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Wie „Fair Trade“ ist die Gießener Bevölkerung?

Marktforschungsstudie von JLU-Studierenden zeigt: Befragte sind bereit für fair gehandelte Bio-Schokolade einen großzügigen Aufschlag zu bezahlen

Nr. 95 • 26. April 2011

Vor wenigen Tagen wurde Gießen als vierte hessische Stadt „Fairtrade-Town“. Da sind die Ergebnisse einer Befragung, die JLU-Studierende im Wintersemester 2010/11 unter den Gießenern vorgenommen haben, besonders interessant. 14 Studierende einer Lehrveranstaltung „Demoskopische Methoden der Marktforschung“ des Fachbereichs 09 – Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement wollten wissen: Wie „FairTrade“ ist die Gießener Bevölkerung?

Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, wer die Hauptnachfrager fair gehandelter Produkte sind, wie hoch die Zahlungsbereitschaft dafür ist und in wieweit sich die Kaufmotive bei Bio- und bei Fair-Trade-Produkten ähneln. Die Befragung fand an einem eigenen kleinen Stand auf dem Gießener Weihnachtsmarkt im Dezember statt. Bei eisigen Temperaturen versuchten die Studierenden Passanten zur Teilnahme an der Befragung zu motivieren. 213 Personen im Alter zwischen 16 und 80 Jahren gaben bereitwillig Auskunft, wobei nahezu die Hälfte zwischen 20 und 35 Jahre alt war.

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass die Teilnehmer überwiegend sensibilisiert sind für ökologische und soziale Probleme der globalen Entwicklung. Auf einer fünfstufigen Skala stimmten fast 50 Prozent der Befragten den Aussagen auf höchster Stufe zu, dass Verbraucher ihr Konsumverhalten in den nächsten zehn Jahren zugunsten der Umwelt ändern und dass die global Bessergestellten den Ärmeren mehr von ihrem Reichtum abgeben müssten. Dagegen lehnten mehr als die Hälfte der Befragten die Aussage in höchsten oder sehr hohem Maße ab, dass ihnen beim Einkaufen die regionale Herkunft der Produkte egal sei. Allerdings stimmten nur knapp zehn Prozent der Aussage vollkommen zu, dass sie beim Einkaufen gezielt auf das Fair-Trade-Logo achten. Das Bio-Zeichen auf Lebensmitteln war etwa 80 Prozent der Befragten bekannt, wohingegen das bekannteste Logo fair gehandelter Produkte nur etwas über 40 Prozent der Befragten bekannt vorkam. Allerdings zeigten sich die Probanden trotz der noch nicht ganz so großen Bekanntheit bereit, im Schnitt einen Preisaufschlag von bis zu 50 Prozent für Schokolade aus fairem Handel zu zahlen. Wenn zusätzlich noch das Bio-Siegel auf der Tafel war, lag der Aufschlag sogar bei rund 60 Prozent mehr gegenüber dem Normalpreis. Damit liegt die bekundete Zahlungsbereitschaft der Gießener im Normalfall über dem Ladenpreis fair gehandelter (Bio-) Schokolade.

Wichtige Hemmnisse für den Kauf fair gehandelter Lebensmittel waren die geringe Produktauswahl in Fair-Trade-Qualität und dass die Produkte als ziemlich teuer eingeschätzt werden. Die Befragten, die eher zum Kauf von Bio-Produkten neigen, zeigten sich auch Fair-Trade-Produkten gegenüber interessierter, ebenso wie ältere Befragte eine höhere Zahlungsbereitschaft für Fair Trade aufwiesen.

Insgesamt scheint das Thema „Fair Trade“ in der Gießener Bevölkerung noch keine breite Bekanntheit zu haben, obwohl Gießen sich seit dem 13. April diesen Jahres „Fairtrade Town“ nennen darf. Doch die Bürger scheinen sehr positiv gegenüber dem Thema eingestellt zu sein, so dass der neuerworbene Titel durchaus gerechtfertigt scheint, wenn sich die in der Befragung erfasste Einstellung langfristig auch im Handeln widerspiegelt.

 

  • Kontakt:

Dr. Meike Henseleit

Institut für Agrarpolitik und Marktforschung der JLU

Senckenbergstraße 3, 35390 Gießen

Telefon: 0641 99-37037

 

 

Herausgegeben von der Pressestelle der Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041