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Den Planeten Erde in seiner Gesamtheit in den Blick nehmen

„Panel on Planetary Thinking“ an der Justus-Liebig-Universität Gießen nimmt Arbeit auf – Komplexe Phänomene wie Biodiversität, Klima, Ungleichheit aus einer Gesamtperspektive beurteilen

Nr. 69 • 22. April 2020

 

English version

Prof. Dr. Claus Leggewie – Foto: JLU / Rolf Wegst
Dr. Frederic Hanusch – Foto: Ostermann/IASS

 

Die Corona-Pandemie führt es uns deutlicher denn je vor Augen: Antworten auf die großen Fragen und Herausforderungen der Gegenwart können nicht in den Grenzen klassischer wissenschaftlicher Disziplinen gedacht, gesucht und gefunden werden. Nötig ist – und dies nicht nur in der derzeitigen akuten Krise – eine planetare Gesamtperspektive. Mit dem „Panel on Planetary Thinking“ beschreitet die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) genau diesen Weg. Das neu eingerichtete Projekt zum „Planetaren Denken“ knüpft an Fragestellungen der Nachhaltigkeitsforschung an und betrachtet komplexe Phänomene wie Wechselwirkungen zwischen Erdsystem und Gesellschaften, Biodiversität, Klima, globale gesellschaftliche Ungleichheit etc. aus einer ökologischen, ökonomischen, gesellschaftlichen, kulturwissenschaftlichen und politischen Gesamtperspektive.

Das „Panel on Planetary Thinking“ geht auf eine Initiative von Prof. Dr. Claus Leggewie, Inhaber der Ludwig Börne-Professur an der JLU, zurück. Das Projekt ist in der Pilotphase organisatorisch am Zentrum für Medien und Interaktivität (ZMI) der JLU verortet. Die wissenschaftliche Geschäftsführung hat Dr. Frederic Hanusch inne. Weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Fachgebieten sind eingebunden; vielfältige Kooperationen, insbesondere mit anderen hessischen Universitäten, sind angedacht. Geplant sind zudem mittelfristig Forschungs-Labs, Seminare und weitere Veranstaltungen sowie Publikationen zum „Planetary Thinking“, die sich an ein breiteres, interessiertes Publikum in Stadt und Region wenden werden. Die JLU finanziert das Projekt zunächst für zwei Jahre aus eigenen Mitteln; nach einer erfolgreichen Pilotphase soll eine Institutionalisierung des „Panel on Planetary Thinking“ angebahnt werden.

JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee ist Prof. Leggewie dankbar, dass dieser die Initialzündung für das Projekt geliefert hat: „Wir sind uns an der JLU unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung sehr bewusst. Ich bin davon überzeugt, dass das ,Panel on Planetary Thinking‘ in die Universität hineinwirken und wesentliche Impulse für Forschung, Lehre und Transfer liefern wird – vor allem auch um das Thema ,Nachhaltigkeit‘ zu stärken, das als strategische  Querschnittsdimension im ,Entwicklungsplan JLU 2030‘ festgeschrieben ist.“ Darüber hinaus spiele der Wissenstransfer eine wichtige Rolle – zum einen im Sinne der wissenschaftsgestützten Beratung von Akteurinnen und Akteuren in Politik und Gesellschaft, zum anderen durch vielfältige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungsformate, von denen auch das außeruniversitäre Publikum profitieren werde.

