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Gießener Forscher erklären schädigende Wirkung von Hormonersatz-Therapien

Veröffentlichung der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Klaus-Dieter Schlüter

Nr. 230 • 6. Oktober 2009


Hormonersatz-Therapien mit Östrogen verstärken, wie seit einigen Jahren bekannt ist, bei Frauen das Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen. Der Grund dafür war bislang unklar, denn bei jüngeren Frauen schützt gerade der höhere Östrogen-Spiegel vor Herzerkrankungen. Gießener Physiologen konnten jetzt erstmals zeigen, wie es zu der schädigenden Wirkung des Hormons kommt: Dr. Rolf Schreckenberg aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Klaus-Dieter Schlüter entdeckte, dass Östrogen ein Peptid (PTHrP) verstärkt, das nur im alternden Herzen ungünstig wirkt. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift „Endocrinology“ veröffentlicht.

Das Peptid könnte bei allen Frauen, die östrogenabhängig höhere PTHrP-Spiegel besitzen, zu einem kardialen Problem werden. Das wird allerdings kompensiert durch einen Mangel an Stickstoffmonoxid, der wiederum den PTHrP-Rezeptor unterdrückt. Nach der Menopause sinkt auch die Bildung des Peptids selbst ab. Die Gießener fanden nun heraus, dass bei einer Östrogen-Behandlung von Tieren mit Östrogen-Defizit der Rezeptor wieder verstärkt wird, so dass eine schädigende Wirkung des PTHrP am alternden Herzen erneut auftritt. Diese Arbeiten zeigen, dass die Zukunft der Hormon-Ersatz-Therapie für Frauen nach der Menopause wesentlich von einem besseren Verständnis der Wechselwirkung von Östrogen mit anderen Hormonen abhängt.

Die so genannten Hormon-Ersatz-Therapien bestehen im Wesentlichen in einer Wiederherstellung des prämenopausalen Östrogenspiegels. Im Jahr 2002 zeigte sich im Rahmen einer groß angelegten Präventionsstudie in den USA, dass eine solche Hormon-Ersatz-Therapie paradoxerweise das kardiovaskuläre Risiko von Frauen verstärkt. Die Mediziner beobachteten eine Zunahme an Herzerkrankungen, Brustkrebs, Hirnschlägen und Gallenblasenerkrankungen. Aufgrund der unklaren Bedeutung von Hormon-Ersatz-Therapien in Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko werden sie heute nicht mehr generell als Prävention gegen Herz- und Kreislauferkrankungen empfohlen. Da diese Erkrankungen noch immer die Haupttodesursache für Frauen darstellen, hängt die Akzeptanz einer Hormon-Ersatz-Therapie wesentlich von einem besseren Verständnis der Wirkung von Östrogenen auf das kardiovaskuläre System ab.

  • Artikel:

Rolf Schreckenberg, Sibylle Wenzel, Rui Manuel da Costa Rebelo, Anja Röthig, Rainer Meyer, and Klaus-Dieter Schlüter: „Cell-Specific Effects of Nitric Oxide Deficiency on Parathyroid Hormone-Related Peptide (PTHrP) Responsiveness and PTH1 Receptor Expression in Cardiovascular Cells“

Endocrinology, Aug 2009; 150: 3735 - 3741

  • Kontakt:

Prof. Dr. Klaus Schlüter, Physiologisches Institut
Aulweg 129, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-47212, Fax: 0641 99-47219

 

Herausgegeben von der Pressestelle der Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041