am Ende jedes Schuljahres ein Heft erscheint, worin nicht bloß alle Nachrichten über die Bildungsanstalten, wie solche seither in den Programmen, die von nun an nicht mehr erscheinen werden, aufzunehmen sind, sondern auch wissenschaftliche Erörterungen und Erfahrungen über Führung des gelehrten Schulwesens".

Wieder angeregt wurde die Ausgabe von Programmen durch ein Reskript Großherzoglicher Oberstudien-Direktion vom 3. November 1852, dem zufolge die Gymnasien und Realschulen "alljährlich wenigstens eine zweckmäßig eingerichtete Übersicht" aufstellen sollten, welche mindestens enthielt: 1) den Stundenplan, 2) eine Zusammenfassung der Stunden eines jeden Lehrers, 3) nähere Angabe des Inhalts der Lehrgegenstände jeder Klasse, 4) die Zahl der Schüler mit Unterscheidung der Klassen, der Ortsangehörigen, der Inländer und der Ausländer und 5) Notiz über den Ab- und Zugang von Schülern". Durch Reskript Großherzoglicher Oberstudien-Direktion vom 28. August 1856 wurde dann die Ausgabe von Programmen für alle höheren Lehranstalten angeordnet mit näherer Bestimmung über den Inhalt derselben und seine Gliederung, sowie über die äußere Gestalt der Programme. Diese Bestimmungen sind bis jetzt [i.e. 1872] maßgebend geblieben."

Eine Zeitschrift mit dem Namen "Annalen der gelehrten Schulen des Großherzogtums Hessen" ist nicht zu finden. Hier besteht noch Klärungsbedarf.

Die Erlasse, die die Schulen im Großherzogtum Hessen (Hessen-Darmstadt) betreffen, wurden in der Rechtssammlung "Das höhere Schulwesen im Großherzogtum Darmstadt : Gesetze, Verordnungen, Verfügungen / Hrsg. von L. Nodnagel. Gießen: Roth 1903" und nachfolgenen Ergänzungsbänden abgedruckt. Es gibt in allen Bänden ein Kapitel "Programme. Bibliotheken". Die Erlasse vor 1875 fehlen, für die Zeit davor wird in einem späteren Band ein Erlass vom 27.5.1853 als Auszug abgedruckt, der auch bei Ullrich erwähnt wird. In welchem Verhältnis dieser Erlass zu den oben genannten vom 3.11.1852 und vom 28.8.1856 steht muss noch geklärt werden. Die bei Nodnagel aufgeführten Erlasse werden im folgenden als Scan bereitgestellt.

  • 27. Mai 1853 betreffend: Austausch der von den höheren Lehranstalten alljährlich in Druck gegebenen Programme, und dieser Programme überhaupt, an sämtliche Direktoren der Gymnasien, der Realschulen und der höheren Gewerbeschule.
    Grundlegende Verordnung über die Programm-Verhältnisse, besonders aber über den dauerhaften Wert auch der Jahresberichte allein, Art der Abfassung der freiwilligen wissenschaftlichen Beigaben, die der Direktor zu prüfen hat, und Tausch zwischen den hessischen Anstalten unter sich und mit anderen Staaten
    Bei Ullrich (S. 103, Nr. LXXIII) knappe Beschreibung, bei Nodnagel 1908, S. 64 Auszug
     
  • 7. Juni 1875 betreffend: Regulierung des Programmwesens bei den höheren Unterrichstanstalten des Landes:
    Allgemeine Regulierung, insbesondere den Tausch betreffend. Beigabe einer Abhandlung wünschenswert. Sowohl im Interesse der fortgesetzten wissenschaftlichen Tätigkeit der Lehrer, als mit Rücksicht auf die Förderung lokaler Interessen und der Beziehung zwischen der Schule und dem elterlichen Hause.
    (Nodnagel 1903, S. 275-276) (Mit Abdruck der Dresdener Vereinbarung S. 276-278 )
     
  • 8. Juni 1875 betreffend: Die Einlieferung von Pflichtexemplaren der im Großherzogtum veröffentlichten Drucksachen an die Großherz. Universitätsbibliothek
    "Sie wollen von den an Ihrer Schule bisher erschienenen Programmen, soweit es der Vorrat erlaubt, je ein Exemplar der Universitätsbibliothek zu Gießen zustellen."
    (Nodnagel 1903, S. 280)
     
  • 2. März 1876 betreffend: Regulierung des Programmwesens bei den höheren Unterrichstanstalten des Landes:
    Die Kostenfrage: Bedenken wegen der großen Zahl der Exemplare, die infolge des allgemeinen deutschen Tauschverkehrs nötig werden. Erwägung, die Mehrkosten auszugleichen (Trennung der Abhandlung von dem Jahresbericht, Beschränkung des Umfangs oder Weglassung des ersteren, Verwendung eines weniger kostspieligen Papiers).
    (Nodnagel 1903, S. 278)
     
  • 4. September 1883 betreffend: Die Programme der Gymnasien und Realschulen:
    Die Programme sollen auch an die Großherzogliche Rechnungskammer geschickt werden, da es mitunter von Interesse sei, bei Rechnungsrevisionen das Programm des Schuljahres einzusehen.
    (Nodnagel 1903, S. 279)
     
