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Heiner Goebbels erhält Franco Quadri Preis 2015

Gießener Theaterwissenschaftler im Piccolo Teatro Mailand für sein herausragendes Gesamtwerk ausgezeichnet

Nr. 223 • 30. November 2015  

Prof. Heiner Goebbels. Foto: Wonge Bergmann
Mit dem „Franco Quadri Preis“ der Ubu / Franco-Quadri-Gesellschaft (Associazione Ubu per Franco Quadri) ist der Gießener Komponist und Theatermacher Heiner Goebbels vom Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) jetzt in Italien ausgezeichnet worden. Die feierliche Preisverleihung erfolgt heute Abend im Piccolo Teatro in Mailand im Rahmen der Verleihung des „Ubu“-Preises, dem „Oscar“ der italienischen Theaterszene.

Heiner Goebbels wird gewürdigt als ein „deutscher Komponist, Direktor und Denker, der sich nicht durch vordefinierte Kategorien einengen lässt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Ubu / Franco-Quadri-Gesellschaft. Seine künstlerische und kuratorische Sprache sei von einer starken politischen Spannung geprägt. Seine Arbeit an der Dekonstruktion theatralischer, musikalischer und visueller Konventionen gipfele in den Werken „Surrogate Cities“, „Stifters Dinge“  sowie  in den jüngsten Produktionen „Delusion of the Fury“  und „De Materie“. Goebbels‘ Werk zeuge von der Dringlichkeit eines tiefgreifenden Dialogs zwischen den verschiedenen Disziplinen.

Geehrt wurde auch der Theaterwissenschaftler Goebbels, dessen Ziel es sei, die Bedingungen der Ausbildung in den performativen Künsten zu verbessern. Durch sein Engagement und seine Erfahrungen in der wissenschaftlichen Forschung und in wichtigen akademischen Diskursen habe er dazu beigetragen, die internationale theoretische Debatte über die künstlerische Ausbildung voranzutreiben.  JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee gratuliert dem Gießener Komponisten und Theatermacher sehr herzlich zu diesem neuerlichen Erfolg: „Es zeigt sich, welche große Anerkennung Heiner Goebbels mit seinem zukunftsweisenden Wirken auch in der internationalen Theaterszene genießt. Wir sind froh, dass er mit seiner künstlerischen Expertise seit vielen Jahren das Institut für Angewandte Theaterwissenschaft  der JLU wesentlich mitprägt und  die Studierenden mit den zeitgenössischen Formen des Theaters vertraut macht.“

Mit seinem kritischen Blick auf die kuratorische Praxis als Möglichkeitsraum, Prozesse der menschlichen Interaktion neu zu denken, habe er als künstlerischer Leiter der Ruhrtriennale (2012-2014) ein „Versuchslabor“ geschaffen – befreit von der Idee des Repertoires. Daraus sei mit den führenden Künstlerinnen und Künstlern ein intensiver Dialog erwachsen, der die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ausdrucksformen der Kunst – vom Tanz bis zur zeitgenössischen Oper – hinterfragt. Gewürdigt werden auch Goebbels‘ „Scouting-Aktivitäten“, die ihn von anderen seiner Generation deutlich abheben würden.

Der Franco Quadri Preis werde Heiner Goebbels verliehen in Anerkennung der Nachhaltigkeit, mit der er sein Lebenswerk dem Fortschritt des Theaters sowie seiner praktischen und theoretischen Forschung widmet. Der  Franco Quadri Preis soll, so die Laudatoren, einer „beispielhaften Person“ weiterhin Kraft geben,  die dazu beigetragen habe,  die Beziehungen zwischen Theater und Musik in unserer Zeit zu verändern und das Verständnis für die Kunst im öffentlichen Leben zu verbessern.

Associazione Ubu per Franco Quadri

Die Ubu-Franco-Quadri-Gesellschaft (Associazione Ubu per Franco Quadri) wurde im März 2012 gegründet mit dem Ziel, das Werk des herausragenden Theaterkritikers, Verlegers und Redakteurs Franco Quadri zu würdigen und dessen Archive für die zeitgenössische Theaterszene weithin nutzbar zu machen. Neben dem „Ubu Preis“, der 1978 von Franco Quadri initiiert wurde und zahlreichen Publikationen hat die „Associazione Ubu per Franco Quadri“ mit dem „Franco Quadri Preis“ vor einem Jahr eine weitere Möglichkeit geschaffen, Impulse für das zeitgenössische Theater zu setzen, Diskurse anzustoßen und kreatives Engagement zu würdigen. Der Preis soll einem Künstler zuerkannt werden, dessen Werk die herkömmlichen Kategorien von künstlerischem Schaffen, Kritik, Theater- oder Filmproduktion sprengt. Es sollen somit Wege aufgezeigt werden, wie die Kunst in einem ständigen Prozess der Regeneration einen Brückenschlag von der Vergangenheit zur Zukunft schlagen kann.

Heiner Goebbels

Heiner Goebbels, 1952 in Neustadt an der Weinstraße geboren, gehört zu den bedeutendsten Experten der gegenwärtigen Musik- und Theaterszene. Seine multimedialen Konzepte sprengen sowohl den tradierten Rahmen der Konzertmusik als auch den des herkömmlichen Theaters. Er setzt Raum und Licht, Wort und Bewegung ebenso virtuos ein wie Instrumente und Stimmen, erfundenes oder gefundenes Material, um damit seine musiktheatralischen Konzepte zu realisieren. Zu seinen bekanntesten Werken zählen „Schwarz auf Weiß“, „Max Black“, „Eraritjaritjaka“, „Stifters Dinge“, „Songs Of Wars I Have Seen“ und „I Went To The House But Did Not Enter“.

Goebbels ist Professor am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft an der JLU, Präsident der Hessischen Theaterakademie und war 2012 bis 2014 künstlerischer Leiter des internationalen Kunstfestivals Ruhrtriennale. In diesem Rahmen inszenierte er auch die selten aufgeführten Opern „Europeras 1 & 2“ von John Cage (2012), „Delusion of the Fury“ von Harry Partch (2013) und „De Materie“ von Louis Andriessen (2014).

Goebbels wurde für seine künstlerische Arbeit vielfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem renommierten International Ibsen Award 2012 –; auch seine Lehre wird vielfach gelobt: Goebbels erhielt 2011 den Hessischen Hochschulpreis Exzellenz in der Lehre in der Kategorie „Einzelperson“.

  • Weitere Informationen

www.ubuperfq.it
www.naba.it
www.heinergoebbels.com
www.inst.uni-giessen.de/theater/de

  • Kontakt


Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der JLU
Karl-Glöckner-Straße 21A, 35394 Gießen
Telefon: 0641 99-31230

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041