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Mehr als 13 Millionen Euro für neue Therapien bei lebensbedrohlichen Herz-Lungen-Erkrankungen

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den Sonderforschungsbereich 1213 zur Herz-Lungen-Forschung in Gießen für weitere vier Jahre – Vielfältige Erfolge in der ersten Förderperiode

18. Juni 2020

Pressemitteilung des Forschungscampus Mittelhessen (FCMH)


Herz und Lunge sind ein perfektes Team: So kann die rechte Herzkammer die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff bei körperlicher Belastung um ein Mehrfaches steigern; die dünnwandigen Lungengefäße bieten einen nahezu widerstandsfreien Blutfluss, was die Sauerstoffaufnahme optimiert. Doch dieses Zusammenspiel ist bei vielen Erkrankungen gravierend gestört, unter anderem bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), bei COVID-19, Lungenkrebs, Herzinsuffizienz und insbesondere beim Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie). Hier führen verdickte Lungengefäßwände zu einer Verkleinerung des Querschnitts, so dass der rechte Herzmuskel durch das erschwerte Pumpen überlastet wird. Leistungseinschränkungen, schwere Luftnot und Wassereinlagerung sind die Folgen. Um neue Therapiestrategien für den tödlichen und bislang unheilbaren Lungenhochdruck und die Überlastung des rechten Herzens zu entwickeln, erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Federführung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) im Rahmen eines DFG-Sonderforschungsbereichs (SFB) die krankmachenden Umbauprozesse in Lunge und Herz. Nun wurde die Förderung für den SFB 1213 „Pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale“ verlängert: Für die kommenden vier Jahre stellt die DFG dem Sonderforschungsbereich rund 13,84 Millionen Euro zur Verfügung.


„Ich freue mich sehr darüber, dass die wichtige Arbeit unseres Forschungskonsortiums so honoriert wurde und nun fortgesetzt werden kann“, so Prof. Norbert Weißmann, Sprecher des Sonderforschungsbereichs, der eine Professur im Exzellenzcluster Cardio-Pulmonales Institut (CPI) an der JLU innehat. „Unser Vierjahres-Etappenziel auf dem Weg, neue Zielstrukturen für die Behandlung des Lungenhochdrucks und des Versagens des rechten Herzens zu finden, haben wir erreicht.“ So identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem einen molekularen Mechanismus, der die Erkrankung aus der Wand der Gefäße heraus steuert. Mit diesen Erkenntnissen konnten sie vielversprechende Erfolge bei der Behandlung von Lungenhochdruck mit einem Krebsmedikament erzielen (JLU-PM Nr. 184 vom 5. Juli 2019).


Erstmalig konnte eine wichtige Verbindung zwischen Lungenhochdruck und Lungenkrebs aufgezeigt und ähnliche Mechanismen in Krebszellen sowie in Lungengefäßzellen gefunden werden. Diese führen zu einer ungehemmten Vermehrung von Zellen und Ausbildung von Gewebewucherungen. Dieser bahnbrechende Befund könnte zur Entwicklung von zielgerichteten Therapien für beide Indikationen führen. Konsequenterweise beschäftigt sich in der kommenden Förderperiode ein neues Projekt mit der genaueren Entschlüsselung der Gemeinsamkeiten zwischen Krebs und Lungenhochdruck.  


Zudem haben die Forscherinnen und Forscher aufgeklärt, mit welchen Mechanismen die rechte Herzkammer die Überlastung bei Lungenhochdruck kompensiert bzw. was geschieht, wenn diese Mechanismen nicht mehr greifen – die sogenannte Dekompensation. Sie konnten unter anderem zeigen, dass bestimmte Medikamente die Herzmuskulatur stabilisieren und somit einem fortschreitenden Funktionsverlust vorbeugen können. Darüber hinaus haben sie Biomarker entdeckt, die es erlauben, den Krankheitsgrad des rechten Herzens zu bestimmen.Die Rolle der linken Herzkammer wird in der neuen Förderperiode in einem weiteren neuen Projekt intensiver untersucht.


Nicht zuletzt durch die aktuelle Corona-Krise rückt der Sonderforschungsbereich „Pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale“ in das Zentrum internationaler Aufmerksamkeit. Er ist federführend am Zentrum für Innere Medizin der Medizinischen Klinik II am Fachbereich Medizin der JLU angesiedelt. Beteiligt sind außer der JLU das Max-Planck-Institut für Herz-Lungenforschung und der Campus Kerckhoff der Justus-Liebig-Universität Gießen und ihres Fachbereichs Medizin in Bad Nauheim sowie die Philipps-Universität Marburg. Eine enge Kooperation besteht zudem mit dem Imperial College London (Großbritannien).


Um weiterhin erfolgreich neue Therapien entwickeln zu können, ist die Koordination vieler Krankenhäuser zur effizienten Durchführung klinischer Studien notwendig. Eine Verknüpfung der Versorgungsforschung mit der laufenden Grundlagenforschung auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft gewährleistet auch die Versorgungsqualität von Patientinnen und Patienten in diesem klinischen Netzwerk. Der Gießener Lungenforscher Prof. Dr. Dr. Friedrich Grimminger, Mitantragsteller und hessischer Netzwerkkoordinator, betont: „Unser Anspruch ist es, die Herz-, Lungen- und Tumorforschung, wie sie mit dem von Prof. Weißmann höchst erfolgreich koordinierten Sonderforschungsbereich 1213 betrieben wird, so schnell wie möglich auch zu unseren Patientinnen und Patienten zu bringen. Nur durch die Bündelung regionaler Krankenhauskapazitäten kann Deutschland im internationalen Wettbewerb der großen Forschungseinrichtungen mithalten. Neue Therapieansätze brauchen beides, hervorragende Grundlagenforschung und ausreichende klinische Kapazitäten, damit die Millionenförderung auch am Krankenbett ankommt.“


Das Forschungskonsortium kombiniert grundlagenwissenschaftliche und klinische Forschung. Die Untersuchungen umfassen ein breites Spektrum, darunter genetische Untersuchungen, die Analyse molekularer Signalmechanismen, Aspekte der Zell- und Entwicklungsbiologie, präklinische Krankheitsmodelle, Bildgebungsverfahren, klinische Studien sowie die Arbeit mit Daten- und Biobanken. „Entscheidend für unseren Erfolg ist die enge Verzahnung zwischen den verschiedenen Projekten, die unmittelbare Einbindung der klinischen Forschung und die hervorragende Zusammenarbeit der Projektleiter“, betont Prof. Weißmann.

  • Kontakt


Sprecher des SFB 1213
Exzellenzcluster Cardio-Pulmonales Institut (CPI)
Justus-Liebig-Universität Gießen
Telefon: 0641 99-42414


  • Weitere Informationen:

Der Forschungscampus Mittelhessen (FCMH) ist eine hochschulübergreifende Einrichtung nach §47 des Hessischen Hochschulgesetzes der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen zur Stärkung der regionalen Verbundbildung in der Forschung, Nachwuchsförderung und Forschungsinfrastruktur.
Das verbesserte Verständnis des Herz-Lungensystems und die Bekämpfung weitverbreiteter Lungen- und Herzkrankheiten unter Einbezug von systemmedizinischen und medizininformatischen Ansätzen sowie künstlicher Intelligenz sind die zentralen Ziele der gemeinsamen Forschungsaktivitäten der Forschenden im Campus-Schwerpunkt „Lungen- und Herzmedizin“.
Webseite des Campus-Schwerpunkts „Lungen- und Herzmedizin“: https://www.fcmh.de/lhm

 

 

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