  • 12. Dezember 1885 betreffend: Programmwesen an den höheren Lehranstalten
    Der Titel der Abhandlung, eventuell die Mitteilung, dass nur Schulnachrichten erscheinen, soll bis zum 15. Oktober des Vorjahres eingereicht werden.
    (Nodnagel 1903, S. 279)
     
  • 13. Oktober 1909 betreffend: Die Kosten der Jahresberichte
    Schülerverzeichnisse sind wegzulassen, die Mitteilungen zur Schulgeschichte sind in knappste Form zu bringen. Die wissenschaftlichen Beilagen sind auf einen tunlichst geringen Umfang zu bringen. Sie sollen zwar in erster Linie Proben wissenschaftlicher Arbeit sein, zugleich aber dazu beitragen, das Interesse der Elternkreise an die Schule und ihre Tätigkeit zu fesseln. Sie sollen sich nicht mit entlegenen fachwissenschaftlichen Einzelheiten befassen sondern allgemein interessierende Schul- und Erziehungsfragen erörtern oder die Ergebnisse lokalgeschichtlicher oder heimatkundlicher Forschung in lesbarer Form darbieten. (Nodnagel 1910, S. 51-52)
     
  • 10. April 1911 betreffend: Die Jahresberichte (Programme) der höheren Lehranstalten
    Die Jahresberichte sind in 8 Exemplaren abzuliefern. Sofern Höhere Bürgerschulen keine gedrucken Berichte erstellten, ist eine Vorlage mit entsprechendem Inhalt abzuliefern.
    (Nodnagel 1913, S. 69-70)
     
  • 24. November 1913 betreffend: Jahresberichte
    Die Jahresberichte sollen auf Ersuchen des Zentralausschusses zur Förderung der Volks- und Jugendspiele über sportliche Aktivitäten berichten.
    (Nodnagel 1917, S. 140)
     
  • 30. Dezember 1913 betreffend: Die Jahresberichte
    Vorgaben für die Gliederung der Jahresberichte
    (Nodnagel 1917, S. 140-141)
     
  • 4. März 1914 betreffend: Die Jahresberichte der höheren Lehranstalten
    Die Jahresberichte sollen auch an das Großherzogliche Konsistorium in Darmstadt und das Bischöfliche Ordinariat in Mainz geschickt werden.
    (Nodnagel 1917, S. 141)
     
  • 6. Januar 1916 betreffend: Die Jahresberichte
    Erinnerung, dass Jahresberichte den Vorgaben des Erlasses vom 30.12.1913 entsprechen sollen.
    (Nodnagel 1917, S. 141)

Kurfürstentum Hessen

Das Kurfürstentum Hessen (Hessen-Kassel) bestand bis 1866. Danach wurde es preußisch. Erlasse werden bei Ullrich (1908) nicht erwähnt. Laut Wiese (1868, S. 704) nahmen die Schulen seit 1836 am preußischen Schriftentausch teil.

Herzogtum Nassau

Das Herzogtum Nassau bestand bis 1866. Danach wurde es preußisch. Erlasse werden bei Ullrich (1908) nicht erwähnt. Laut Wiese (1868, S. 704) nahmen die Schulen seit 1838 am preußischen Schriftentausch teil.

Freie Reichsstadt Frankfurt

Die Freie Reichsstadt Frankfurt war bis 1866 selbständig, danach wurde sie preußisch. Die Schulen der Freien Reichsstadt Frankfurt beantragten bereits 1831, am preußischen Schriftentausch teilzunehmen. (Wiese S. 704)

Landgrafschaft Hessen-Homburg

Die Landgrafschaft Hessen-Homburg umfasste ein kleines Gebiet um (Bad) Homburg vor der Höhe und ein weiteres Gebiet um Birkenfeld im Hunsrück. 1866 fiel die Landgrafschaft im Erbfall an Hessen-Darmstadt, nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg im gleichen Jahr an Preußen. Bis 1866 gab es keine Gymnasien in der Landgrafschaft.

Fürstentum Waldeck

Die Verwaltung des Fürstentums Waldeck war 1867 durch Accessionsvertrag an Preußen übergegangen, die Schulorganisation erfolgte von Kassel aus. (Wiese, 1868, S. 494). Das Landesgymnasium befand sich in Korbach, "Programme erschienen anfangs jedes Semester auf einzelnen Bogen in forma patenti, seit 1833 jährlich, seit 1849 in jedem 3ten Jahr mit einer Abhandlung" (Wiese, S. 496). Regelungen aus der Zeit vor 1867 werden von Ullrich (1908) nicht erwähnt.

Wetzlar

Die Reichstadt Wetzlar kam nach diversen Gebietswechseln der napoleonischen Zeit durch den Wiener Kongress an Preußen und wurde von diesem der Rheinprovinz zugeordnet. Dabei blieb es bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Für das Gymnasium in Wetzlar galten somit ab 1824 die preußischen Regelungen, die bei Ullrich ausführlich dargestellt werden.

Literatur:

(zusammengestellt von Lothar Kalok)