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Helge-Agnes-Pross-Förderpreis für zwei Nachwuchswissenschaftlerinnen

Universität Gießen zeichnet Dissertationsprojekte zu Themen aus dem Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung aus

Nr. 120 • 18. Juni 2013

Dr. Annette Cremer, Akademische Rätin am Historischen Institut, und Mirjam Horn, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anglistik, haben den erstmals vergebenen Helge-Agnes-Pross-Förderpreis der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) erhalten. Mit dem fachbereichsübergreifenden Preis werden unter Federführung des JLU-Frauenbeauftragten Marion Oberschelp und des JLU-Präsidenten Prof. Dr. Joybrato Mukherjee zwei Dissertationsprojekte ausgezeichnet, die ein für die Frauen- und Geschlechterforschung relevantes Thema bearbeiten und durch die systematische Integration der Gender-Perspektive besondere Erkenntnisgewinne für ihre Fächer liefern. Die beiden Preise sind jeweils mit 2.500 Euro dotiert. Der JLU-Präsident hat sie heute während einer Feierstunde im Universitätshauptgebäude übergeben.

„Wir bekennen uns mit diesem Preis ganz deutlich zu dem Erbe von Helge Agnes Pross“, so Mukherjee. „Dieses Erbe besteht nicht nur aus der wissenschaftlichen Arbeit von Helge Agnes Pross, die als Pionierin der Frauen- und Geschlechterforschung gilt, sondern hat auch eine hochschulpolitische Komponente.“ So habe Pross Reformen als Daueraufgabe gesehen, und sich innerhalb der Universität für Öffnung, Selbstkorrektur und Pluralität eingesetzt.
„Keine andere Wissenschaftlerin ihrer Zeit hat sich mit dieser Konsequenz und Nachhaltigkeit so stark für die Frauen in Wissenschaft und Gesellschaft eingesetzt“, würdigte die zentrale Frauenbeauftragte der JLU, Marion Oberschelp, das Werk von Helge Agnes Pross.

Dr. Annette Cremer, Jahrgang 1971, bekam den Preis für ihre Dissertation mit dem Titel „Mon Plaisir. Die Puppenstadt der Herzogin von Schwarzburg-Arnstadt (1666-1751) im Spannungsfeld zwischen weiblicher Selbstdarstellung und Kammerstück“ (Betreuer: Prof. Dr. Horst Carl und Prof. Dr. Hubertus Büschel). Thema ist die schon bei Zeitgenossen berühmte Puppenstadt der Fürstin Auguste Dorothea von Schwarzburg, die von dieser in lebenslanger Sammeltätigkeit und eigener Herstellung in ihrer Residenz Arnstadt in Thüringen aufgebaut wurde und bis heute in großen Teilen erhalten ist. Annette Cremer interpretiert die Puppenstadt dezidiert als weibliches Kunstkammerstück und zugleich singuläres Selbstzeugnis einer Hochadeligen der Frühen Neuzeit. Durch intensive Archivstudien ist es ihr gelungen, die Biografie und die Lebensumstände der Fürstin zu rekonstruieren.

„Die Innovation der Arbeit liegt darin, dass Frau Cremer anhand ihres Untersuchungsgegenstandes eine bislang wenig erforschte Dimension weiblicher Lebenswelten im deutschen Hochadel der Frühen Neuzeit erschließt und dabei einen neuen Blick auf Formen individueller weiblicher Selbststilisierung, aber auch auf Aspekte der Sozial- und Alltagsgeschichte eröffnet“, heißt es in einem Gutachten zu Cremers Dissertation.

Mirjam Horn, geboren 1981, bekam den Helge-Agnes-Pross-Förderpreis für ihre Dissertation mit dem Titel „Postmodern Plagiarisms: Cultural Agenda and Aesthetic Strategies of Appropriation in US-American Literature (1970-2010)“, die von Prof. Dr. Ansgar Nünning und Prof. Dr. Greta Olson betreut wurde. In ihrer Dissertationsschrift untersucht sie Praktiken und Strategien absichtsvoller Textaneignung in postmoderner Literatur von 1970 bis 2010. Im Zentrum der Arbeit steht die Analyse von ästhetischen Strategien des literarischen Plagiats und ihren kulturellen und politischen Implikationen.

Obgleich der Titel des Forschungsprojekts seine Bedeutung für die Gender Studies nicht gleich offensichtlich macht, ist die Arbeit vor allem auch für die Geschlechterforschung und insbesondere die feministische Kritik in hohem Maße relevant: Die literaturwissenschaftliche Autorschaftsforschung erhält dank Mirjam Horns Arbeit eine Ergänzung durch die Erweiterung um eine geschlechterkritische Perspektive. Die Dissertation widmet sich einer Re-Perspektivierung von Autorschaft als maskulinem Privileg, in dem die Kulturtechnik des Plagiierens aus dem Blickwinkel der feministischen Kritik betrachtet wird.

Der Helge-Agnes-Pross-Förderpreis der JLU wurde erstmals 2012 ausgeschrieben. Die JLU möchte damit die Sichtbarkeit der Frauen- und Geschlechterforschung erhöhen, deren Verankerung in Forschung und Lehre aller Fachbereiche unterstützen und einen Beitrag zur Nachwuchsförderung in diesem innovativen Forschungsfeld leisten. Mit der Namensgebung ehrt die JLU die Soziologin und Begründerin des soziologischen Instituts der Universität Gießen Prof. Dr. Helge Agnes Pross (1927-1984), die bereits in den 1960er und 1970er Jahren Studien zu Bildungschancen von Mädchen, zur Gleichberechtigung im Beruf, zur Lebenssituation von Hausfrauen und sowie zur Selbstbildern von Männern und Frauen vorgelegt hat. Finanziert wird der Helge-Agnes-Pross-Förderpreis aus Mitteln des Professorinnenprogramms des Bundes und der Länder und des Gleichstellungskonzepts der JLU. 

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Verleihung des Helge-Agnes-Pross-Preises (v.l.): die JLU-Frauenbeauftragte Marion Oberschelp, die Preisträgerinnen Mirjam Horn und Dr. Annette Cremer sowie JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. Foto: JLU-Pressestelle/Sara Strüßmann

  • Weitere Informationen

www.uni-giessen.de/cms/org/beauftragte/frb/gleichstellungskonzept/foerderpreis

  • Kontakt

Marion Oberschelp, Frauenbeauftragte der JLU
Telefon: 0641 99-12050

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041