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Für mehr Biodiversität bei den Kulturpflanzen

EU fördert BIOVALUE-Konsortium unter Beteiligung der Universität Gießen – Tool zur Steigerung der Pflanzenvielfalt in der Agrar- und Lebensmittel-Wertschöpfungskette

Nr. 123 • 4. Oktober 2021

Die Vielfalt an Kulturpflanzenarten und -sorten hat in Europa in den vergangenen Jahrzehnten stark abgenommen. Der Grund: Viele Nutzpflanzen, darunter verschiedene Hülsenfrüchte, Getreide- und Gemüsearten wie z.B. Linsen, Buchweizen, Mangold, die die Biodiversität erheblich bereichern können, wurden in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr züchterisch bearbeitet und sind wirtschaftlich nicht mehr rentabel und fehlen daher zunehmend in der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette sowie in der Ernährung der Verbraucherinnen und Verbraucher. In dem Projekt BIOVALUE wird ein internationales Konsortium unter Beteiligung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) Strategien zur Erhöhung der Biodiversität aus wenig genutzten, genetisch vielfältigen Nutzpflanzen bereitstellen und diese Pflanzenvielfalt in die Wertschöpfungsketten einzuführen. Das Projekt wird von Europäischen Union (EU) innerhalb des EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ ab Oktober für vier Jahre mit rund sechs Million Euro gefördert, davon erhält die JLU rund 436.000 Euro.

Das Hauptziel von BIOVALUE ist es, ein dynamisches und anpassbares Tool zu entwickeln, das die Verbindung zwischen Biodiversität, der Wertschöpfungskette im Agrar- und Lebensmittelbereich, der Umwelt und den Präferenzen und der Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher analysiert. „Dieses Tool wird helfen, wenig genutzte, genetisch vielfältige Nutzpflanzen und daraus hergestellte marktfähige Endprodukte einzuführen, zu modellieren, zu bewerten, zu produzieren und zu verbreiten“, so Dr. Elena Xoplaki, Institut für Geographie und Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung (ZEU) der JLU, die an dem Projekt beteiligt ist. Von Seiten der JLU eingebunden sind zudem Prof. Dr. Andreas Gattinger (Ökologischer Landbau), Dr. Irina Solovyeva (Agrarökonomie und Ernährungssysteme) sowie Prof. Dr. Rainer Waldhardt (Landschaftsökologie und Landschaftsplanung).

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verfolgen mit BIOVALUE einen nachfrageorientierten Ansatz – von der Gabel bis zum landwirtschaftlichen Betrieb. Sie modellieren die Interaktionen und das Verhalten von Individuen in der gesamten sowie verschiedene gegenwärtige und zukünftige Wasserverfügbarkeits- und Klimaszenarien in Europa und darüber hinaus. „Am Ende des Projekts werden zum Teil neuartige und teilweise althergebrachte, verarbeitete Lebensmittelprodukte – und damit auch neue Gerichte – stehen, die untergenutzte, genetisch vielfältige Nutzpflanzen einbeziehen und den Weg für deren landwirtschaftliche Produktion und Markteinführung ebnen“, erläutert Dr. Xoplaki.

Innerhalb des BIOVALUE-Projekts leiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der JLU das Arbeitspaket zum Thema „Verbesserung der Biodiversitätsverbindungen in der Agrar- und Lebensmittel-Wertschöpfungskette mit Hilfe des BIOVALUE-Tools“. Dabei werden Strategien zur Steigerung der Pflanzenvielfalt für jede Akteurin und jeden Akteur der Wertschöpfungskette sowie die gesamte Wertschöpfungskette untersucht. Das Team der JLU wird sich insbesondere mit der Rolle der Produzentinnen und Produzenten befassen. Im Fokus stehen landwirtschaftliche Praktiken und Kooperationsstrategien, die auf eine hohe Diversität von Pflanzenkulturen abzielen. Zusammen mit anderen Partnern, die an diesem Arbeitspaket beteiligt sind, werden Forscherinnen und Forscher der JLU das BIOVALUE-Tool testen und die Ergebnisse des Modells interpretieren, um Empfehlungen für bestimmte Akteurinnen und Akteure sowie die gesamte Wertschöpfungskette zu formulieren. „Innerhalb dieses Prozesses ist es äußerst wichtig, mehrere Interessengruppen einzubeziehen, um die Akzeptanz und Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen sicherzustellen“, betont Dr. Xoplaki.

Darüber hinaus wird die JLU die Teilprojekte zur Modellierung der möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität und die sich durch den Klimawandel ändernden Wechselbeziehungen zwischen Biodiversität, Boden- und Wasserbedingungen leiten. Hier sollen Klimaprojektionen für die nächsten Jahrzehnte auf Tages-, Monats- und saisonalen Skalen generiert werden. Besonderes Augenmerk wird auf die räumliche und zeitliche Verteilung von Extremwetterereignissen in Europa gelegt, die erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben.

Zudem wird das ZEU-Team in das BIOVALUE-Pflanzenzuchtprogramm eingebunden, das auf die Vermehrung und Verbreitung von bislang wenig genutzten Arten und Sorten abzielt. Die Kriterien für die Auswahl dieser Pflanzen sind unter anderem ihre Wasser-Energie-Effizienz, ihre ökologische Resilienz, eine hohe Nährstoffqualität und ein hohes Potenzial für den Eintritt in die Wertschöpfungskette. Das JLU-Team wird hier auch in die Datenerhebung in Deutschland involviert sein.

Das BIOVALUE-Konsortium besteht aus 17 Partnern aus Griechenland, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Estland, Norwegen, Ungarn, Rumänien, Zypern, Georgien und der Türkei und wird von der Aristoteles-Universität Thessaloniki in Griechenland koordiniert. Es umfasst Universitäten, Forschungsinstitute, kleine und mittelständische Unternehmen, landwirtschaftliche Organisationen und Beratungsunternehmen.

  • Kontakt


Institut für Geographie, Bereich Klimatologie, Klimadynamik und Klimawandel
Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung (ZEU)
Telefon:  0641 99-36212

Presse, Kommunikation und Marketing • Justus-Liebig-Universität Gießen • Telefon: 0641 99-12041

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Forschung