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Neuer Kuhstall für die Ökolandbau-Forschung auf dem Gladbacherhof

Neubau ermöglicht vergleichende Agrarsystemforschung zu den Auswirkungen ökologischer Intensivierung auf Produktivität, Tierwohl, Umwelt und Klima

Nr. 74 • 17. Juni 2021

Luftaufnahme des Gladbacherhofs in Villmar. Der neue Kuhstall entsteht in der Nähe der Gebäude rechts im Bild. Foto: Franz Schulz, Gladbacherhof
Werden auch weiterhin auf der Weide grasen: Kühe auf dem Gladbacherhof. Foto: Marzena Seidel
Vielfältige Forschungsvorhaben in der ökologischen Landwirtschaft ermöglicht ein neuer Milchviehstall, der derzeit auf der Hessischen Staatsdomäne Gladbacherhof in Villmar gebaut wird, einer Lehr- und Forschungseinrichtung für ökologischen Landbau am Fachbereich 09 – Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Der neue Stall soll insbesondere für Forschungsarbeiten in der Milchproduktion sowie im Bereich Tier-Pflanze-Agrarsysteme genutzt werden. Er entsteht auf der Anhöhe an der Landstraße zwischen Selters-Münster und Villmar-Aumenau. Voraussichtlich im Frühjahr 2022 wird der Stall in Betrieb genommen.

Im Bereich der Tierhaltung liegen die Forschungsschwerpunkte auf den Auswirkungen verschiedener Intensitätsstufen der ökologischen Milchproduktion auf Milchleistung, Tierwohl und Tiergesundheit sowie auf das Klima. „Mit dem Neubau baut der Fachbereich sowohl die Forschung als auch die Lehre in diesem gesellschaftlich relevanten Themenbereich deutlich aus“, so Dekan Prof. Dr. Klaus Eder. Bei der klimabezogenen Forschung wird insbesondere die Fragestellung betrachtet, ob eine intensiv mit Mais und Getreide gefütterte Milchkuh höhere oder niedrigere Mengen an Treibhausgasen wie Methan pro Kilogramm Milch freisetzt als eine extensiv gefütterte Milchkuh, die vor allem Grünfutter und nur wenig Mais und Getreide bekommt. Zudem wird die Milchleistung der beiden Herden verglichen. Das neue Haltungssystem wird außerdem für Forschungsaktivitäten im Bereich Pflanzenbau und Landnutzung genutzt, zum Beispiel zur Integration von Nutztieren in moderne Agroforstsysteme. Es wird auf den Weideflächen rund um den neuen Stall ein Agroforstsystem etabliert werden, das weitere Forschungsvorhaben ermöglichen wird.

Derzeit werden auf dem Gladbacherhof 90 Milchkühe und deren weibliche Nachzucht gehalten. Das momentan genutzte Stallgebäude und die Melktechnik sind jedoch teilweise veraltet. So ist es im jetzigen Stallgebäude nicht möglich, vergleichende Agrarsystemforschung durchzuführen.

Der neue Kuhstall bietet Platz für 128 Kühe. Dabei können zwei Herden mit 64 Kühen getrennt voneinander gehalten werden. Die Fütterung erfolgt mit einem Fütterungsroboter, der für jede Herde die passende Ration aus den einzelnen Futterkomponenten zusammenmischt. Das Futter wird den Kühen tagsüber und auch nachts je nach Bedarf frisch vorgelegt. Die gefütterte Menge der einzelnen Futtermittel wird für jede Herde individuell erfasst. Wie bei Bio-Betrieben üblich, werden die Kühe zudem weiterhin auf Weiden grasen. Dafür werden zusätzliche Weideflächen geschaffen. Gemolken werden die Kühe mit einem Melkroboter, der Milchleistung und Inhaltsstoffe der Milch individuell für jedes Tier bei jedem Melkvorgang misst. Für jede Herde wird zudem die Gülle separat erfasst, gelagert und untersucht.

Außer dem Stall werden auch vier Fahrsilos gebaut für die fachgerechte Lagerung der Futtermittel. Zudem entstehen zwei separate Güllelagerstätten, um die Exkremente herdenspezifisch auffangen zu können.

Der technisch aufwändige Neubau des 2.300 Quadratmeter großen Milchviehstalls kostet rund 1,2 Millionen Euro; für die Errichtung von Fahrsilos und Güllebehältern fallen rund 800.00 Euro an. Hinzu kommen rund 600.000 Euro für die technischen Anlagen zum Ausführen von wissenschaftlichen Versuchen, dazu gehören unter anderem Einrichtungen für Methanmessungen und eine Einzeltierwaage. Rund 200.000 Euro kostet zudem die Erschließung des Grundstücks, das etwas oberhalb des Gladbacherhofs liegt. Finanziert wird die Baumaßnahme von der Hessischen Landgesellschaft, dem Verpächter der Domäne, und der JLU.

Der Gladbacherhof wird seit den 1980er-Jahren ökologisch bewirtschaftet nach den Richtlinien der Anbauverbände Bioland und Naturland. Er umfasst derzeit 180 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Seit dem Jahr 1990 ist der Gladbacherhof eine Lehr- und Forschungseinrichtung der JLU für ökologischen Landbau. Mit dem 2019 gegründeten Förderverein Ökolandbau soll der Gladbacherhof zudem ein Begegnungsort und ein Zentrum für regionale Aktivitäten sein.

  • Weitere Informationen

www.uni-giessen.de/fbz/fb09/forschung/lehreinrichtungen/Standorte_neu/gh

 

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