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"Zerrissen, zernagt, zerfallen" - Bestandsschäden in der Universitätsbibliothek Gießen

06.07. - 12.07.2005 - "Zerrissen, zernagt, zerfallen" - Bestandsschäden in der Universitätsbibliothek Gießen


6. bis 12. Juli 2005 im Rektoratszimmer des Uni-Hauptgebäudes

Die Universitätsbibliothek Giessen besitzt trotz schwerster Kriegsverluste zahlreiche alte Bücher und wertvolle Handschriften. Diese Schätze haben die Bomben der Alliierten nahezu unbeschadet überstanden, da sie rechtzeitig ausgelagert wurden. Dazu gehören Handschriften des 9. Jahrhunderts, der "Iwein" des Hartmann von Aue aus dem 13. Jahrhundert, der "Theurdank" des Kaisers Maximilian von 1517 und Copernikus' Hauptwerk "De revolutionibus orbium coelestium" ("Über die Kreisbewegungen der Himmelskörper") aus dem Jahr 1543. Insgesamt besitzt die Universitätsbibliothek mehr als 400 mittelalterliche Handschriften, 900 Drucke aus dem 15. Jahrhundert, 2700 aus dem 16. Jahrhundert und weit über 10.000 Briefe des 16.-19. Jahrhunderts. Diese Schätze sind jedoch in einem gefährdeten Zustand. Zerrissen durch Abnutzung und Unachtsamkeit, zernagt von Insekten, zerfallen durch Schimmel, Tintenfraß und Übersäuerung sind nur einige der Schäden, die drohen, dieses kulturelle Erbe unwiederbringlich zu zerstören.

Wie kann dieser Verfall aufgehalten werden? Indem die alten Bücher und Handschriften rechtzeitig restauriert werden. Diese Arbeiten können zwar die Objekte nicht wieder neu erstehen lassen. Sie können aber das Fortschreiten der Schäden stoppen und ihre Ursachen beheben. So kann ein aktiver Holzwurmfraß am weiteren Zernagen gehindert werden. Restaurieren versucht also, die Objekte möglichst wenig zu verändern und ihre historische Substanz zu sichern. Denn die äußere Erscheinung und die Materialbeschaffenheit geben uns wichtige Informationen über den ursprünglichen Zustand.

Die Restaurierung ist aufwändig und kostenintensiv. Die Universitätsbibliothek Gießen ist sich ihrer Verantwortung bewusst und möchte zumindest die wertvollsten und am stärksten gefährdeten Handschriften und Bücher restaurieren lassen, verfügt aber nicht über die notwendigen finanziellen Mittel.

Da auch die anderen hessischen Bibliotheken vor der gewaltigen Herausforderung stehen, ihr Kulturgut für die Öffentlichkeit zu erhalten, hat die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen im letzten Jahr eine Gemeinschaftsinitiative maßgeblich unterstützt. Am 6. Juni 2004 wurde in Friedberg die Ausstellung "Zerrissen, zernagt, zerfallen - Bestandsschäden in hessischen Bibliotheken" eröffnet. Gleichzeitig wurde ein Katalog herausgegeben, in dem beschädigte Bücher vorgestellt werden. Die Aktion zeigte nicht nur herrliche Schätze, sondern appellierte auch an den Bürgersinn und das private Engagement der Zivilgesellschaft, das gemeinsame kulturelle Erbe zu bewahren.

Mit einer eigenen Ausstellung "Zerrissen, zernagt, zerfallen - Bestandsschäden in der Universitätsbibliothek Gießen" führte die Universitätsbibliothek Gießen diese erfolgreiche Aktion fort, mit der sie Spender für die Restaurierung und Bewahrung ihrer bedrohten Schätze finden möchte. Gezeigt wurde vom 6. bis 12. Juli 2005 im Rektoratszimmer des Uni-Hauptgebäudes eine Auswahl beschädigter Bücher und Handschriften. Das Universitätsarchiv ist ebenfalls von der Problematik betroffen und machte in dieser Ausstellung mit einigen Objekten darauf aufmerksam. Ein weiterer Teil der Ausstellung, den dankenswerterweise die Hochschul- und Landesbibliothek Fulda beisteuerte, informierte über die aufwändigen und daher teuren Restaurierungsmaßnahmen.

Weitere Informationen: "Zerrissen - zernagt - zerfallen" - Bestandsschäden in Bibliotheken. Hessische Bibliotheken suchen Buchpaten.