Das Fachmagazin „Nature” titelte kürzlich „Coronavirus lockdowns have changed the way Earth moves“. („Die Coronavirus-Ausgangs- bzw. Kontaktsperren haben die Art und Weise, wie sich die Erde bewegt, verändert.“) „Es mag kaum eine einschlägigere Beobachtung zum Start des ,Panel on Planetary Thinking‘ geben, das Anfang April seine Arbeit aufgenommen hat“, erklärt der Politologe Prof. Leggewie: „Versetzen wir uns in die Lage eines Planeten, so ist der Mensch letztlich eine ähnliche Kraft wie ein Meteoriteneinschlag, und urbane Infrastrukturen bilden ebenso wie Korallenriffe ein biologisch hergestelltes Gestein.“ Das „Panel on Planetary Thinking“ lade dazu ein, menschliches Zusammenleben durch die Erde als sich stets wandelnden Planeten zu erkennen: vom Erdkern bis in den interplanetaren Raum und von der Nanosekunde bis in die Tiefenzeit. „Wechselwirkungen zwischen Planet und Mensch sollen sondiert und mögliche Alternativen aufgezeigt werden, nicht zuletzt aufgrund wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse zur Überschreitung planetarer Grenzen“, erläutert Prof. Leggewie, der zwischen 2008 und 2016 im angesehenen „Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) tätig war.

„Ziel des Panels ist es, planetares Denken als Denkform eines sich abzeichnenden planetaren Wissenssystems zu erkunden, das sich etwa aus der Forschung zu Anthropozän, Erdsystem und Nachhaltigkeit zu formieren beginnt. Hiermit gehen Fragen nach Wissensproduktion und -nutzung einher, denn wie wir die Welt wissen und wie wir unser Zusammenleben gestalten, bedingen sich“, ergänzt Dr. Hanusch, der aus dem renommierten „Institute for Advanced Sustainabiliy Studies“, Potsdam, nach Gießen gewechselt ist.

Das Wissen soll an der JLU gebündelt werden, so dass von hier aus auf Basis einer eigenen Forschungsperspektive die international geführte Debatte mitgestaltet werden kann. Zudem soll das „Panel on Planetary Thinking“ in den Bereichen Forschung, Lehre und „Third Mission“ profilbildend wirken und dazu beitragen, die JLU als „Zukunftswerkstatt nachhaltiger gesellschaftlicher Entwicklungen“ zu positionieren. Das Panel begleitet die im „Entwicklungsplan JLU 2030“ angestrebte Umsetzung einer gesamtuniversitären Nachhaltigkeitsstrategie mit wissenschaftlicher Expertise. All dies geschieht im Sinne des jüngst unterzeichneten Hessischen Hochschulpakts 2021-2025. Dort ist unter den hochschulpolitischen Zielen explizit festgeschrieben, dass Nachhaltigkeit „angesichts wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse über die Überschreitung planetarer Grenzen eine wichtige Rolle im Handeln einer jeden Hochschule (planetarisches Denken)“ spielen soll (Kapitel I.10.).

Personen

Prof. Dr. Claus Leggewie ist seit dem Wintersemester 2015/16 Inhaber der Ludwig Börne-Professur der JLU. Leggewie lehrte von 1989 bis 2007 als Politikwissenschaftler an der JLU, wo er im Jahr 2001 gemeinsam mit Prof. Dr. Henning Lobin das Zentrum für Medien und Interaktivität (ZMI) der JLU begründete. Von 2007 bis 2017 war Prof. Leggewie Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI) in Essen sowie des Centre for Global Cooperation Research in Duisburg. Er ist Direktoriumsmitglied des ZMI.

Dr. Frederic Hanusch ist seit 1. April wissenschaftlicher Geschäftsführer des „Panel on Planetary Thinking“. Neben der Koordination des Panels forscht er zu Demokratie und planetarem Wandel. Als Forschungsgruppenleiter arbeitete er zuletzt am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. Kürzlich erschienen von ihm Democracy and Climate Change (Routledge) und Deep-time organizations: Learning institutional longevity from history (The Antropocene Review).

  • Weitere Informationen

www.uni-giessen.de/planetarythinking; Twitter: @planetarypanel

  • Kontakt



Inhaber der Ludwig Börne-Professur an der Justus-Liebig-Universität Gießen

Wissenschaftliche Geschäftsführung „Panel on Planetary Thinking“

Zentrum für Medien und Interaktivität (ZMI)
Ludwigstraße 34, 35390 Gießen
Telefon: 0641 99-16351

Presse, Kommunikation und Marketing • Justus-Liebig-Universität Gießen • Telefon: 0641 99-12041