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Rettung für den Steinquendel-Ehrenpreis

Botanischer Garten der Universität Gießen siedelt bedrohte Pflanzenarten wieder an

Nr. 97 • 21. Mai 2019

Steinquendel-Ehrenpreis (Veronica acinifolia L.). Die Pflanze gilt bundesweit als vom Aussterben bedroht. Foto: Martin de Jong
Pflanzung von Steinquendel-Ehrenpreis auf Flächen in Gießen-Rödgen. Foto: Martin de Jong
Acker mit Pflanzungen von Steinquendel-Ehrenpreis. Foto: Martin de Jong
Er ist wie viele andere Ackerwildkräuter vom Aussterben bedroht: der Steinquendel-Ehrenpreis (Veronica acinifolia L.), eine etwa zehn Zentimeter hohe, krautige Pflanze, von der nur noch wenige Vorkommen in Hessen und Baden-Württemberg dokumentiert sind. Verursacht wird der starke Rückgang der Bestände durch die Bebauung ehemaliger Wuchsorte und die Intensivierung der Landwirtschaft mit Einsatz von Herbiziden und Mineraldüngern. Im Botanischen Garten werden zurzeit insgesamt neun in Hessen hochgradig bedrohte Pflanzenarten in Erhaltungskulturen vermehrt und in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden an geeigneten Stellen wieder angesiedelt bzw. die teilweise sehr kleinen Populationen vergrößert.

Dazu gehört auch der Steinquendel-Ehrenpreis, der nun auf Getreideäckern bei Gießen-Rödgen wieder angesiedelt wurde. Die Samen für diese Pflanzen wurden im Jahr 2012 am letzten hessischen Wuchsort bei Pohlheim-Hausen von Michael Jaeger, Gärtnermeister im Botanischen Garten der JLU, gesammelt und dann im Botanischen Garten ausgesät. Durch die Kultivierung konnte zwischenzeitlich eine so große Zahl an Pflanzen herangezogen werden, dass in diesem Jahr mit einem Ansiedlungsprojekt begonnen werden konnte.

Mit Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde der Universitätsstadt Gießen pflanzten Michael Jaeger, Marvin Schaaf, Marion Heckner (Botanischer Garten) und Dr. Martin de Jong (AG Spezielle Botanik der JLU), kürzlich auf drei Äckern insgesamt 300 kleine Ballen mit jeweils fünf bis zehn Pflanzen. Die Äcker werden von Dr. Konstantin Becker nach Naturland-Richtlinien bewirtschaftet. „Die Pflanzen haben sich bisher sehr gut entwickelt und blühen zurzeit“, so Dr. de Jong, der die Erfolgskontrolle durchführt. Das Ziel der Aussiedlung ist es, dass sich die Pflanzenart dauerhaft an den Ausbringungsstellen etabliert. Der Steinquendel-Ehrenpreis blüht von April bis Juni und stirbt nach der Fruchtreife ab. Aus den Samen können dann im Herbst wieder neue Pflanzen keimen, die den Winter als kleine Rosetten überstehen.

Der Steinquendel-Ehrenpreis wurde schon Johann Jakob Dillenius in seiner 1719 erschienen Zusammenstellung der um Gießen vorkommenden Wildpflanzen (Catalogus Plantarum sponte circa Gissam Nascentium) als „zwischen Getreide um das Dorf Rödgen“ vorkommend erwähnt („inter secale circa pagum Roedgen“). Spätere Veröffentlichungen zur Gießener Flora von Friedrich Ludwig Walther (1802), von Hermann Hoffmann (1852) sowie von Carl Justus Heyer und Julius Rossmann (1860) nennen eine ganze Reihe weiterer Fundorte um Wieseck, bei Heuchelheim und bei Oppenrod – was auf eine zwischenzeitliche Zunahme der heute bedrohten Pflanze hinweist.

Weitere Pflanzenarten, die im Botanischen Garten in Erhaltungskulturen vermehrt wurden, sind der Kantige Lauch (Allium angulosum) und der Holländische Sumpflöwenzahn (Taraxacum hollandicum), die in der Wieseckaue wieder angesiedelt werden.

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