Inhaltspezifische Aktionen

"Taugt das Naturrecht für die Praxis? Das Beispiel Grotius" am 23.05.2014

Prof. Dr. Heinhard Steiger, Justus-Liebig-Universität Gießen

In seinem Vortrag „Taugt das Naturrecht für die Praxis? Das Beispiel Hugo Grotius“ behandelte Prof. Dr. Heinhard Steiger, LL.M. (Harv.), langjähriger Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Recht der Internationalen Organisationen, Völkerrecht, Europarecht, Umweltrecht und Völkerrechtsgeschichte an der Universität Gießen, den Fall der Wegnahme der portugiesischen Caravelle „Santa Catarina“ in der Straße von Malacca durch einen holländischen Admiral im Jahre 1603. Mit einem Gutachten beauftragt, verfasste der zwanzigjährige Hugo Grotius (1583-1645) die Schrift „De Iure Praedae“, deren erster Teil allgemeine Ausführungen zum Naturrecht enthielten. Bis auf ein einziges, als „Mare Liberum“ veröffentliches Kapitel, blieb das Werk unveröffentlicht. Es begriff das Naturrecht als axiomatische Basis der zwischen den Nationen geltenden Rechtsordnung und differenzierte es durch neun „regulae“ und dreizehn „leges“ aus. In ihnen zeigte sich in der Tradition des Dun Scotus ein voluntaristischer Einschlag („Was Gott will, ist Recht“). Professor Steiger kontrastierte Grotius‘ Naturrechtskonzeption aus „De Iure Praedae“ mit der aus Grotius‘ späterer systematischer Darstellung „De Iure Belli ac Pacis“, die rationalistischer, stärker durch Aristoteles und Thomas von Aquin geprägt sei . Grotius habe mit seiner Naturrechtslehre durchaus praktischen Einfluss gehabt, nicht zuletzt auf die Politik der Niederländischen Ostindien-Kompagnie (VOC). Er sei weder als Vater des Völkerrechts noch, wie Martine van Ittersum (“Profit and principle : Hugo Grotius, natural rights theories and the rise of Dutch power in the East Indies, 1595 – 1615”, 2006) meine, als Vater des modernen Kolonialismus zu bezeichnen.